Neuer Lyrikband aus Koblenz
Sarah Marie: „Die Welt ist viel besser, als wir denken“
Hat in ihrem Alltag Menschlichkeit gesucht, gefunden und schließlich in Lyrik gegossen: die Koblenzer Autorin Sarah Marie.
Alice Selina Photography

Es gibt (fast) nur noch Schlechtes auf der Welt, meinen viele. Stimmt nicht, sagt die Koblenzer Autorin Sarah Marie. Sie hat in ihrem Alltag viel Menschlichkeit gefunden – und den ermutigenden Erlebnissen einen neuen Lyrikband gewidmet.

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„Ich glaube, die Welt ist ein guter Ort – auch weil es Menschen gibt, die ihn dazu machen“, sagt Sarah Marie. Und es ist dieser Satz, der nach einem auch sonst nicht inspirationsarmen Gespräch vielleicht am stärksten nachhallt. Jene selbstgewiss optimistische Haltung, die unweigerlich aufhorchen lässt, dieser Tage fast schon überrascht. Und damit zugleich in enger Verwandtschaft steht zum neuen Lyrikband der Koblenzer Autorin, denn: In diesem widmet sich die 25-Jährige in Zeiten (vermeintlich) zunehmender Distanz nicht weniger als dem Zwischenmenschlichen. 

Das Buch stellt dabei vor allem auch den Versuch dar, die mehrheitlich negative Weltsicht mittels Perspektivwechsel umzukehren in eine positive. „Wir sagen oft, es gibt nichts Gutes mehr, aber das stimmt so nicht“, schildert die Autorin ihre lyrisch verarbeiteten Eindrücke, die sie im Alltag suchte – und überraschend schnell fand.

Was bedeutet es, Mitmensch zu sein?

„Am Anfang des Buchs“ erklärt sie, „stand bei mir zunächst mal das Gefühl, dass Zwischenmenschlichkeit im Angesicht von Ukraine-Krieg und Migrationsdebatte, durch die Polarisierung unserer Gesellschaft immer wichtiger wird, also habe ich mir die Frage gestellt, was es heute überhaupt bedeutet, Mitmensch zu sein, und durfte schließlich in der Beobachtung, aber auch in der persönlichen Begegnung sehr viel Schönes erleben.“

Mut machende Begebenheiten, für die beispielhaft etwa jene Frau steht, die der Kassiererin an der Supermarktkasse die gerade gekauften Blumen schenkt, oder der Unbekannte, der der Autorin ihre vom Autodach gefallenen Turnschuhe zurückbringt.

„Wenn wir uns auch mal einlassen auf eine abweichende Sicht, zuhören und Fragen stellen, entsteht Raum für Kommunikation.“
Sarah Marie

In ihrem Lyrikband hat Sarah Marie diese Geschichten nun in klangvolle Verse gegossen, die sich nicht nur schön lesen lassen, sondern auch etwas zu erzählen haben über das Leben, zwischen den Zeilen zudem ein tiefes Verständnis offenbaren für den (Mit-)Menschen. Es geht um Themen wie Liebe und Freundschaft, Weltschmerz und Trauer, Empathie und Alltagshelden, aus deren harmonischem Zusammenwirken die christlich geprägte Autorin schließlich auch eine übergreifende Botschaft ableitet: „Wir fühlen uns oft ohnmächtig“, sagt sie, „aber die Geschichten im Buch zeigen, dass jeder von uns – wenn auch nur im Kleinen – dazu beitragen kann, die Welt zu verbessern. Jeder kann andere Menschen lieben, ihnen helfen, sich in der Nachbarschaft engagieren.“

Ein Beispiel dafür, das im Lyrikband ebenfalls zur Sprache kommt: „Ich habe beim Arzt ein älteres Ehepaar beobachtet, das ohne Auto dort war“, erzählt Sarah Marie. „Der Mann wollte nach dem Termin wieder mit dem Bus nach Hause, die Frau sah aufgelöst aus und meinte, sie schaffe das gerade nicht, also habe ich ihnen angeboten, sie zu fahren. ,Kann ich ihnen helfen?’: Eine kleine Frage, aus der für uns alle am Ende eine sehr schöne, ermutigende Situation entstanden ist.“

Das Cover zu "Zwischenmenschliches"
Lago Verlag

Wobei es generell nicht viel benötige, um das Miteinander ein gutes Stück menschlicher zu gestalten. „Oft reicht es schon, wenn wir uns bewusst werden, dass wir die Welt durch unsere Brille sehen und andere durch ihre“, sagt Sarah Marie – und verdeutlicht: „Wenn wir uns auch mal einlassen auf eine abweichende Sicht, zuhören und Fragen stellen, anstatt dem anderen gleich unsere Gegenargumente hinzupfeffern, entsteht dadurch Raum für Kommunikation.“

Und wer den Blick weite, sich aus vorgefertigten Gedankenmustern löse, davon ist die Autorin überzeugt, „wird auch feststellen, dass die Welt viel besser ist, als wir denken, und die Situation nicht so verfahren, wie sie scheint“. Es braucht eben nur ein bisschen (mehr) Menschlichkeit oder, wie es im Lyrikband heißt: „Wir können die ganze Welt nicht retten / aber die Lebenswelt des einen / Den wir mit einem Lächeln und / mit Liebe grad erreichen / Ich weiß, das ist nicht viel / aber ein Anfang immerhin/ Ich weiß, dass ich auf dieser Welt / noch immer mit Bestimmung bin / Ich bin kein Superheld / aber ein Mitmensch kann ich sein / Und zum Weitermachen soll / mir das fürs Erste reichen.“

Sarah Marie: „Zwischenmenschliches“, Lago, 192 Seiten, 16 Euro