Wie die Band Lake Cisco und pop rlp die Kulturszene in der Region unterstützen wollen
Musik für den Wiederaufbau: Wie Lake Cisco und pop rlp die Kulturszene im Ahrtal unterstützen
Lake Cisco um Frontsänger Florian Sczesny (2. von rechts)
Simon von der Gathen

Als im Juli 2021 die Flut über das Ahrtal hereinbrach, blieb von der Katastrophe auch die dortige Musikszene nicht verschont: Veranstaltungsorte, Clubs und Bühnen wurden beschädigt, Instrumente, Aufnahmen und technisches Equipment zerstört. Das Wasser traf somit auch die Kultur in der Region, zu deren Wiederaufbau nun ein neues Projekt der Ahrweiler Band Lake Cisco und des Kompetenzzentrums Popularmusik Rheinland-Pfalz (pop rlp) beitragen soll.

Lake Cisco um Frontsänger Florian Sczesny (2. von rechts)
Simon von der Gathen

Als „Marathonlauf, auf den man sich nicht richtig vorbereiten konnte“, beschreibt Lake-Cisco-Frontmann Florian Sczesny den Wiederaufbau, der seit zwei Jahren andauert – und wohl noch viele weitere in Anspruch nehmen wird. Wie seine Bandkollegen ist auch der 36-Jährige im Ahrtal aufgewachsen, hat dort Familie, ist nach wie vor eng verbunden mit vielen Künstlern aus jener Region, in der auch er seine ersten musikalischen Schritte wagte.

Das Ahrtal habe ihnen viel gegeben, erklärte die Band vor einigen Monaten in einem SWR-Beitrag, nun sei es an der Zeit, etwas zurückzugeben. „Der Wiederaufbau“, sagt Sczesny, „funktioniert zurzeit auf vielen Ebenen noch nicht so richtig – die kulturelle ist allerdings die, auf der wir am besten helfen können.“ Und zwar auf beeindruckende Weise: Die Erlöse aus dem Vorverkauf ihres aktuellen Albums „Bricks“ etwa investierten Lake Cisco vollständig in das nun geplante Projekt. „Die Einnahmen“, sagt Sczesny, „waren nicht hoch, aber es war genug Geld, um unser Vorhaben endlich an den Start zu bringen.“

Konzerte als Marketingfläche

Ein Vorhaben, das sich im Kern weniger an die Künstler richtet als vielmehr an Gastronomen und Veranstalter im Ahrtal. „Wir wollen vor allem auch kleinen Kulturstätten in der Region helfen, indem wir dort kostenlos Konzerte anbieten“, erklärt Sczesny, der hierfür gemeinsam mit pop rlp die Technik zur Verfügung stellt, zudem auch die Buchung der Bands übernimmt.

Das Ziel des Projekts sei, „wieder mehr Kundschaft zu generieren und den Veranstaltern zugleich eine Marketingfläche zu bieten“. Sprich solche Aufgabenfelder zu unterstützen, für die viele Gastronomen derzeit gar keine Kapazitäten hätten, denn: „Gerade kleinere Locations“, sagt Sczesny, „sind nach wie vor damit beschäftigt, den regulären Betrieb nach der Flut wieder in Gang zu bekommen, und wissen oft gar nicht, wie sie solche Kulturveranstaltungen realisieren sollen.“ Hilfe, das sei bei der Planung deutlich geworden, „benötigen die Gastronomen vor allem beim Booking“, so Sczesny – also bei der Akquise von Künstlern für potenzielle Auftritte.

Treten am 22. Juli in der Weinmanufaktur Dagernova in Dernau auf: Jens Gilles und Anny Ogrezeano.
Paul Hüttemann/Valentin Pellio

Weshalb Lake Cisco und pop rlp der Gastro- und Kulturszene im Ahrtal an eben dieser Stelle auch künftig unter die Arme greifen wollen, zunächst aber ist im Juli besagte Konzertreihe geplant, die der Singer-Songwriter Ijaz Ali am Freitag, 7. Juli, um 19.30 Uhr im Ahrweiler Weingut Körtgen eröffnet. Am Freitag, 21. Juli, tritt im Weingut Sonnenberg in Bad Neuenahr dann die Indieband Strangers and Friends auf; nur einen Tag später werden mit Jens Gilles und Anny Ogrezeano in der Weinmanufaktur Dagernova in Dernau zwei Künstler erwartet, die seit ihrer Teilnahme bei The Voice of Germany auch überregionale Bekanntheit genießen.

Den Abschluss der Reihe bestreiten wiederum Strangers and Friends, die in der Winzergenossenschaft Mayschoss Altenahr am 27. Juli gemeinsam mit dem Mainzer Singer-Songwriter Imaginary Friend auf der Bühne stehen. „Sollten die Konzerte gut angenommen werden“, sagt Sczesny, „ist auch eine zweite Serie im kommenden Frühjahr denkbar“; geplant sei zudem eine stärkere Vernetzung mit regionalen Akteuren wie der Ahrtal-Tourismus. Doch: „Zunächst einmal geht es uns darum, eine kulturelle Förderung zu etablieren und Aufmerksamkeit zu schaffen, im Idealfall auch andere zu inspirieren, sich ebenfalls am kulturellen Wiederaufbau zu beteiligen.“

Ein Instrument für die Seele

Dass dieser etwa jenem der zerstörten Infrastruktur im Ahrtal nachgelagert sein müsse, ist für Sczesny „gar keine Frage“, aber auch die Kultur in der Region müsse irgendwann wieder gestärkt, erste Schritte hierzu nun unternommen werden – selbstverständlich, „ohne dadurch Kraft aus wichtigeren Dingen zu nehmen“.

Keine ganz leichte Aufgabe also – und doch eine lohnende, wie der Sänger findet, schließlich hätten infolge der Ahrflut nicht nur Gebäude und Landstriche Schaden genommen, sondern auch die Seelen der Betroffenen. Die Kultur sei für ihn vor diesem Hintergrund auch „ein Instrument, mit dem ein Ausgleich und ein neues Miteinander unterstützt werden können“, sagt Sczesny – und liefert gleich noch einen weiteren Beweis für die uneigennützige, ja, demütige Haltung seiner Band: Warum Lake Cisco in der Konzertreihe nicht selbst auftreten, wollen wir wissen. „Weil die anderen Künstler mehr Menschen erreichen als wir“, antwortet der Sänger.

Weitere Infos zum Projekt und den einzelnen Konzerten auch online