Acht Wochen sind vergangen, seit Sängerin Leony das Geheimnis enthüllt hat: Sie ist die Stimme auf dem diesjährigen offiziellen EM-Song. Ein Produzententrio steckt hinter „Fire“. Für Leony, die aus einer großen Fußball-Fan-Familie kommt, ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Der Weg dorthin? Aufregend und hart.
Darüber und über vieles andere sprach die Bayerin mit der RPR1-Moderatorin Miriam Audrey Hannah in der Radioshow und im Interview-Podcast „Music Made in Germany“. Offen gibt Leony Auskunft über ihre Eltern und ihre fußballverrückten Brüder, warum ihr fast nichts peinlich ist, warum sie deepe Songs schreiben kann, ohne selbst je Schlimmes erlebt zu haben, wie sie mit Fans und Rückschlägen umgeht und warum sie noch nie Liebeskummer hatte.
Das Hautnah-Interview wurde im Winzerkeller in Ingelheim aufgezeichnet. Die Radiosendung „Music Made in Germany“ wird am Sonntag, 8. Juni, 16 Uhr auf RPR1 ausgestrahlt. Das gesamte Gespräch kann auch jederzeit gehört werde unter www.musicmadeingermany.de und überall, wo es Podcasts gibt.
Wir dokumentieren Auszüge aus dem Interview vorab im O-Ton:
Über ihren Erfolg: “Ich habe mich unheimlich gefreut, und das Ding ist, ich könnte all das, was ich machen darf und dieses Leben, von dem ich, seit ich ein kleines Kind bin, geträumt habe – das könnte ich gar nicht machen, ohne dass ich Fans habe. Leute, die zu meinen Konzerten kommen, die mich auf Social Media supporten. Und deswegen, finde ich, ist es das Mindeste, dass ich immer was zurückgeben kann.„
Über ihre Musik: “Für mich ist das Songschreiben eine wesentliche Sache. Im echten Leben kann ich nicht so gut mit Emotionen umgehen und bin immer so: 'Okay, nein, nein, das wird schon.' Und versuche, alles, was ich fühle, in Songtexten auszudrücken. Und wenn man natürlich Nachrichten und Feedback bekommt, der Song hat mir durch eine schlechte Zeit geholfen, und die Leute mich fühlen können, ist mein Ziel voll erreicht. Wenn ich gefragt werde: Was hast du dir bei diesem Song gedacht und was wünschst du dir, was das mit den Leuten macht? Sage ich: Jeder soll für sich aus dem Song herausnehmen, was er braucht. Ich stehe darin nicht im Mittelpunkt. Jeder macht unterschiedliche Erfahrungen, jeder hat und macht so seine eigene Geschichte und nimmt den Song für sich selber wahr. Und das ist, finde ich, eine ganz, ganz schöne Sache, die mit dem Songwriting und mit Musik allgemein einfach möglich ist.„
Über ihre Familie: “Mit zwei Brüdern aufzuwachsen, da ist man stark fürs Leben. Also, bis ich in die Schule gekommen bin, war ich quasi ein Junge. Damit will ich jetzt nicht sagen, Männer können keine Gefühle zeigen oder dürfen das nicht, aber bei meinen Brüdern war das schon eher so. Ich bin auf dem Fußballplatz gewesen. Ich habe Wrestling mit denen gemacht, weil ich die Leichteste war, und die konnten mich halt durch die Gegend schmeißen, habe im Dreck gewühlt, im Wald irgendwelche Hütten gebaut und solche Sachen. Ich glaube, das hat mich abgehärtet und sehr unerschrocken gemacht und für dieses starke Gefühl bin ich sehr dankbar.
Über ihr Lebensglück: „In meinem Leben ist bis jetzt nichts Schlechtes, nichts Schlimmes passiert. Ich habe eine tolle Familie, ich bin ganz behütet aufgewachsen, immer tolle Freunde, hatte nie so wirklich Heartbreak, dass ich jetzt sage: ‚Oh mein Gott, mein Leben ist vorbei,‘ sondern eher so: ‚Okay, Gott sei Dank, wieder Ballast weg.' So schlimm wie es klingt. Aber so ist das irgendwie gewesen. Und ich glaube, weil ich mich nie so wirklich damit auseinandersetzen musste.“
Über Trauer: „Das Schlimmste bisher ist, als vor ein paar Jahren mein Opa gestorben ist. Das war das erste Mal, dass ich dann auch wirklich wochenlang traurig war, aber das war es dann auch eigentlich. Ich musste bisher nie lernen, was Kummer und Sorgen sind, was wunderschön für mich ist. Und dafür bin ich sehr, sehr dankbar, obwohl: Für das Songwriting ist das manchmal ein bisschen schlecht. Viele Künstler nehmen ja ihre Intensität aus eigenen Erfahrungen und aus schweren Zeiten.
Über “deepe Songs„: “Für mich ist das so: Ein Autor, der ein Buch schreibt, hat ja auch nicht jede Thriller-Szene, in der im Keller irgendjemand gefoltert wird, selbst durchgemacht und trotzdem schreibt er das, – also ich hoffe zumindest. Grüße an der Stelle an Sebastian Fitzek, meinen Lieblingsautor. Aber während man die Texte schreibt, ist man genau diese Person und man fühlt das trotzdem, mit allem Drum und Dran. Bei ‚Somewhere in Between‘ zum Beispiel, das ist schon eine sehr, sehr persönliche Story und die Geschichte von meinem Leben. Bei anderen Songgeschichten versetze ich mich einfach in einen anderen Menschen rein und dann bin das.„
Über ihre Fans: “Ich sitze hier und schaue in Eure Gesichter, hört uns zu, freut Euch aufs Konzert gleich, ich empfinde Glück gerade. Vielen Dank Euch. Ich denke mir so: Dass man sich so eine Mühe für mich macht, ist oft, ehrlich gesagt, rührend; dieses ganze Leben, eigentlich, das ich führen darf, ist manchmal wie in so einem Film, wie in so einer Simulation, dass man das gar nicht glauben mag. Man springt so von Tag zu Tag, jetzt meine Tour zum Beispiel, das war kompletter Ausnahmezustand in meinem Leben.„
Über ihren Alltag: “Jeder Tag in einer anderen Stadt, dazwischen die EM-Fußballsong-Sache. Dreh in Miami für 36 Stunden und zurück – und man denkt: Hey, was passiert eigentlich gerade? Aber die Frage kann man sich gar nicht wirklich stellen, weil man die Zeit gar nicht hat. Und auch das, dass Leute für mich stundenlang anstehen für ein Konzert, mir Geschenke basteln, mir Geschenke machen, das ist so überhaupt nicht selbstverständlich.„
Über den EM-Song: “Man kann nicht sagen: ‚Ich kann das jetzt nicht.‘ Ich schaffe es nicht,‘ sondern man muss das durchziehen: So eine Möglichkeit kommt nicht zweimal im Leben. Das war tatsächlich ein Punkt, an dem ich dann wirklich an meine Grenzen kam. Es war mitten in der Tour und ich musste sogar eine Tour-Show verschieben. Die eine Heidelberg-Show musste ich verschieben, was natürlich auch schon psychisch schwierig ist. Man will einfach niemanden enttäuschen, vor allem seine Fans nicht, die wirklich zu einem Konzert bewusst kommen, um Dich zu sehen, um Deine Musik zu erleben. So wägt man ab und struggelt. Show verschieben, damit ich die Chance wahrnehmen kann. Krass, denn eine Bedingung dafür war, dass ich das machen kann, dass ich an den zwei Tagen in Miami bin. Was während der Tour war. Das alles war so ein Gefühlschaos. Mental dreht man ja schon durch: Zwischen einer ‚once in a lifetime-Chance und 'Oh mein Gott, ich darf den Song machen' und: 'Wie schrecklich, ich muss dafür aber eine Show dafür verschieben.'„
Über den Videodreh: “Ich bin ich mitten in der Tour krank geworden, normalerweise hält mein Körper hält immer durch, bis ich Urlaub habe, wo ich es mir erlauben kann, krank zu sein, weil: davor geht es halt nicht. Aber ich bin richtig krank geworden und dann ist man so: Okay, gut. Aber dann fliegt man mal eben schnell nach Miami und trifft einen der größten Songwriter, Ryan Tedder von One Republic und Medusa, das super erfolgreiche DJ-Trio. Ich sage es euch ganz ehrlich: Jetzt im Nachhinein glaube ich gar nicht, dass ich wirklich da war. Ich kann mich an ganz vieles gar nicht mehr erinnern. Ich sehe Fotos mit mir daraus und denke: Ach ja, okay.„
“Es ist so schnell gewesen, wie so ein Fiebertraum eigentlich. Und das war dann auch wirklich so. In Miami habe ich dann eine Infusion bekommen, weil es mir so schlecht ging, aber wir ja die Videos drehen mussten. Wir hatten Interviews, ganz viele Dinge drumherum, die da passiert sind. Und man kann nicht sagen: „Ich kann das jetzt nicht. Ich schaffe es nicht, sondern man muss das durchziehen: So eine Möglichkeit kommt nicht zweimal im Leben.“
„In Miami sind wir dann vom Gig direkt ins Taxi gestiegen, zum Flughafen gefahren, und da saß ich mit den ganzen Eindrücken plus dieses krank sein, aber trotzdem diese Chance, diese superintensive Zeit, ich war einfach fertig ohne Ende, mit dem Gedanken auch noch: Okay, ich fliege jetzt von Miami nach Paris, von Paris nach Frankfurt, von Frankfurt zwei Stunden nach Stuttgart und hoffe, dass ich die Show zur Tour schaffe, weil ich hatte gleich eine weitere Tour-Show und dann natürlich auch im Kopf: Oh mein Gott, und ich bin krank, und irgendwie muss ich das aber schaffen, weil ich will nicht noch eine Show absagen müssen. Das war das Stressigste, was ich je erlebt habe.“
Über die erste Absage eines Tourtermins: „Ich bin eigentlich nie ein Mensch, der sagt: „Ich kann das nicht, einen Tourtermin absagen. Das war auch die erste Tour-Show, die ich in meinem ganzen Leben verschieben musste. Ich habe noch nie eine Show abgesagt. Ich habe immer Lust auf die Shows. Ich bin nie so, dass ich sage: Oh mein Gott, mir wird das alles zu viel, sondern ich genieße das und ich liebe das. Die Leute haben sich Tickets gekauft, die haben Hotels gebucht; man spürt so eine Verantwortung, und ich kriege jetzt schon wieder Gänsehaut, wenn ich darüber rede.“
„Die Fans waren bei meiner Ankunft in Stuttgart, als ich so fertig aus Miami ankam, so süß. Die haben sich eine Fan-Aktion überlegt und hatten alle dann Herzen und Schilder bei Faded Love oben. Und das sind dann so Dinge, wo ich mir denke: Dieser ganze Stress drumherum, der natürlich da ist, das ist so klein gegen das, was ich erleben darf, mit den Leuten, was die mir zurückgeben an Energie. Und deswegen sage ich immer so: Ich ziehe das durch, auch wenn es stressig ist. Andere Leute haben es auch stressig.“
Über den Stolz ihrer Eltern: „Meine Eltern sind sehr, sehr stolz, sie haben mich immer unterstützt, so sehr. Jetzt bei dem EM-Song ist es so, dass ich ja wirklich mit einer fußballverrückten Familie aufgewachsen bin. Meine Brüder spielen Fußball, mein Papa, mein Opa. Mein Bruder ist Fußballprofi in der dritten Liga, und bei uns ist immer Fußball gelaufen. Und dass ich den Song jetzt machen kann, ist auch für meine Eltern sehr, sehr, sehr besonders.“
"Wir drei Kinder, meine Brüder und ich, wurden immer unheimlich unterstützt. Die finden das einfach schön, wenn man seinen Traum leben kann und die sehen, dass man drin dann voll aufgeht. Für mich war das schon ganz früh klar. Ich weiß eigentlich gar nicht, warum, denn meine Eltern sind nicht besonders musikalisch. Bei uns im Haus lief immer Musik, aber ich kann jetzt nicht sagen: Ich komme aus einer Vollblutmusiker-Familie, eher gar nicht. Ich wusste, was ich machen will, von Anfang an. Mit fünf habe ich zu meiner Mama gesagt: ‚Mama, ich werde irgendwann auf der Bühne stehen.‘ Und nicht, weil ich gesagt habe: Ich bin die Krasseste, ich singe am besten und sonst was, sondern da war so was Intensives in mir drin, es hätte für mich keine andere Möglichkeit gegeben.“ red