„Parsifal“ an Oper Frankfurt
Brezeln für die Ritter, Balsam für die Ohren
Ian Koziara als Parsifal und Jennifer Holloway als Kundry in einer Szene der "Parsifal"-Inszenierung an der Oper Frankfurt
Monika Rittershaus für die Oper Frankfurt

Bei Brigitte Fassbaenders „Parsifal“-Inszenierung an der Oper Frankfurt dürften Wagner-Traditionalisten auf ihre Kosten kommen, manche Besucher aber auch (berechtigte) Probleme haben. Zu begeistern weiß dabei vor allem die musikalische Seite.

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Die Ritter, die regelmäßig zur zeremoniellen Enthüllung des Grals zusammenkommen, müssen wir uns als Riege älterer Herren vorstellen. Den einen schmerzt es am Knie, der andere ist froh über die Gesellschaft, die ihm das Ritual bringt. Zu den unangenehmen Seiten dieser Herrenrunde gehört, dass sich einzelne über die Gegenwart eines Jungen freuen, der dort gegen seinen Willen hingeführt wird und sich am nackten Bein anfassen lassen muss.

Mit der Gralsszene im ersten Akt von Richard Wagners „Parsifal“, wie Brigitte Fassbaender sie auf die Bühne der Oper Frankfurt stellt, kann man, darf man als Zuschauer seine Probleme haben, weil arg unbedarft Homosexualität, Pädophilie und die eigentlich amüsante Parodie eines erstarrten Rituals nebeneinandergestellt werden: Am Ende bekommen alle Gralsritter Brezeln zu essen, während der greise Gründer Titurel (Alfred Reiter) nur noch im Takt der Musik zuckt.

Zu Beginn bleibt vieles Bebilderung

Immerhin versucht die ehemalige Sängerin und seit Jahrzehnten erfahrene Regisseurin, die in diesem Jahr ihren 86. Geburtstag feiert, gegen Ende des in Frankfurt kaum 100 Minuten dauernden und somit recht forschen ersten Aufzugs, der Gralsszene einen zaghaften Ansatz von Regieauslegung hinzuzufügen. Denn vieles ist bis dahin bloß Bebilderung. Ganz wörtlich ist das während des Orchestervorspiels zu verstehen, wenn Claude Monets impressionistische Sichten auf die gotische Kathedrale von Rouen auf den Vorhang projiziert werden.

Für musikalische Vitalität und eine wie entmaterialisierte Leichtigkeit sorgen da immerhin schon das Frankfurter Opern- und Museumsorchester und dessen junger Generalmusikdirektor Thomas Guggeis, der an der Staatsoper Berlin seit seiner Assistenz für Daniel Barenboim jung zum Wagner-Dirigenten herangereift ist. Ihm, aber auch einem klug zusammengestellten Solistenensemble ist der Erfolg dieser neuen Frankfurter „Parsifal“-Produktion zu verdanken.

Viel Statik, wenig Profil

Auf der Bühne dabei viel Dekor: Ausstatter Johannes Leiacker gibt im zweiten Aufzug den Blick in eine geheimnisvolle Grotte frei, samt grell leuchtender Entzauberung, wenn Parsifal Klingsors Macht bricht. Dessen Blumenmädchen erinnern an Bräute; der Gral schließlich wird, wo gibt es das sonst noch zu sehen, als riesenhaftes, dampfendes Gefäß enthüllt, den „Karfreitagszauber“ schmücken Blumen vor einem Friedhof.

Wagner-Traditionalisten mögen hier über weite Strecken auf ihre Kosten kommen und sich womöglich nicht einmal an der Regiezutat stören, dass in der finalen Gralsszene Amfortas und Kundry als erlöstes Paar von der Bühne eilen. Aufgenommen wird Fassbaenders Inszenierung, die über weite Strecken doch vor allem statisch bleibt und den Figuren wenig Profil gibt, eher reserviert.

Auch hauseigene Sänger überzeugen

Dagegen kennt der Jubel für die musikalische Seite keine Grenzen: Großartig, wie Guggeis und das Orchester die Musik trotz ihrer langsamen Tempi locker im Fluss halten, sie tatsächlich – und nicht nur zur Monet-Bebilderung – vorimpressionistisch schillern lassen. Großartig auch die von Gerhard Polifka einstudierten Chöre, in mächtigen Passagen nicht dröhnend, mit perfekt durchgearbeiteten Phrasierungen. Besonders gespannt war vielleicht mancher auf das Debüt von Nicholas Brownlee in der Rolle des Amfortas; der junge Bassbariton, im vergangenen Jahr erstmals in Bayreuth als Donner im „Rheingold“ zu hören, empfahl sich mit unangestrengter Tiefenschärfe.

Vielleicht noch etwas zu früh kam dagegen die Titelpartie für den US-amerikanischen Tenor Ian Koziara – ein auch vokal fast jungenhafter Parsifal. Als rezitativisch starker Erzähler überzeugte wiederum der Gurnemanz von Andreas Bauer Kanabas, mit nie zu exaltiertem Nachdruck die Sopranistin Jennifer Holloway als Kundry, mit treffend dämonischem Timbre der Klingsor von Iain MacNeil. Aller Respekt gilt schließlich dem hauseigenen Opernstudio für junge Sänger, aus dem fast alle kleineren Partien der Knappen, Gralsritter und Zaubermädchen rollendeckend besetzt werden konnten.

Weitere Infos, Termine und Karten unter www.oper-frankfurt.de