Der Weltuntergang ist nah, behaupten manche, und tatsächlich scheint dieses Gefühl angesichts der aktuellen Entwicklungen nicht gänzlich unbegründet. Doch: Wie akut ist diese – bereits vielfach prophezeite – Gefahr wirklich? Was gibt Grund zur Sorge und was Anlass für Optimismus? Sebastian Rabsahl alias Sebastian 23 hat sich in seinem neuen Programm mit genau diesen Fragen auseinandergesetzt – und liefert Antworten hierauf am Donnerstag, 24. April, um 19 Uhr auch im Koblenzer Kulturclub Circus Maximus. Einen Vorgeschmack gibt uns der Comedian vorab bereits im Interview.
Herr Rabsahl, ein Programm über den Weltuntergang aufzusetzen, ist angesichts der aktuellen Stimmungslage, sagen wir, naheliegend. Als Inspiration dafür dürfte ein kurzer Blick in die Nachrichten genügt haben, oder?
Also erst mal ist es ja nichts Neues, dass wir uns in einer turbulenten Zeit bewegen. Die Klimakrise etwa hat sich spätestens durch die aufkommenden Fridays-for-Future-Proteste 2018 fest in der öffentlichen Wahrnehmung verankert, dafür braucht es keine aktuellen Nachrichten mehr. Aber es ist schon so, dass man vor einigen Jahren noch über jemanden gelacht hätte, der sich an den Straßenrand stellt mit einem „Das Ende ist nah“-Schild.
Und heute würde man sich tendenziell vermutlich eher daneben stellen.
Genau, heute würde man sich wohl eher daneben stellen oder zumindest anerkennen, dass derjenige wohl nicht ganz falschliegt mit seiner Befürchtung. Zugleich gab es in unserer Geschichte aber eben auch immer schon Bedrohungen durch Kriege, Umwelt- oder Hungerkatastrophen, die wir am Ende allesamt gemeistert haben. Daher sollten wir bei allem Negativen vielleicht auch mal darüber nachdenken, dass die Situation sich zuletzt zwar ganz sicher verschärft hat, genau das aber schließlich auch Motivation und Antrieb sein kann, ins Handeln zu kommen, um die Zukunft besser zu gestalten.
Bliebe noch der Widerspruch im Titel Ihres Programms „Die schönsten Untergänge der Welt“. Wie viele Weltuntergänge gab es denn bereits? Und inwiefern kann ein solcher Anlass schön sein?
Er kann, wie gerade schon angedeutet, zumindest eine Chance bieten, weil uns die Furcht davor im besten Fall auch ein Stück weit aufrüttelt. In Anbetracht der Flut an negativen Nachrichten verfestigt sich natürlich der Eindruck, dass es nicht wirklich gut aussieht für die Menschheit. Gleichzeitig ist von den unzähligen Weltuntergängen, die uns bereits prophezeit wurden, aber eben auch noch kein einziger eingetreten, es besteht also noch Hoffnung. Denken Sie zum Beispiel an Nostradamus, der das Ende der Welt gleich mehrfach vorhergesagt hat – ohne in dieser Pluralität einen Fehler zu erkennen. Die Bibel ist ebenfalls voll von solchen Szenarien, und so zieht sich das eben weiter durch die Jahrhunderte bis hin zu einem meiner Favoriten, als man zur Jahrtausendwende befürchtete, die Computer könnten die Datumsumstellung von 1999 auf 2000, also von 99 auf 00, nicht bewerkstelligen – was logischerweise das Ende bedeutet hätte, wenn schon die Computer nicht mehr wissen, welches Jahr wir haben. Letztlich war allerdings auch diese Sorge unbegründet, und genau das ist aus meiner Sicht das Schöne an den Weltuntergängen: dass sie so oft vorhergesagt, aber doch nie wahr wurden.
„Die Krisen sind fast ausnahmslos menschgemacht, können also im Umkehrschluss auch vom Menschen gelöst werden.“
Sebastian 23 über die bedrückende, aber aus seiner Sicht keineswegs aussichtslose Weltlage
Nun ist Ihr Programm, es klingt ja bereits an, bei aller Tristesse immer noch eines aus dem Bereich Comedy, das nicht deprimieren, sondern humorvoll unterhalten soll. Sie sagen beispielsweise, dass die Menschheit sich aktuell zwar so sehr bemüht wie selten zuvor, die Welt in den Abgrund zu führen, es gleichzeitig aber eben auch große Anstrengungen gibt, genau das zu verhindern. Was macht denn Mut?
Mich persönlich ermutigt, wie viele Menschen sich engagieren, weil wir in den Nachrichten ja zunächst einmal immer nur von Personen hören, die Kriege beginnen, Terroranschläge verüben, Verbrechen begehen – und dadurch schnell den Eindruck gewinnen, dass es nur Schlechtes gibt auf der Welt. Es entsteht ein negatives Menschenbild, das in dieser Form allerdings ein Stück weit verzerrt ist. Denn wenn man sich die Realität anschaut, sieht man, dass es allein in Deutschland Millionen Menschen gibt, die sich ehrenamtlich einsetzen – ohne dass sie sich davon einen Vorteil erhoffen, einfach nur, weil sie die Welt in einen besseren Ort verwandeln wollen. Und das ist, finde ich, schon etwas, das Hoffnung macht.
Wie groß ist denn aus Ihrer Sicht grundsätzlich die Gefahr, dass uns dieser – ohnehin schon oft verstellte – Blick auf das Positive in der aktuellen Situation gänzlich verloren geht?
Die Gefahr ist auf jeden Fall real. Und das Schlimme ist, dass wir dadurch in eine Form der Hoffnungslosigkeit geraten, die am Ende – wenn überhaupt – nur teilweise gerechtfertigt ist. Es gibt trotz aller Krisen eben auch ganz viele positive Entwicklungen auf der Welt. Und die Krisen selbst sind zudem fast ausnahmslos menschgemacht, können also im Umkehrschluss auch vom Menschen gelöst werden. Dabei stimmt es natürlich, dass die Einschläge gefühlt immer näher kommen: Wir haben Extremwetterereignisse in einer Taktung wie selten zuvor, eine verfahrene geopolitische Lage mit zunehmenden imperialen Tendenzen. Doch einen Automatismus sehe ich in diesen Entwicklungen nicht, weil die Menschheit an sich nicht schlecht ist und die Mehrheit von uns sich eine bessere Zukunft wünscht, die allerdings nur dann erreichbar sein wird, wenn man sich mit den komplexen Herausforderungen ernsthaft auseinandersetzt und nicht auf die vermeintlich einfachen Lösungen populistischer Rattenfänger reinfällt.
„Am Ende sind auch die Besucher dazu aufgefordert, Fragen zu stellen, zu erklären, was sich aus ihrer Sicht ändern muss, damit es besser wird.“
Sebastian 23 über sein bewusst interaktiv gehaltenes Programm
Nun haben Sie kürzlich auch ein Buch herausgebracht mit dem schönen Titel „Alles wird gut – Die Welt retten in 5712 einfachen Schritten“. Hört sich zunächst einmal nach viel Arbeit an. Aber wo kann denn jeder von uns ansetzen im Alltag?
Der erste Schritt wäre für mich zu erkennen, dass wir nicht machtlos sind, sondern etwas tun können. Wer sich zurücklehnt und denkt „Es geht ohnehin alles den Bach runter, und ich kann daran nichts ändern“, gerät in eine Passivität, in der er – auch politisch – sehr leicht lenkbar ist. Wenn wir hingegen aktiv werden, tut uns das auch selbst gut. Wir kommen dadurch weg von einem Zustand der Ohnmacht, in dem wir womöglich sogar zynisch werden, hin zu einem positiven Gefühl, weil wir uns sagen können: „Ich versuche es wenigstens, und da sind noch andere Menschen, die ebenfalls Gutes bewirken wollen.“
Inwiefern ist Ihr Programm vor diesem Hintergrund schließlich auch als Anregung zu verstehen, einen anderen Blick auf die Welt zu wagen?
In dem Programm geht es zunächst mal ganz klassisch kabarettistisch um eine Bestandsaufnahme, inklusive all der Absurditäten, die die Politik derzeit zu bieten hat. Um Alice Weidel beispielsweise, die uns im Livestream mit Elon Musk erklärt, dass Hitler eigentlich links war, weil in der Bezeichnung Nationalsozialismus das Wort Sozialismus steckt – und das ist ja bekanntlich was Linkes. Als Musk dann kurze Zeit später bei der Amtseinführung von Donald Trump den rechten Arm zum Gruß gehoben hat, dachte man sich auch nur: Will er Weidel damit jetzt signalisieren, dass er auch links ist? Solche Geschichten sind der erste Teil des Programms, im zweiten hingegen geht es mir darum, die bereits angerissenen positiven Beispiele aufzuzeigen: Außerhalb von Deutschland soll es in Großstädten zum Beispiel bereits Fahrradwege geben – man kann es sich gar nicht vorstellen. Und am Ende sind auch die Besucher dazu aufgefordert, ihre Bedenken und Sorgen zu äußern, Fragen zu stellen, zu erklären, was sich aus ihrer Sicht ändern muss, damit es besser wird. Über diese Themen will ich mit ihnen ins Gespräch kommen.
Da Sie nicht nur Comedian sind, sondern auch studierter Philosoph: Wie viel von dieser Wissenschaft steckt denn in Ihrem Programm beziehungsweise: Kann uns Philosophie in der aktuellen Situation weiterhelfen?
Mit Sicherheit sogar. Philosophie ist eine Wissenschaft, die sehr praktisch ist – und dadurch in der aktuellen Lage vermutlich wichtiger denn je. Wenn wir uns etwa anschauen, wie Platon, Sokrates oder Aristoteles Philosophie betrieben haben, dann war das stets im Austausch mit den Menschen, mit ganz konkreten Fragen darüber, wie man ein gutes Leben führt oder tugendhaft handelt, wie man die Gesellschaft auch politisch gestaltet. In einer krisengeplagten Zeit wie der heutigen, in der es essenziell ist zu handeln, kann uns die Philosophie daher auch helfen bei der Überlegung: Was möchten wir denn eigentlich? Was ist uns wichtig? Wie stellen wir uns ein gutes Leben vor? Und wie gehen wir mit den moralischen Fragen um?
Weitere Infos und Karten für den Auftritt von Sebastian 23 in Koblenz gibts online unter www.circus-maximus.org