Die Kleinformate, die in dieser Form erstmals öffentlich präsentiert werden, „zeigen stets einen besonderen Blickwinkel auf eine Szene und eröffnen damit gleichzeitig auch ganz neue Perspektiven auf den Künstler selbst“, erklärt Antje Kraus, wissenschaftliche Mitarbeiterin im MRM. „In den Werken wird deutlich, wie Tadeusz die Atmosphäre in seinem Atelier, wo die Bilder entstanden, empfand, was er für darstellungswürdig hielt.“
Und das sind oft ganz alltägliche Dinge: Tische und Stühle schimmern in satten Farben von den Bildern, ein Flügel und Turnringe, dazwischen Aktmodelle, in der Bewegung eingefangen. „Tadeusz nimmt seine Motive aus der unmittelbaren Umgebung, löst sie immer wieder aus ihrem ursprünglichen Kontext, arrangiert sie dann neu und überführt sie ins Malerische“, erklärt Andrea Günther, wissenschaftliche Volontärin und Kuratorin der Schau. „Die verschiedenen Elemente im Bild behandelt Tadeusz dabei stets gleichwertig, bricht hierdurch die gängige Zentralperspektive auf und nimmt stattdessen – meist mithilfe einer Leiter – einen erhöhten Standpunkt ein.“
Charakteristisch sei weiterhin das Zusammenspiel zwischen Figuration und Abstraktion, der Versuch, Figürliches in Strukturen zu überführen. Ein Beispiel: Auf einer Aktmalerei – neben Interieurs und Stillleben eine der präferierten Darstellungsformen Tadeusz' – liegt eine Frau auf dem Bett und zieht die Strumpfhose von ihren Füßen aus mit seitlich gespreizten Armen auf Brusthöhe. Die geraden Farblinien von Stoff und Körper zeichnen dabei eine Raute, das Figürliche tritt in der Anordnung zurück, geht auf in der Struktur.
Und steht damit gleich in doppelter Verbindung zu Tadeusz' Düsseldorfer Atelier in der Himmelgeister Straße – im Übrigen auch Namengeber für den Titel der Schau –, in dem der Maler seine Werke fertigte, das er gleichzeitig jedoch auch wiederkehrend als Bildgegenstand in ebenjene integrierte. Etwa die von den Rahmen der Dachfenster geworfenen Schatten, die auf zahlreichen Bildern rasterförmig auf Boden und Wände fallen.
Tadeusz, sagt Günther, gehe es auch hier vor allem um Struktur, um die Gliederung seiner Motive. „Er arbeitet in seinen Darstellungen stetig mit Schatten und Spiegelungen, bindet diese in den Raum ein und erschafft auf diese Weise ganz neue, autonome Formen.“ Wobei gerade auch die Präzision in der Umsetzung bemerkenswert sei, wie Günther betont: „Man sieht in der unterschiedlichen Farbgebung, dass er sehr genau beobachtet hat, wie sich etwa einzelne Töne durch Licht oder Schatten verändern. Es ging ihm darum, das Gesehene, seine Inspiration mit den Mitteln der Malerei in ein Bild zu transformieren und dabei eine besondere Ausdruckskraft zu erreichen.“
Die Pionierleistung hinter diesem neuen figurativen Kunstbegriff hebt wiederum Antje Kraus hervor: Tadeusz, sagt sie, habe bereits in den 1960er-Jahren eine klare Gegenposition entworfen zur damals als modern geltenden gegenstandslosen Malerei, habe mit dieser Entwicklung gebrochen. „In einer Zeit, in der man der Konzeptkunst Vorrang gab und die klassische Malerei für auserzählt hielt, war das alles andere als eine Selbstverständlichkeit“, erklärt Kraus. Mit viel Energie habe Beuys-Meisterschüler Tadeusz die Experimente der Farbfeldmalerei jener Jahre aufgenommen und in eine expressive, gegenständliche Bildsprache überführt – die bis heute unverwechselbar sei.
„Tadeusz sah sich in seinem Werk in der Tradition der europäischen Malerei, orientierte sich vor allem an der italienischen Renaissance und lässt sich doch keiner Gruppe so recht zuordnen“, betont Kraus. Der Charakterisierte selbst soll es einst so ausgedrückt haben: „Ich bin kein Künstler, sondern Maler.“
Die Ausstellung öffnet am Mittwoch, 19. Mai, − oder sobald die Inzidenzzahlen es in der Folge zulassen − und ist bis zum 22. August zu sehen. Zum Internationalen Tag des Museums am 17. Mai wird zudem ein Kurzfilm zur Schau veröffentlicht. Dieser und weitere Infos finden sich online unter www.mittelrhein-museum.de