KM 570 stellt Mitglieder vor
Frische Kunst von neuen Köpfen
Im Haus Metternich präsentieren die neuen Mitglieder des Kunstvereins Mittelrhein (KM) 570 derzeit ihre Arbeiten, darunter auch die abstrakt verfremdeten Kopfskulpturen Stefan Fischers und im Hintergrund dessen Pflanzenbilder.
Stefan Schalles. Stefan Fischer

Verfremdete Kopfskulpturen, gemalte Erinnerungen und ein Zelt voll (frierender) Wünsche: In Sachen künstlerische Vielfalt haben die neuen Mitglieder des KM 570 einiges zu bieten. Im Koblenzer Haus Metternich stellen sie ihre Arbeiten nun vor.

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Was neu ist, zeigt der eine gern – und der andere will es sehen. Das ist ein natürlicher Reflex menschlicher Neugier, dem in Koblenz derzeit auch der Kunstverein Mittelrhein (KM) 570 nachkommt. Der kreative Zusammenschluss aus dem Stadtteil Ehrenbreitstein ist seit 2022 um stolze 13 Mitglieder gewachsen – und stellt eben die nun anhand ausgewählter Arbeiten im Haus Metternich vor.

Nicht die erste Werkschau dieser Art und doch keine ganz gewöhnliche für den Verein, wie dessen Vorsitzender Uli Hoffelder erklärt, denn: „Wir haben zunächst mal den Anspruch, unsere Mitglieder an die Kunst heranzuführen, bestreiten unsere Ausstellungen aber im Normalfall mit eingeladenen Gästen von außerhalb.“ Wenngleich die Neuzugänge der interessierten Öffentlichkeit natürlich auch nicht vorenthalten werden sollen, und so bietet man ihnen beim KM 570 nun alle zwei, drei Jahre die große Bühne zum Auslegen ihrer kreativen Visitenkarten. Mit viel Raum für die einzelnen Positionen, wie Hoffelder betont, und „bewusst ohne Vorgabe eines bestimmten Themas, damit jeder sich so präsentieren kann, wie er möchte“.

Von konventionslos räumlich bis explosiv farblich

Wie facettenreich die Ergebnisse solch darstellerischer Freiheit ausfallen können, zeigt sich dabei recht gut in der Gegenüberstellung von Barbara Friebe und Stefan Fischer: hier die ausgeformte Faszination für den Kokon, den die Künstlerin konventionslos räumlich interpretiert und mit ihren fragilen Papierarbeiten in stetig wechselnder Gestalt fortentwickelt. Dort die Plastiken Stefan Fischers, der die Köpfe realer Menschen in unterschiedlichen Abstraktionsgraden verfremdet, sie teils gar miteinander verschmelzen lässt.

Beruhigend eindeutig wirken im Kontrast hierzu wiederum Fischers Pflanzenbilder, die der in Remagen wohnhafte Künstler dem heimischen Garten entlehnt und nun gleich hinter seinen Büsten ausstellt. Wobei die Malerei in dieser Werkschau ohnehin die große Mehrheit bildet, sich in nahezu allen erdenklichen Ausprägungen zeigt, mal in Form wild wuchernder Farbexplosionen, wie sie Thomas-Peter Rosinski auf der Leinwand zündet, dann wieder konkret landschaftlich bei Stefanie Knerr, die in ihren Acrylgemälden unter anderem Motive der Ettringer Lay oder isländischer Gletscher versammelt.

Mit den Lebensspuren einst belebter Orte, die heute verlassen sind, befasst sich Gerd Rödel in seinen Arbeiten.
Stefan Schalles. Gerd Rödel

Spannend sind daneben schließlich auch die Arbeiten Gerd Rödels, der sich zwischen Bahnschienen und Industriehallen immer wieder Orten zuwendet, die einst belebt waren und nun verlassen scheinen, der den Blick in die Vergangenheit richtet und dabei ein spürbares Maß an Nostalgie walten lässt. In seiner auf Pappe und Papier verewigten Kunst beschäftigt er sich „vor allem damit, wie wir mit Gebäuden oder Landschaften, mit unserer Geschichte umgehen, und was damit passiert, wenn sich niemand mehr darum kümmert“, erklärt der im ostthüringischen Altenburg lebende Maler – und verweist exemplarisch auf das Bild eines einst stattlichen Gehöfts nahe der Heimatstadt, das lange Zeit vernachlässigt worden sei und inzwischen einem Parkplatz für Baufahrzeuge habe weichen müssen.

Ein nachdenkliches Thema, wie es ganz ähnlich auch Stephanie Brühl aufgreift in ihrer „Der Wunsch friert“ betitelten Installation, in deren Zentrum zwei herabhängende Stoffbahnen die Form eines recht luftigen Zeltdachs andeuten. Die Arbeit, erklärt die Künstlerin, sei inspiriert durch das Drama „Wie man Wünsche beim Schwanz packt“, das einzige (und höchst surrealistische) Bühnenstück Pablo Picassos, in dem der Maler 1941 seinen Alltag im von der Wehrmacht besetzten Paris verarbeitet.

Stephanie Brühls Installation „Der Wunsch friert“
Stefan Schalles. Stephanie Brühl

Teils schräge Texte über ein Leben inmitten von Isolation, Zensur und der Sehnsucht nach Freiheit, dessen Grundton sich durch Brühls Installation schließlich auch problemlos in die krisengeplagte Gegenwart übertragen lässt: „Zwischen Besatzung, Hunger, Kälte und Ödnis“, nennt sie äußere Einflüsse, die rund um das Zelt auch auf Pappe verschriftlicht den Boden bedecken, „flackert der Wunsch nach Schutz – und verlischt.“

Die Ausstellung ist bis zum 1. Juni zu sehen, jeweils donnerstags bis sonntags von 1 6 bis 19 Uhr.