Es dürfte den ein oder anderen schon überrascht haben, als das Koblenz Guitar Festival & Academy vor Kurzem bekannt gab, seine 33. Auflage nicht wie bislang üblich in Koblenz, sondern stattdessen einige Kilometer rheinabwärts in Neuwied und Bendorf auf die Gleise bringen zu wollen. Die altgediente Heimstätte, in der das Format vor 32 Jahren als kompaktes Pfingstseminar aus der Taufe gehoben wurde und sich fortan zum weltweit beachteten Szenetreff für klassische Gitarristen entwickelte, ist somit Geschichte. Anstelle von Rhein-Mosel-Halle und Kurfürstlichem Schloss steigt das Festival künftig auf dem Campus der Landesmusikakademie in Neuwied-Engers, gastieren die Saitenkünstler im Industriedenkmal Sayner Hütte.
Auf den ersten Blick – und nach mehr als drei Jahrzehnten Koblenz – tatsächlich eine gewöhnungsbedürftige Vorstellung, für Georg Schmitz als Mitinitiator des Festivals allerdings eine Entscheidung, „die sich bereits seit einiger Zeit abgezeichnet“ habe, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung betont, denn: „Das Koblenzer Schloss wird in den kommenden Jahren saniert, also war klar, dass wir eine vergleichbare Spielstätte mit geeigneter Akustik brauchen – und die haben wir in der Sayner Hütte mit Gieß- und Krupp’scher Halle gefunden.“
Vereint statt zerfasert
Für den Festivalleiter war der Umzug vor diesem Hintergrund ein logischer Schritt – und kein derart großer, wie er von außen vielleicht scheinen mag –, auch mit Blick auf den neuen Co-Standort Neuwied: „Zunächst einmal ist die dortige Landesmusikakademie ja genau für solche Veranstaltungen wie das Festival mit seinen Konzerten und Meisterkursen ausgerichtet“, erklärt er. „Und davon abgesehen haben wir dort auch schon in den vergangenen Jahren einen Großteil der Teilnehmer untergebracht, die dann jeweils mit dem Bus nach Koblenz und zurück transportiert werden mussten.“
Durch den Umzug falle dieser logistische Akt nun weg, ergänzt Schmitz, von der Akademie aus seien alle Spielorte fußläufig zu erreichen. Wodurch sich nicht zuletzt auch der „große Vorteil“ ergebe, „dass wir endlich wieder alle zusammen an einem Ort sein können, nachdem das Festival zuletzt ein bisschen auseinandergefasert ist“.

Bedauern? Wehmut? Sind in diesen Sätzen jedenfalls nicht vernehmbar. Für solcherlei Gefühlsregungen allerdings gibt es im Grunde auch gar keinen Anlass – schließlich bleibt das Festival seinen bewährten Traditionen auch am neuen Standort treu. „Uns war es wichtig“, sagt Schmitz, „dass wir die etablierten Strukturen und Abläufe beibehalten, dass wir unter der Woche zum Beispiel weiterhin jeweils um 17 Uhr kleinere Solorecitals anbieten, die nun in der hierfür perfekt geeigneten Kapelle des Heinrich-Hauses stattfinden, und abends um 20 Uhr dann die größeren Kammer- und Orchesterkonzerte in der Sayner Hütte.“
Der Vormittag wiederum ist vom Festivalauftakt am Sonntag, 1. Juni, bis zum darauffolgenden Freitag fast vollständig für die Teilnehmer der renommierten Koblenz Guitar Competition reserviert, die zum Abschluss der aktuellen Ausgabe am Pfingstmontag, 9. Juni, ab 14.30 Uhr den diesjährigen Sieger ermitteln – und zum Preisträgerkonzert um 19.30 Uhr in Schloss Engers auch noch einmal für die breite Öffentlichkeit musizieren.
Klangkunst für Ohren und Augen
Gleichfalls guter Brauch ist am anderen Ende der Festivalzeitachse natürlich auch das Prelude Concert am Sonntag, 1. Juni, um 18 Uhr, bei dem das Orchester der Hochschule für Musik in Mainz und Violoncellist Manuel Fischer-Dieskau in der Sayner Hütte unter anderem Werke von Beethoven und Dvořák zum Besten geben. Bereits eine Stunde zuvor wird ebendort zudem auch eine Ausstellung imposanter Klanginstallationen eröffnet, die die Studierenden der Abteilung Klangkunst-Komposition an der Mainzer Musikhochschule eigens für das Guitar Festival entworfen haben.
Anspruchsvolles für Ohren und Augen, das wird hier bereits deutlich, fährt das Festival also auch in diesem Jahr wieder in bemerkenswerter Fülle auf. Zwei Highlights unter vielen möchte Georg Schmitz dann aber doch noch einmal gesondert hervorheben: den Auftritt von Alvaro Pierri am Dienstag, 3. Juni, um 20 Uhr in der Sayner Hütte, bei dem der uruguayische Saitenvirtuose zunächst mit den Streichern des Oxalis Quartetts auf der Bühne steht, anschließend dann mit dem Kammerchor der Hochschule für Musik in Mainz und zum großen Finale noch einmal mit beiden Ensembles gemeinsam. Ein Konzert mit „außergewöhnlichen und sehr seltenen Besetzungen“, so der Festivalmacher, die unter anderem Musik von Mario Castelnuovo-Tedesco und Heitor Villa-Lobos zu Gehör bringen.

Ausdrücklich erwähnenswert ist laut Schmitz zudem auch das Doppelkonzert am Sonntag, 8. Juni, um 20 Uhr, bei dem mit dem polnischen Gitarristen Marcin Dylla zunächst ein „richtig, richtig Guter“ seines Fachs in der Krupp’schen Halle auftritt, ehe Landsmann Łukasz Kuropaczewski in der benachbarten Gießhalle gleich im Anschluss seine neue CD „Victoria“ vorstellt – und dabei in Begleitung von Maciej Frąckiewicz (Akkordeon) und Bartek Miller (Percussion) ebenfalls eine nicht ganz alltägliche Crossover-Mischung bereithält.
Wobei hochkarätige Künstler wie diese beim Guitar Festival bekanntlich nicht die Ausnahme sind, sondern vielmehr die Regel: Bei den zahlreichen Solokonzerten etwa spiele „die Crème de la Crème “ der klassischen Gitarrenszene, verweist Schmitz auch auf den Eigenanspruch der Reihe – und nennt in diesem Kontext exemplarisch noch den Auftritt der Spanierin Margarita Escarpa am Sonntag, 8. Juni, um 17 Uhr, die bei ihrer persönlichen Festivalpremiere in der Kapelle des Heinrich-Hauses in Neuwied Stücke von Manuel de Falla, Joaquin Rodrigo und Jean-Philippe Rameau präsentiert.

Für sein Lebenswerk geehrt wird bei Ausgabe 33 indes der schottische Gitarrist David Russell, seit vielen Jahren Stammgast beim Guitar Festival und als Grammy-Preisträger eine „große Nummer“, wie Schmitz es ausdrückt, die in der Sayner Hütte am Samstag, 7. Juni, um 20 Uhr zunächst noch selbst in die Saiten greift, um tags darauf, am Pfingstmontag um 11 Uhr, bei einem Festakt in Schloss Engers die verdiente Würdigung zu erfahren.
Die Auszeichnung genreprägender Größen – sie gehört zur Reihe gleichermaßen dazu wie die Diversifizierung des Programms jenseits der schwerpunktgebenden Konzerte. Weshalb die Studierenden nun auch am neuen Standort die gewohnt breite Palette an Workshops und Meisterkursen erwartet, die gut angenommene Vortragsreihe „Nachdenken über Musik“ zum Beispiel ebenfalls fortgeführt werden soll – am 4., 7. und 8. Juni jeweils um 9 Uhr in Schloss Engers.
Wenn Handwerkskunst hörbar wird
Und auch die weltweit angereisten Gitarrenbauer präsentieren in diesem Jahr rund ums Festival wieder ihre aufwendig gefertigten Instrumente. Meisterwerke der Handwerkskunst, die dann – und das ist neu – am Freitag, 6. Juni, um 14.30 Uhr auch gleich einem Praxistest unterzogen werden, wie Schmitz erklärt. „Im Gartensaal von Schloss Engers“, sagt er, „spielen Profis dieselben Stücke auf verschiedenen Gitarren, sodass die Zuhörer nachvollziehen können, wie sich der Klang der Instrumente je nach Bauart unterscheidet.“ Denn: Die Entwicklung neuer Gitarren sei überaus diffizil, das Ergebnis zugleich ein wesentlicher Faktor für die höchst facettenreiche Spielkunst. Deren volle Bandbreite sich beim Guitar Festival so gut nachvollziehen lässt wie an kaum einem anderen Ort auf der Welt.
Karten, weitere Infos und das vollständige Programm unter www.koblenzguitarfestival.de