Nur die Treppe aus dem Haus ist neu, da der Brandschutz heutzutage einen zweiten Fluchtweg vorschreibt. Alles andere wirkt wie gehabt, abgesehen von den in frischem Weiß erstrahlenden Wänden. Aber dieser Eindruck täuscht, da vieles von der neuen Wärmetechnik nicht sichtbar ist, etwa die Fenster mit spezieller Sonnenschutzschicht oder die Dämmung der Außenwände. Das war nötig, da die offenen Treppenhäuser mit den angrenzenden Ausstellungsräumen oft zu starken Temperaturschwankungen im Sommer und Winter führten.
Ohnehin ist das Deutsche Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt nicht leicht zu bespielen, entkernte doch Oswald Mathias Ungers die 1912 erbaute Villa im Inneren und setzte ein Haus im Haus hinein, als Metapher für die Architektur. Die vergangenen dreieinhalb Jahre war das Museum wegen Sanierung geschlossen, für die Ausstellungen fand sich ein Ausweichquartier im Frankfurter Ostend. Nun öffnet es an diesem Sonntag, 1. Juni, von 11 bis 22 Uhr wieder und feiert sein Bestehen seit 1984 – damals der erste fertiggestellte Bau des Museumsufers. Wobei die aufwendige Sanierung f ür rund 13 Millionen Euro aus der geplanten runden Geburtstagsfeier inzwischen ein 41-Jahr-Jubiläum machte.
Schmal, der Fels in der Brandung
Bei der Eröffnung 1984 wurde das Museum bejubelt, aber sein Begründer Heinrich Klotz verlor rasch die Lust am grauen Museumsalltag und baute in Karlsruhe das Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) auf. Auch spätere Direktoren hatten viele Nebenjobs und waren eher an Fachpublikum interessiert. Erst Ingeborg Flagge, die vierte Direktorin, öffnete das Haus vom Jahr 2000 an für alle. Doch Flagge gab fünf Jahre später ihr Amt angesichts der schwierigen Finanzlage auf. 2006 übernahm dann Peter Cachola Schmal, der einst als Kurator ins Haus gekommen war. Bis heute leitet Schmal das Museum – er ist ein Fels in der Brandung der schnelllebigen Museumswelt.
Diese Kontinuität tut dem Haus gut, das inzwischen einen exzellenten Ruf beim breiten Publikum und bei Fachleuten hat. Denn Schmal stellt Themen vor, die alle betreffen: das Wohnen im Alter, das Leben auf dem Land, das nötige Grün in der Stadt, den Trend zu Hochhäusern und die Frage nach Abriss oder Umbau alter Häuser. Auch das weltweite Bauen ist ein großes Thema, da Schmal die Gastländer der Buchmesse dazu einlädt, ihre aktuelle Szene vorzustellen, von Island bis zu den Philippinen im kommenden Herbst. Und Frankfurter Themen wie die neue Altstadt oder den Umgang mit der Paulskirche aus Revolutionszeiten begleitete das DAM sehr kritisch.

Ein wenig stolz ist Peter Cachola Schmal auf den DAM-Preis, der seit 2007 jährlich verliehen wird. Längst gilt er als wichtigste Anerkennung für deutsche Architekturprojekte, von der Schule bis zum Museum, von der Bahnstation bis zum Büro, vom Reihenhaus bis zum Wolkenkratzer. Freilich darf kein Projekt älter als zwei Jahre sein, dafür sind alle Bautypen erlaubt. Dadurch ist die mit dem Wettbewerb verbundene Schau immer am Puls der Zeit, ob es um die Misere im Wohnungsbau oder um den Hype der Kulturtempel geht. Retrospektiven indes macht das DAM nur, „wenn sie relevant für die Gegenwart sind“, so Schmal. Viel lieber greift er in den Diskurs um das Bauen in der Gegenwart ein.
Dafür sind beim DAM-Preis oft viele junge Architekten vertreten. „Ich möchte gern jungen Büros nach ihrer Gründung helfen. Sie sind unsere Zukunft und sie haben es sehr schwer heute. Wir Älteren dominieren das Geschehen auf allen Ebenen der Gesellschaft. Das ist eigentlich unhistorisch“, sagt Schmal. Das drängendste Problem ist für ihn jedoch „der Klimawandel und die notwendigen Transformationen der Bauwirtschaft, denn ohne die Bewältigung dieser Probleme verlieren wir unsere Lebensgrundlagen. Das Bauen ist der Hauptverursacher der CO2-Emissionen, der schlimmste Sektor.“ Da ist es nicht verwunderlich, dass sich ab dem 14. Juni eine Ausstellung dem Bauen in Zeiten des Klimawandels widmet.
Platz für Sammlung fehlt
Folglich dürften dem DAM die brisanten Themen nicht so schnell ausgehen, auch wenn es bis heute um seine Finanzen kämpfen muss. Die Stadt übernimmt zwar die Festkosten, aber der Ausstellungsetat muss größtenteils selbst erwirtschaftet werden. Inzwischen werden viele Aktivitäten über Bundesmittel gefördert – das DAM entwickelt sich also zu einem „echten Deutschen Architekturmuseum“, so Schmal.
Ähnliche Museen in Berlin und München sind nicht vergleichbar, da sie an die Universitäten angegliedert sind. Ein Manko des DAM ist aber der fehlende Platz, um Nachlässe aufzunehmen. Seit rund 15 Jahren sammelt das Museum nur noch exemplarische Werke, da eine Erweiterung der städtischen Archive nicht in Sicht ist. Dass dies alle Frankfurter Museen betrifft, ist dabei kein rechter Trost.
Passend zur Wiedereröffnung starten im DAM auch die beiden Ausstellungen „41 Jahre – 41 Objekte“ (bis 15. Juni) und „Stadt für alle – Stadtplanung zum Anfassen“ (bis 7. September). Weitere Infos gibt es auch online unter www.dam-online.de