Chronik Kulturjournalist Andreas Pecht stellt Buch über Geschichte des Musik-Instituts Koblenz vor
Seit 210 Jahren aus Liebe zur Musik: Andreas Pecht stellt die Geschichte des Musik-Instituts Koblenz vor
Beim Anrechtskonzert am Freitag signierte Andreas Pecht sein neues Buch für die ersten Käufer. Foto: Thomas Frey
Thomas Frey

Koblenz. Andreas Pecht, Lesern dieser Zeitung als langjähriger Kulturredakteur, dann als Autor bestens bekannt, erinnert sich gut an das Wechselbad der Gefühle, als er erstmals auf ein mögliches Buchprojekt zum Musik-Institut angesprochen wurde: „Zunächst erschrickt man natürlich, wenn man an den großen Zeitraum von 210 Jahren denkt, den es zusammenzufassen gilt“, räumt er ein.

„Aber im zweiten Moment war mir natürlich klar, wie ausgesprochen spannend das Projekt sein könnte, wenn ich dafür völlig freie Hand bekommen würde.“ Diese freie Hand bekam er, wenn auch erst noch eine grundlegende Frage zu klären war: Was genau sollte das Werk leisten? Immerhin war 1983 eine Chronik vom Musik-Institut herausgegeben worden. „Doch das ist ja schon wieder eine Generation Vergangenheit“, gibt Pecht zu bedenken. Und das vor zehn Jahren erschienene Buch „Bürgerinitiative“ von Uwe Bauer schildert neben dem Musik-Institut noch viele andere Dinge der regionalen Musikkultur: „Das hat also weiterhin ohnehin Bestand“, betont Pecht.

Aus der Sicht des Journalisten

So war schnell klar, dass die neue Chronik etwas Neues werden sollte. Und dafür war es dem Autor wichtig, die Geschehnisse in Koblenz in einen Kontext zu setzen: „Es gibt viele Abhandlungen zur Kunst- oder Musikgeschichte, die so tun, als stünden sie ganz allein in der Welt.“ Eine Annahme, die heutige Leser ebenso wenig erwarten wie Pecht, und außerdem: „Es macht natürlich einen Unterschied, diese Chronik aus der Sicht eines Journalisten zu erzählen.“

Als Journalist hat Andreas Pecht die Konzerte des Musik-Instituts beinahe sein halbes Leben lang begleitet, die Arbeit an der Chronik hat Überraschungen hervorgebracht: „Man wird sich zum Beispiel beim Betrachten der Konzertprogramme durch die Jahrzehnte hin zwangsläufig fragen, warum ab einem bestimmten Zeitpunkt des 19. Jahrhunderts auf einmal eine Fülle überregional bekannter Solisten in Koblenz auftritt. Das war zuvor nicht der Fall, sie wurden vorrangig aus den eigenen Reihen rekrutiert. Und dann kann man erkennen, dass der Grund im Anschluss der Stadt Koblenz an die Eisenbahn zu sehen ist. So schlicht und einfach.“

So klärte sich für Pecht manches sofort, wenn er über die Kunst hinweg den Blick wie hier in die Stadtentwicklung und in die gesamtgesellschaftliche Entwicklung weitete. Und die ganz großen, teils weltpolitischen Entwicklungen hat er zu Beginn jedes Kapitels schon deswegen mit abgebildet, um die Athmosphäre der Epochen mit hineinzunehmen. Neben den Überraschungen brachte ihm die Arbeit an dem Buch allerdings auch eine grundlegende Einsicht: „Das Musik-Institut hat als Institution eine andere Bedeutung, als ich sie zuvor sah. Das Musik- Institut war für mich vor allem ein Veranstalter sehr guter Konzerte – fertig!“

Und jetzt? „Mit ist klar geworden, dass es sich um eines der wichtigen bürgerlichen Elemente handelt, die durch die Geschichte hindurch gewachsen sind – und an denen die Stadt und deren kulturelles Leben gewachsen ist.“

Aufbruch des Bürgertums

Und das könne man nicht hoch genug bewerten: „Der Anfang im Jahr 1808 zeigt auch: Genau genommen markiert die Gründung des Musik-Instituts, wie zeitgleich auch der Casino-Gesellschaft, den Übergang der Künste aus der Verantwortung des kurfürstlichen Hofes in diejenige des nun selbst organisierenden Bürgertums. Die Franzosen haben in Nachwirkung der Französischen Revolution das Bürgertum in den Stand versetzt, eigene urbane Belange in die Hand zu nehmen.“

Das ist 210 Jahre her: Braucht man eine solche Initiative heute noch? „Nach meinem Dafürhalten: in der Tat! Wenn man das Konzertleben dem freien Markt überlässt, landet man schnell bei einer Eventisierung. Da rückt das Weintrinken in den Vordergrund oder der schöne Veranstaltungsort, das hat ja auch alles seine Berechtigung. Aber die Anrechtskonzerte des Musik-Instituts und die eigenen Reihen der Philharmonie im Görreshaus gehören zu den letzten Refugien einer reinen Konzertkultur, bei der nichts als die Musik im Mittelpunkt steht. Und das braucht die Welt auch.“

Andreas Pecht: „Aus Liebe zur Musik. Das Musik-Institut Koblenz im Lauf der Zeiten 1808 bis 2018“ (210 Seiten, Euro 25) ist erhältlich beim Vorverkauf im RZ-Reisebüro, zu Konzerten des MI sowie in den Filialen und im Internetshop der Buchhandlung Reuffel.

Von unserem Kulturchef Claus Ambrosius