In 90 Jahren hat der Wagner-Verband aus Koblenz mehr als 400 junge Stipendiaten zu den Bayreuther Festspielen entsandt
Opulenter Klang: Große Stimmen vereint zum Jubiläumskonzert des Richard-Wagner-Verbandes Koblenz
Die Besetzung der Gala: die Rheinische Philharmonie unter Leitung von Marcus Merkel (von links), es sangen Michael Kupfer-Radecky, Monica Mascus, Jongmin Lim, Annemarie Kremer, Tobias Haaks, Christiane Libor und Nico Wouterse.
Arek Glebocki

Koblenz. Phonstark machte der Richard-Wagner-Verband Koblenz auf seine Gründung vor 90 Jahren auf sich aufmerksam: Zum Galakonzert wurde ein üppiges Musikprogramm im Theater Koblenz serviert.

„O heilige Götter! Hehre Geschlechter!“ Kleiner geht es selten in den Musikdramen Richard Wagners, schon gar nicht in der „Götterdämmerung“, dem Schlussteil des „Ring des Nibelungen“. Wenn die Sängerin der Brünnhilde zu diesen Worten anhebt, weiß das Publikum: Die Sängerin hat in nächster Zukunft ein hohes C vor sich – und die Götter haben ihr Leben bald hinter sich, wenn rund vier Stunden das 15-Stunden-Werk endet.

Superlative, wohin man blickt – und diese prägten auch die Feiern zum 90-jährigen Bestehen des Richard-Wagner-Verbandes Koblenz, bei denen in der Wagner-Gala eben jene Prologszene der „Götterdämmerung“ nebst weiteren Ausschnitten zu erleben war.

Wenn man sich fragt, was ein Wagner-Verband wohl so treibt, fällt die Antwort für jeden der mehr als 125 Verbände weltweit unterschiedlich aus. Im Falle von Koblenz lautet die Antwort: Die Verbandsmitglieder treffen sich regelmäßig zum Austausch, unternehmen gemeinsam Theaterbesuche – vor allem aber fördern sie Nachwuchs: Mehr als 400 Stipendien hat der Koblenzer Verband in den 90 Jahren seines Bestehens vergeben können, resümiert Dr. Albin Lütke, seit 8 Jahren Vorsitzender, bei seiner Begrüßungsrede. Das Stipendium umfasst Tickets mehrerer Aufführungen in Bayreuth nebst Unkostenzuschuss – eine großartige Sache für junge Künstlerinnen und Künstler.

Ein eben solcher junger Künstler war dler Bariton Michael Kupfer-Radecky vor einem Vierteljahrhundert, als er sein erstes festes Engagement in Koblenz hatte und vom Wagner-Verband als Zuschauer nach Bayreuth geschickt wurde. Mittlerweile singt er dort selbst als Solist, hat eine große Karriere internationale Karriere gemacht – so schließt sich ein Kreis, wenn er jetzt zur Jubiläumsgala nach Koblenz zurückkehrt und dort mit dem „Fliedermonolog“ des Hans Sachs („Meistersinger“) und „Wotans Abschied“ aus der „Walküre“ Höhepunkte des Galaabends setzt. Kupfer-Radecky punktet nicht nur mit der Stimme, die bei Wagner über großes Volumen verfügen muss, um die Orchesterwogen zu überwinden, sondern berückend auch mit seiner sehr intensiven Ausdeutung des Textes, seiner zutiefst menschlichen Gestaltung, die aus den Rollen echte Charaktere macht – und das auch auf der Kurzstrecke solcher Galaausschnitte.

Dr. Albin Lütke (von links) mit neuen Ehrenmitgliedern des Wagnerverbands: Michael Kupfer-Radecky, Juliane Berg und Markus Dietze. Fotos: Arek Glebocki

Passend wird dem international gefragten Bariton auch die Ehrenmitgliedschaft des Koblenzer Verbands verliehen – und diese Würdigung erhalten auch zwei überraschte Empfänger an diesem Abend: einmal die stellvertretende Vorsitzende Juliane Berg, Sängerin und Musikpädagogin, die seit vielen Jahren aktiv mitarbeitet und sich vor allem auch um das Stipendienwesen verdient macht, und der Koblenzer Intendant Markus Dietze, der den Galaabend moderiert – außerdem in den zurückliegenden Jahren in Koblenz den „Fliegenden Holländer“, „Parsifal“ und „Lohengrin“ inszeniert hat und auf seinem Wagner-Konto aus frühen Karrierejahren auch fünf Sommer als Regieassistent im „Ring“ in Bayreuth verzeichnet.

Die jüngste von Dietzes Wagnererkundungen, „Parsifal“, war vor zweieinhalb Spielzeiten auch die Visitenkarten von Marcus Merkel als Dirigent am Koblenzer Theater. Zwei Jahre ist er nun dessen Chefdirigent – und so auch für die Gala zuständig. Im spielt dabei nicht in die Hände, dass die Rheinische Philharmonie im kleinen, historischen Koblenzer Theater aus Platzgründen vorn auf der Bühne platziert ist . Denn der so entstehende Klang ist sehr massiv für den vergleichsweise kleinen Raum, lässt für Details weniger Platz als erwünscht. Auch war das Programm des Abends sicherlich nicht überprobt – und konnte doch spätestens ab der „Götterdämmerung“ in großem Klangbogen fließen.

Aus dem Hausensemble brachten sich Bariton Nico Wouterse mit einem auch stimmlich wie gestalterisch beeindruckenden „Monolog des Holländers“ und Bass Jongmin Lim mit ebenfalls prachtvollem Stimmmaterial mit der Ansprache des Pogner („Meistersinger“) ein, die ebenfalls von der Koblenzer Bühne bestens bekannte Mezzosopranistin Monica Mascus zeigte in zwei der „Wesendonck-Lieder“ eine begeisternd ruhig und klar geführte Stimme und setzte mit Brangänes „Wachtrufen“ nach dem Liebesduett von Tristan und Isolde einen bewegenden Höhepunkt in dieser Szene. Das Liebespaar selbst wurde vom in Koblenz engagierten Tenor Tobias Haaks und der mit dramatisch geschärftem Aplomb singenden Annemarie Kremer gestaltet. Kremer hatte auch im folgenden „Liebestod“ der Isolde keinerlei Probleme, sich gegenüber dem Orchester zu behaupten.

Zur „Götterdämmerung“ ließ wiederum Tobias Haaks als Siegfried aufhorchen: Welch Glück für das Koblenzer Haus, einen Sänger mit einem solchen Potenzial im Ensemble zu wissen, der in der ausgehenden Spielzeit sowohl in einem Händel-Oratorium wie auch in der höllisch schweren Partie des Bacchus in „Ariadne auf Naxos“ bestehen konnte. Wie sich sein kerngesund klingender, jugendlich-dramatischer Tenor mit dem höhenfesten und durchschlagskräftigen Sopran von Christiane Libor (Brünnhilde) mischt – das ist der Stoff, aus dem Wagnerträume gewebt werden.

Weitere Informationen zum Richard-Wagner-Verband Koblenz online unter www.richard-wagner-verband-koblenz.de