Kunstrasen-Saison eröffnet
Billy Idol: Rebell zwischen Nostalgie und Moderne
Lieferte zum Kunstrasen-Auftakt eine gelungene Mischung aus Generation-X-Songs, funkig angehauchten New-Wave-Hits und gefälligen Nummern jüngeren Datums: Billy Idol.
Thomas Kölsch

Auf dem Bonner Kunstrasen werden in den kommenden Wochen zahlreiche Stars erwartet. Einen Auftakt nach Maß lieferten nun Billy Idol und New Model Army, die eindrucksvoll bewiesen, dass bei ihnen im Alter weder Relevanz noch Qualität abgenommen haben.

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Ja, er tanzt immer noch, mit grell blondierten Haaren und Lederjacke, ein bisschen gealtert, aber noch immer so fit wie damals: Niemand geringerer als Billy Idol hat am Sonntag die Open-Air-Saison des Bonner Kunstrasens mit einem energiegeladenen, kraftvollen Auftritt eröffnet und damit für einen Auftakt nach Maß gesorgt. Zusammen mit New Model Army im Vorprogramm setzt er gleich zu Beginn den ersten Höhepunkt eines Musikspektakels, das größer werden dürfte als je zuvor. Und das mit Künstlern, die heutzutage noch genauso relevant sind wie vor 40 Jahren. Und genauso gut.

Tatsächlich ist von dem nahenden 70. Geburtstag Billly Idols nichts zu spüren. Der ewige Rebell, der sich frühzeitig seiner Lederkluft und seines T-Shirts entledigt und zwischenzeitlich mit freiem Oberkörper performt, klingt vielmehr immer noch so kantig und kernig wie in seinen Anfängen. Gut, so ganz nimmt man ihm den Punk nicht mehr ab, aber das liegt vielleicht nicht nur an seinem privaten Wandel weg von Sex, Drugs and Rock ’n‘ Roll, sondern auch daran, dass dreckig herausgerotzte Phrasen längst zum musikalischen Alltag gehören.

Gekonnter Balanceakt

Billy Idol beherrscht genau die allerdings ebenso meisterhaft wie mainstreamtauglich, etwa im Pop-Rock-Stil von „Dancing With Myself“, der neuesten Single-Auskopplung seines aktuellen Albums „Dream Into It“, mit der das Konzert beginnt und die zumindest live mühelos mit den größten Hits des Künstlers mithalten kann. Woran möglicherweise auch die rhythmische und harmonische Verwandtschaft zu „Rebel Yell“ nicht ganz unbeteiligt ist.

Ohnehin erweist sich das Programm als gekonnter Balanceakt zwischen Nostalgie und Moderne, zwischen Generation-X-Songs à la „Ready, Steady, Go“, funkig angehauchten New-Wave-Hits wie dem legendären „Flesh For Fantasy“ und gefälligen Nummern jüngeren Datums wie „People I Love“. Hervorzuheben ist auch das virtuose Spiel von Langzeitgitarrist Steve Stevens sowie das Duett „Love Don’t Live Here Anymore“, bei dem die überragende Backgroundsängerin Kitten Kuroi Billy Idol mit ganz viel Soul mühelos an die Wand singt.

Billy Idol, hier schon ohne T-Shirt, dessen er sich in Bonn recht schnell entledigt hatte.
Thomas Kölsch

Rund 6000 Besucher sind für Billy Idol auf den Kunstrasen gekommen und genießen das Konzert des Briten, bei dem alles stimmt. Na gut, fast alles. Enttäuschend ist, dass der ganze Zauber schon nach gut 90 Minuten vorbei ist, immerhin mit dem unverwüstlichen „White Wedding“ als Rausschmeißer. Damit hat Billy Idol nicht länger gespielt als New Model Army, die das Vorprogramm bestritten hatten.

Die Band um den Independant-Rock-Schamanen Justin Sullivan, der mit seiner rauen, hypnotischen und eindringlichen Stimme schon ebenso lange gegen soziale Missstände ansingt, wie Billy Idol auf Solopfaden wandelt, beweist einmal mehr, dass Rock auch Tiefgang haben kann, mitunter sogar haben muss. Das dräuende „Here Comes The War“ etwa, das aus aktuellem Anlass wieder im Repertoire ist, verlangt geradezu nach der Wucht unterdrückter Wut, während das folkige „Green And Grey“ mit melancholischem Blick die Landflucht der jungen Bevölkerung thematisiert.

New-Model-Army-Frontmann Justin Sullivan
Thomas Kölsch

So exzellent der Auftritt von New Model Army und Billy Idol auch ist, stellt er doch nur den Anfang einer ganzen Flut hochkarätiger Konzerte dar. In den kommenden Wochen werden unter anderem Lynyrd Synyrd (5. Juli), Massive Attack (7. Juli) sowie Fury in the Slaughterhouse (11. Juli) auf dem Kunstrasen erwartet. Im August stehen dann Namen wie Johannes Oerding (3. August), The Smashing Pumpkins (5. August) und Queens of the Stone Age (13. August) und zum Abschluss der diesjährigen Ausgabe Kasalla (23. August) auf dem Programm.

Weitere Infos, das vollständige Programm und Tickets unter www.kunstrasen-bonn.de