Landessammlungzur Geschichte der Fotografie bereitet sich auf Saison 2023 vor
Wie eine Landessammlung das fotografische Erbe bewahrt
Katrin Seidel (links) und Katharina Blümling im klimatisierten Raum der Sammlung, die sich auf der Festung Ehrenbreitstein befindet. Foto: Kallenbach
Reinhard Kallenbach

Koblenz. Fotografen und ihr Werk stehen im Fokus der Landessammlung zur Geschichte der Fotografie, die auf der Festung Ehrenbreitstein Errungenschaften bewahrt und gleichzeitig Neues fördert.

Die Saison ist vorbei, auf den ersten Blick herrscht im Kulturzentrum Festung Ehrenbreitstein winterliche Ruhe. Doch der Eindruck täuscht. Längst laufen die Planungen für den Neustart im Frühling. Die Landessammlung zur Geschichte der Fotografie macht da keine Ausnahme. Zwei große Ausstellungen sind bereits terminiert. Und nicht nur das. Auch die digitale Erschließung der kleinen und großen fotografischen Kunstwerke soll vorangetrieben werden.

Unter dem Titel „Gute Aussichten. Junge deutsche Fotografie“ werden ab dem 16. März Arbeiten aus dem gleichnamigen jährlichen Wettbewerb gezeigt. Im Mittelpunkt werden Abschlussarbeiten aus allen deutschen Hochschulen und Akademien stehen, die einen Studiengang Fotografie anbieten. Die zweite Schau des Jahres soll am 29. Juni eröffnet werden. Sie wird dem Fotografen Hans-Jürgen Burkard gewidmet sein, der heute seinen Lebensmittelpunkt in Hamburg hat, aber aus Lahnstein stammt.

Die aktuellen Beispiele zeigen: Die Landessammlung, die in ihrer Art einzigartig ist, zieht bewusst keine scharfen Grenzen. Der Rheinland-Pfalz-Bezug muss zwar in der Regel da sein, im Mittelpunkt stehen aber die Fotografen und ihr Werk. Und was das in der Praxis bedeutet, zeigt sich gerade am Beispiel von Hans-Jürgen Burkard, der sich unter anderem mit spektakulären Aufnahmen aus Russland einen Namen gemacht hat. Aktueller geht es nicht mehr.

„Die Momentaufnahmen Burkards werden erstmals in Rheinland-Pfalz in einer Ausstellung zu sehen sein“, sagt Katrin Seidel. Von Haus aus Kulturwissenschaftlerin, ist sie seit 2014 für die Landessammlung verantwortlich. Deren Aufgabe ist es, wirklich die gesamte Geschichte der Fotografie im Land zu erfassen. Und wie so oft gibt es eine Vorgeschichte. Ohne die ehrenamtliche Pionierarbeit von Wolfgang Horbert wäre es wohl sehr viel schwieriger gewesen, die seit 1993 als Teil des Landesmuseums bestehende Einrichtung weiterzuentwickeln. Auch ist sie unter dem Dach der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz angesiedelt.

Wenn man es ganz genau nimmt, werden im Landesmuseum bereits seit den Anfängen in den ersten Nachkriegsjahren Fotos gesammelt. „Die Schwerpunkte lagen ursprünglich auf Wirtschaft und Technik“, erklärt Katharina Blümling, die heute Leiterin der Sammlungen und Kuratorin Wirtschafts- und Technikgeschichte ist. Mit der Zeit kamen neue Schwerpunkte dazu, wobei die ältesten Aufnahmen bis zu den Anfängen der Fotografiegeschichte zurückreichen. Ein Stichwort ist dabei unter anderem die Rheinromantik.

Man sieht: Die Landessammlung wurde nicht allein mit dem Ziel begründet, Ausstellungen zu konzipieren, zu zeigen und begleitende Kataloge zu publizieren. Sie ist aber auch kein klassisches Archiv, in der jeder frei recherchieren kann. Wer zum Beispiel ganz gezielt historische Aufnahmen der Koblenzer Alt- und Innenstadt oder einzelne Straßen sucht, ist eher beim Stadtarchiv an der richtigen Stelle. Wenn Anfragen kommen, betreffen sie meistens die Fotografen selbst und ihr künstlerisch oder dokumentarisches Schaffen. Es kommt also nicht von ungefähr, dass Katharina Blümling und Katrin Seidel vor allem mit anderen Einrichtungen und auch mit Verlagen zusammenarbeiten, die Anfragen an sie richten.

Das alles heißt aber nicht, dass es in der Sammlung keine historischen Stadtansichten existieren. Ganz im Gegenteil. Aber eine gezielte Suche ist nur dann möglich, wenn dem Nutzer auch der Fotograf bekannt ist. Und dann gibt es noch die rechtlichen Fragen. Zwar ist es so, dass ein Werk 70 Jahre nach dem Tod des Fotografen frei nutzbar ist. Doch gibt es Ausnahmen, etwa dann, wenn das Original eines Fotos Teil einer Privatsammlung ist. Dann müssen eine Reihe von Details geklärt werden.

Auch die Recherche selbst ist in der Regel alles andere als einfach – auch wenn die Zahl von 6000 Papierabzügen aus der allgemeinen Sammlung und 1500 weitere aus dem Nachlass des Fotografen Max Jacoby (1919–2009) zunächst übersichtlich erscheint. Doch dazu kommen Tausende von Glasnegativen, deren Gesamtzahl noch niemand ermittelt hat.

Die Beispiele zeigen: Die Arbeit in der Landessammlung ist vielfältig und mitunter sehr aufwendig, zumal es auch einen Schwerpunkt Porträtfotografie gibt. Es gibt aber einen großen gemeinsamen Nenner. „Die Bewahrung und Pflege des fotografischen Erbes“, bringen es Katharina Blümling und Katrin Seidel auf den Punkt. Das bedeutet: Die Sammlung ist ein „lebendes Archiv“, das wächst, zumal ständig Nachlässe übernommen werden. Vor diesem Hintergrund stellt sich fast automatisch die Frage nach der digitalen Erschließung des Bestands. Genau diese ist bereits vor einiger Zeit ins Auge gefasst worden, doch gibt es, so Katrin Seidel, „keine Lösung von der Stange“.

Und selbst wenn es eine Standardlösung gäbe, würde es wohl eine Insellösung mit einem Nischendasein sein. Genau das ist nicht gewollt – und auch nicht sinnvoll. Aktuell wird in der Generaldirektion direktionsübergreifend an einer internen Datenbank zur Inventarisierung und Datenerfassung gearbeitet. „Damit haben wir aber mittel- und langfristig auch die Möglichkeit, besser unsere Objekte in der digitalen Welt zu präsentieren“, erklärt Katharina Blümling.

Von Reinhard Kallenbach