40 Jahre Festivalgeschichte
Wie sich Rock am Ring gewandelt hat
Im Juni feiert Rock am Ring seinen 40. Geburtstag. Mit 90.000 Tickets ist das Festival bereits drei Monate vor der Jubiläumsausgabe ausverkauft.
Thomas Frey. dpa

Zum Jubiläum haben die Veranstalter von Rock am Ring Überraschungen angekündigt. Außerdem erzählen sie, was sich in 40 Jahren verändert hat – und warum heute mehr Physiotherapeuten beim Festival benötigt werden.

Zum 40. Geburtstag von Rock am Ring wird es zur Eröffnung im Sommer eine Überraschung geben. „Wir werden das Festival auf der Hauptbühne mit zwei Acts eröffnen, die wir vorher nicht bekannt geben“, sagte Matt Schwarz, Veranstalter von Rock am Ring und Rock im Park. „Das sind Bands, die sonst eigentlich keine Festivals eröffnen, sondern eher schließen.“ Eine zweite Bühne sei dieses Jahr zudem genauso groß wie die Hauptbühne, so Schwarz. „Beide sind höher und breiter als bisher, mit viel mehr Licht und verbessertem Sounddesign. Es wird imposanter als je zuvor.“

Rund drei Monate vor dem Festivalwochenende ist Rock am Ring nach Veranstalterangaben bereits ausverkauft. „Noch nie zuvor waren so früh 90.000 Tickets für das Megaevent am Nürburgring vergriffen“, teilte der Veranstalter mit. Beim Zwillingsfestival Rock im Park in Nürnberg sind demnach bislang rund 70.000 Tickets verkauft worden.

Fokus auf das Erlebnis

Anlässlich 40-jährigen Jubiläums werden vom 6. bis zum 8. Juni am Nürburgring insgesamt 100 Acts auf vier Bühnen auftreten. Gleichzeitig findet Rock im Park in Nürnberg statt – dort wird 30. Geburtstag gefeiert. Im vergangenen Jahr waren jeweils rund 80.000 Menschen bei den Zwillingsfestivals.

In der 40-jährigen Geschichte hat sich Deutschlands bekanntestes Rockfestival derweil deutlich gewandelt. „Der Fokus auf das Erlebnis ist das, was ich herausstellen würde. Sowohl, wie sich der Anspruch des Publikums entwickelt hat, als auch von unseren Produzenten“, erklärte Schwarz. „Das Bühnengeschehen ist nicht mehr der einzige Mittelpunkt.“

Bilder wie dieses hier vom Billy-Talent-Auftritt im vergangenen Jahr gehören bei Rock am Ring dazu - und dürften sich folglich auch zum 40. Geburtstag wieder massenhaft wiederholen.
Thomas Frey. dpa

Auch das Rockerleben hinter den Kulissen ist laut Veranstalter deutlich ruhiger geworden. „Es wird deutlich weniger geraucht, früher war das überall der Fall. Wir verbieten das schon seit längerer Zeit, und viele Bands wollen das ebenfalls nicht mehr“, sagte Schwarz.

„Es war früher schon eine wildere Zeit. Es werden viele älter, nicht nur wir“, sagte er. „Wir haben jedes Jahr mehr Leute für Massagen und Physiotherapie, die wir den Bands anbieten.“ Der Lifestyle habe sich verändert, sagte auch Festivaldirektorin Jana Posth. „Da wird dann eher mal Selleriesaft getrunken als Wodka Tonic.“

Ticketeinnahmen reichen nicht zur Kostendeckung

Seit seiner Premierenausgabe ist das Festival dabei deutlich gewachsen – und damit auch die Kosten für das Musikspektakel. „Die Kosten sind gestiegen, im Gagenbereich aber auch in den Produktionskosten“, erklärte Schwarz. „Durch die Komplexität der Anforderungen sind wir enormen Steigerungen ausgesetzt.“ Die könne und wolle man nicht komplett auf die Preise umlegen. „Wir wollen niemanden vom Festival ausschließen.“

Aber auch die finanziellen Interessen der Bands hätten sich geändert. „Als ich angefangen habe, war das Gagenvolumen ein Viertel von dem, was es heute ist“, sagte der Veranstalter. „Aber die Ticketeinnahmen allein reichen nicht mal zur Deckung der Kosten. Dafür braucht man die anderen Einnahmen vor Ort.“

„In Amerika musst du Rock am Ring nicht groß erklären.“
Matt Schwarz

Die Bedeutung des Festivals sei in den vergangen 40 Jahren stets groß gewesen. „Die Gründer von Rock am Ring haben natürlich den Weg bereitet für alles, was danach kam. Das war Pionierarbeit“, sagte Schwarz. Als er 2003 angefangen habe, sei die Strahlkraft von Rock am Ring nicht kleiner gewesen als heute. „In Amerika musst du Rock am Ring nicht groß erklären, das kennen die Leute“, sagte er.

„Rock am Ring“ ist für die Region ja auch unheimlich wichtig“, betonte Festivaldirektorin Posth. Die Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden sei immer super, ergänzte Schwarz. „Wir haben das Gefühl, dass wir sehr gern zu Gast sein dürfen.“

2016 war Rock am Ring zum zweiten und letzten Mal auf dem Flugplatz Mendig zu Gast. Bei Blitzeinschlägen wurden in diesem Jahr mehr als 70 Menschen verletzt.
Thomas Frey. dpa

Zum ersten Rock am Ring auf dem Nürburgring kamen 1985 mehr als 70.000 Musikfans. Nicht mal 20 Bands standen damals auf der Bühne, darunter Joe Cocker, U2 und Chris de Burgh. In seiner 40-jährigen Geschichte musste sich das Festival jedoch auch einigen Herausforderungen stellen: Nach einem Einbruch der Besucherzahlen 1988 legte Rock am Ring eine zweijährige Pause ein. 2015 und 2016 fand das Festival dann vorübergehend auf dem Flugplatz Mendig statt – bei Blitzeinschlägen wurden in beiden Jahren Dutzende Festivalbesucher verletzt.

2017 kehrte das Festival schließlich an den Nürburgring zurück, doch auch hier gab es einen Zwischenfall. Wegen Terrorgefahr wurde das Festival in diesem Jahr freitagabends unterbrochen, das Gelände geräumt. Am Samstag wurde das Festival dann aber fortgesetzt. 2020 und 2021 wiederum zog die Corona-Pandemie Rock am Ring den Stecker.

Bei den Zwillingsfestivals gehe es wirklich um die Musik, meint Schwarz. „Die Leute kommen nicht dahin, weil es ein instagrammable Moment ist. Die Musik ist der rote Faden. Die Verbindung der Fans mit dem Festival ist besonders.“ Es sei immer das Ziel, einen guten Mix hinzubekommen.

„Der Schwerpunkt dreht sich um Gitarrenmusik: Rock, Alternative, Metal“, sagte er. Im Publikum fänden sich alle Facetten der Gesellschaft. „Auch früher schon haben hier Acts gespielt wie Anastasia oder die Fugees“, sagte er. „Rock am Ring ist dabei ein bisschen ein Labor für den Zeitgeist, den ich versuche, programmatisch abzubilden.“