Vor Auftritt in Lahnstein
Paul Potts: Als das Karriereende erst der Anfang war
Mit seinem Auftritt bei "Britain’s Got Talent“ schrieb Paul Potts 2007 ein modernes Märchen, wurde über Nacht zum Startenor. Vor seinem Gastspiel in Lahnstein hat der Waliser mit uns nun auch darüber gesprochen.
Ferdinando Iannone. picture alliance/dpa

Bei „Britain’s Got Talent“ wurde Paul Potts 2007 über Nacht zum Star. Seitdem tourt er durch die Welt und kommt bald auch nach Lahnstein. Im Interview erklärt er, was er gegen Bodyguards hat, wie er mit Kritik umgeht und warum er oft Deutsch spricht.

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„Nessun dorma“, die „Turandot“-Arie aus der Feder Giacomo Puccinis, hat für Paul Potts eine ganz besondere Bedeutung, schließlich drehte eben dieses Meisterwerk sein Leben vor 18 Jahren mit reichlich Schwung auf links. Durch seine Darbietung bei „Britain’s Got Talent“ wurde er 2007 quasi über Nacht zum Star, tauschte die eigentlich schon gescheiterte Opernkarriere, den Job als Handyverkäufer gegen den bis heute andauernden Erfolg auf der Bühne. Anfang September macht er auf seiner Tour nun auch in Lahnstein Station und spricht mit uns vorab über ein modernes Märchen – und das Leben danach. 

Herr Potts, wenn man bei Google Ihren Namen eingibt, erscheint ganz oben in der Liste als häufig gestellte Frage: „Was macht Paul Potts heute?“ Also erzählen Sie doch mal: Wie sieht Ihr Alltag aus?

Ich bin viel unterwegs, vor allem in Europa und Asien. Im Durchschnitt hatte ich zuletzt mehr als 60 Auftritte im Jahr, worüber ich sehr froh bin. Meine Tourroutine besteht dabei vor allem darin, so viele Orte wie möglich zu erkunden. Nach dem Frühstück laufe ich vom Hotel aus meist mit meiner Kamera durch die Gegend. Und wenn der Veranstaltungsort im Umkreis von fünf Kilometern liegt, gehe ich auch zu Fuß zur Probe.

Dabei würde Ihr Leben ohne den Erfolg bei „Britain’s Got Talent“ heute wohl ganz anders aussehen. Bei Ihrem ersten Auftritt in der Show sind Sie damals auf eine skeptische Jury getroffen, auch das Publikum war anfangs noch verhalten, ehe plötzlich lauter Jubel aufbrandete, Tränen flossen. Erinnern Sie sich noch an diesen Moment?

Ich erinnere mich noch sehr gut daran und werde dieses Erlebnis wohl auch nie vergessen. Für mich war es damals ein völlig überraschender Wendepunkt, weil ich eigentlich dachte, es sei der letzte Auftritt meines Lebens – das Ende meiner Gesangskarriere. Doch rückblickend war es der Anfang.

In Deutschland sind Sie dann erst ein Jahr später so richtig bekannt geworden, nachdem der Mobilfunkanbieter Telekom besagten Auftritt bei „Britain’s Got Talent“ für einen seiner Werbespots verwendet hat. Wie haben Sie Ihre steigende internationale Bekanntheit damals wahrgenommen?

Der Werbespot war eine sehr kraftvolle, emotionale Kampagne, und ich bin sehr dankbar, dass meine Musik dadurch auch in Deutschland viele Menschen erreicht hat. Es ging darin um die Macht der Lieder in einer oft kalten Welt, wodurch auch verdeutlicht wurde, warum Musik immer noch so wichtig ist. Davon abgesehen war 2008 für mich allerdings ein außergewöhnlich arbeitsreiches Jahr: Ich hatte rund 150 Auftritte und dadurch kaum Zeit, über die Auswirkungen meines Erfolgs nachzudenken.

Singen ist für mich nicht nur ein Job, es ist ein essenzieller Bestandteil meines Wesens.
Paul Potts

Aber ich erinnere mich noch daran, dass mein Musiklabel damals von mir verlangt hat, auf meine Tour in Deutschland einen Sicherheitsmann mitzunehmen. Was ich gleich aus zwei Gründen höflich ablehnen musste: Einerseits, weil es in solchen Zeiten kaum Tage ohne Termine gibt, und wenn man die Bedürfnisse anderer berücksichtigt – was ich immer versuche, denn sie sind zwar angestellt, um sich um mich zu kümmern, aber haben immer noch ihr eigenes Leben –, hat man plötzlich selbst an einem Tag ohne eigene Termine einen Tag, den man irgendwie planen muss. Zugleich wollte ich aber auch nie unnahbar wirken oder die Menschen auf Abstand halten. Ja, es gab Momente, in denen ich etwas bedrängt wurde, was meine Frau Julz übrigens urkomisch fand, aber mein Tourmanager Jake und ich konnten diese Situationen stets höflich und zuvorkommend auflösen.

Gab es denn trotzdem auch mal Momente der Überforderung? Sie sind ja quasi über Nacht vom Handyverkäufer zum Star geworden. Oder waren Sie einfach nur glücklich, dass Ihr Traum von einer Karriere als Opernsänger nach vielen Rückschlägen doch noch wahr wurde?

Ich war und bin immer noch sehr glücklich, das tun zu dürfen, was mich ausmacht. Singen ist für mich nicht nur ein Job, es ist ein essenzieller Bestandteil meines Wesens. Wobei ich grundsätzlich immer versucht habe, nicht zu viel über gewisse Dinge nachzudenken.

In Deutschland touren Sie inzwischen bereits seit einigen Jahren regelmäßig mit Ihren Shows. Würden Sie sagen, dass Sie ein besonderes Verhältnis zu diesem Land haben?

Die Loyalität des deutschen Publikums hat mich immer sehr berührt, weil das für mich keine Selbstverständlichkeit ist. Ich habe daneben allerdings auch bis zu meinem 16. Lebensjahr Deutsch in der Schule gelernt und versuche seit einiger Zeit, auf der Bühne überhaupt kein Englisch mehr zu sprechen, wenn ich in Deutschland auftrete. Dabei mache ich zwar einige Fehler, aber ich weiß, dass man mich versteht, wenn die Leute über meine kleinen Witze lachen – auch wenn meine Frau mich immer wieder daran erinnert, dass ich kein Komiker bin. Und Sie wissen: Die Frauen haben immer recht, immer.

Auf Ihren Konzerten singen Sie zudem auch gern deutsche Lieder.

Das stimmt, meist Kompositionen von Schubert, Wolf oder Schumann, die technisch zwar sehr anspruchsvoll sind, dafür aber auch wunderschön.

An der sechsten Staffel von "The Masked Singer" nahm Paul Potts 2022 ebenfalls teil - und wurde in der dritten Folge unter dem flauschigen Koalakostüm enthüllt.
Rolf Vennenbernd. picture alliance/dpa

Bei allem Erfolg wurden Sie von Experten allerdings immer wieder auch kritisiert für Ihren Gesang. Wie gehen Sie damit um?

Nach meiner Teilnahme bei „Britain’s Got Talent“ wurde mir oft gesagt, ich hätte keine Technik und meine Stimme würde nicht mal ein Jahr halten. Jetzt, 18 Jahre später, stehe ich immer noch auf der Bühne und glaube, dass ich besser singe als jemals zuvor. Ich würde dennoch lügen, wenn ich behaupte, dass es mich anfangs nicht gestört hat, aber ich versuche stets, Kritik anzunehmen, solange sie konstruktiv und nicht destruktiv gemeint ist.

Neben Ihrer Leidenschaft für die Musik sind Sie offenbar auch begeisterter Fotograf. Wird man Sie rund um Ihren Auftritt in Lahnstein also auch dort mit der Kamera antreffen?

Ich liebe die Fotografie, weil ich dadurch meine Erlebnisse festhalten kann. Zugleich hat das Einrahmen von Motiven, das Schaffen von Kunst für mich aber auch etwas Therapeutisches. Wie intensiv ich die jeweiligen Konzertorte dann schließlich erkunden kann, hängt dabei natürlich immer davon ab, wie viel Zeit ich in den Städten verbringe. Aber ich war vor einigen Jahren tatsächlich schon einmal in Koblenz und habe dort auch fotografiert, während Lahnstein vollkommen neu für mich ist. Insofern hoffe ich, dass ich mir nun auch diese Stadt anschauen und einige Motive einfangen kann, den Hexenturm zum Beispiel oder die Burg Lahneck.

Auf der Bühne wiederum werden Sie in Lahnstein lediglich von einem Pianisten begleitet und präsentieren dort laut Programmtitel die „größten Hits“. Das ist ja zunächst mal ein weit gefasster Begriff. Worauf genau dürfen sich die Besucher also einstellen?

Nur in Klavierbegleitung aufzutreten, strahlt für mich zunächst mal eine Form von Reinheit und Ehrlichkeit aus, gewährt mir als Sänger mehr Freiheiten, bringt aber natürlich auch Herausforderungen mit sich, weil man sich nicht verstecken kann. Grundsätzlich gleicht jedoch ohnehin keines dieser Konzerte dem anderen, da ich die Lieder je nach Stimmung ganz unterschiedlich interpretiere. Wobei man sich schon darauf einstellen kann, dass es ein breites Spektrum an Genres geben wird, von Klassik bis hin zu moderner Musik, darunter übrigens auch Songs aus meiner viel zu kurzen Zeit bei „The Masked Singer“. Die Besucher werden also von Schubert über Christina Aguilera bis hin zu a-ha einiges zu hören bekommen. Und ja, ich beende die Show auch in Lahnstein wieder mit „Nessun dorma“!

Karten für das Konzert am Samstag, 6. September, um 20 Uhr in der Stadthalle Lahnstein gibt’s online unter www.eventim.de