Komische Kunst
Die fabelhafte Welt des Michael Sowa
Es ist angerichtet: Zum 80. Geburtstag des Zeichners Michael Sowa zeigt das Caricatura-Museum Frankfurt eine opulente Werkschau, gezeigt wird auch sein berühmtes "Suppenschwein".
Michael Sowa

Michael Sowa ist für seine technisch virtuosen und oft im Stil alter Meister gemalten, witzigen Tiermotive bekannt – zum 80. Geburtstag widmet ihm das Caricatura-Museum in Frankfurt eine Werkschau. 

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Mit Schweinen fing alles an, mit einer Sau auf der Straße, mit Suppenschweinen und mit Zugschweinen, die auf Strommasten sitzen, ähnlich wie die Zugvögel. Längst gibt es in Michael Sowas Universum auch Elefanten, Gänse, Katzen, Hunde, Hasen und Hühner. Die Menschen jedoch treten eher selten auf. Weshalb? Der Maler kokettiert mit seinem Können und murmelt, dass ihm Menschen schnell zur Karikatur geraten und zudem Tiere weniger mit Bedeutung überfrachtet sind.

Aber da flunkert Michael Sowa, wie jetzt im Frankfurter Caricatura-Museum in einer großartigen Retrospektive von rund 300 Bildern zu sehen ist, ausgerichtet zum 80. Geburtstag am 1. Juli. Der Berliner gehört neben Rudi Hurzlmeier und Ernst Kahl zu den wichtigsten komischen Malern; das Trio war schon vor einem Jahrzehnt in Frankfurt zu sehen. Nun hat Sowa seine Einzelschau, parallel zeigt auch Hurzlmeier neue Werke.

Am 1. Juli 2025 kann Michael Sowa seinen 80. Geburtstag feiern: Der Berliner gehört neben Rudi Hurzlmeier und Ernst Kahl zu den wichtigsten deutschen komischen Malern.
Stefanie Gritz-Sowa. Stefanie Gritz-Sowaq

Michael Sowa wirft nicht schnell mit dem Zeichenstift eine Karikatur aufs Blatt. Er braucht Zeit und übermalt notfalls das Motiv, wenn er unzufrieden ist. Auf handwerkliche Perfektion legt er viel Wert, auf Sprechblasen verzichtet er. Seine großen oder kleinen Bilder zwischen Blödelei und Banalem, zwischen Kritik und Klischee sind eine wahre Augenweide.

Perfekt wie die alten Meister malt Sowa, aber komische oder absurde Szenen. Was macht etwa ein winziges und scheinbar trotziges Suppenschwein im Suppenteller? Der ist schon arg bekleckert, ebenso Tisch, Löffel und Serviette. Der Suppenesser ist geflüchtet oder traut sich nicht näher. Allein diese Varianten des skurrilen Motivs sind schon einen Museumsbesuch wert. Das gilt auch für „Köhlers Jungschwein“, das sich kurz mal erfrischen will und in einen Teich springt.

Gewöhnliches in skurriler Abwandlung findet man bei Michael Sowa etwa im Bild "Spaziergang mit Motte".
Michael Sowa

Nicht zu vergessen der abendliche Spaziergang einer feinen Dame, die ihre Motte wie einen Hund ausführt und an der Laterne peinlich berührt die Augen verschließt vor dem Geschäft ihres Lieblings. Sowas Menschen sind, vorsichtig ausgedrückt, alle ein wenig exzentrisch. „Fragile Idyllen“ heißt denn auch die Schau, da die beschaulich daherkommendenen Szenen bei genauerem Blick ins Groteske kippen.

Dabei lohnt sich durchaus ein Blick auf die Bildtitel, die vieles versprechen, aber nur wenig halten. Fast unheimlich mutet „Die Einladung“ an, denn die elf bereits am Tisch Versammelten blicken dem Betrachter nicht gerade freundlich entgegen – der Hund fletscht sowieso schon die Zähne. Nicht viel besser verläuft „Das Gespräch“ – ein Mann doziert abseits vom Sofa aus, der Vater wohl, während die Mutter am Tisch steht, herzhaft gähnt und etwas zu spät die Hand vor den Mund hält. Tochter und Sohn dösen bereits am Tisch vor sich hin.

Mit diesem Bild - und einer "Schweinelampe" - für den Film "Die fabelhafte Welt der Amélie" wurde Michael Sowa 2001 einem breiten Publikum europaweit bekannt.
Michael Sowa

Noch drastischer wirkt „Der Ausflug“ mit seltsamem Paar im kleinen Ruderboot auf offener See, deren Wogen immer höher und wilder schlagen. Dieser Ausflug nimmt wohl kein gutes Ende – aber der Maler ist ganz in seinem Element, nicht dem Wasser, sondern dem Himmel. Der Himmel umfasst zwei Drittel des Bildes – und diesen weiten Blick übers Meer oder Land liebt Sowa über alles. Dabei schrumpfen die Figuren zusammen, sie sind mehr Staffagefiguren für die Natur wie bei den Romantikern Caspar David Friedrich und Carl Spitzweg.

Doch Sowas Hang zum Unheimlichen stammt eher von den Surrealisten. „Lieber lesen!“ heißt ein Bild mit lesender Frau auf dem Sofa, während vor der offenen Terrassentür der Untergang tobt mit Sturm, Sintflut und Feuer. Immer mit der Ruhe, scheint Sowa sagen zu wollen mit den zwei Welten in einem Bild. Erstaunlich nur, dass seine Gemälde zusehends schrumpfen – „Die Einladung“ ist kleiner als ein DIN-A4-Blatt.

Geradezu populär wurden seine Bilder für den Film „Die fabelhafte Welt der Amélie“ von 2001, etwa der weiße Vogel mit Perlenkette um den Hals oder der Hund mit Halskrause. Am schönsten aber ist noch immer die „Schweinelampe“ mit aufrecht stehendem Schwein im Morgenmantel als Fuß einer Nachttischlampe. Vom Schwein kommt Sowa einfach nicht los.

Bis 9. November, mehr Infos online unter www.caricatura-museum.de