Seine kunstvoll verschachtelten Erzählformen und die beharrliche Befragung deutscher Wirklichkeiten haben die Stiftung Joseph Breitbach und die Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz überzeugt: Der Schriftsteller Frank Witzel wird in diesem Jahr mit dem Joseph-Breitbach-Preis ausgezeichnet. Die Verleihung ist für den 19. September im September in Koblenz geplant – der Stadt, in deren heutigen Stadtteil Ehrenbreitstein der Namensgeber des Preises, der Schriftsteller Joseph Breitbach, 1903 geboren wurde. Der Preis zählt mit 50.00 Euro zu den höchstdotieren literarischen Ehrungen im deutschsprachigen Raum.
Frank Witzel wurde 1955 in Wiesbaden geboren. Seit den 1970er-Jahren arbeitet er als Autor, Illustrator, Musiker und Radiomacher. Sein Werk umfasst Romane, Essays, Gedichte und Hörspiele. Einen breiteren Bekanntheitsgrad erreichte Witzel 2015 mit einem Roman, der schon mit seinem umfangreichen Titel auf sich aufmerksam gemacht hatte: „Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969“ (Verlag Matthes & Seitz). Das 800 Seiten starke Buch wurde mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet, es kombiniert autobiografische Elemente mit Reflexionen über Politik, Gesellschaft und Popkultur der Bundesrepublik in den späten 1960er- und frühen 1970er-Jahren.
Mehrfach ausgezeichneter Autor
Witzels Texte verbinden häufig literarische und essayistische Formen. Neben erzählerischen Werken hat er sich mit kulturtheoretischen und philosophischen Fragestellungen beschäftigt. In einem seiner jüngeren Essays, „Die Möglichkeit einer Micky Maus“ (Verbrecher Verlag), setzt er sich mit dem Thema Abschied auseinander – nicht nur als individuelles Erlebnis, sondern auch als kollektive Erfahrung. Für diesen Text wurde er 2024 mit einem Literaturpreis für gesellschaftlich relevante Gegenwartsliteratur ausgezeichnet, bereits 2021 wurde ihm der Erich-Fried-Preis verliehen, eine der wichtigsten literarischen Auszeichnungen Österreichs. Zudem ist der heute in Offenbach und Berlin lebende Schriftsteller seit 2022 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt.
Mit der Verleihung des Joseph-Breitbach-Preises wird Witzels kontinuierliches literarisches Arbeiten gewürdigt. Die Jury hebt besonders die formale Vielfalt und die inhaltliche Tiefe seines Werks hervor. Die Stiftung Joseph Breitbach und die Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz teilen dazu mit: „Mit detailversessener Erzähllust erkundet der Schriftsteller und Musiker Frank Witzel in seinen umfangreichen Romanen, Tagebüchern und Essays die Abgründe der frühen Bundesrepublik und bietet ebenso mitreißende wie originelle Erinnerungsrecherchen. Gegenstände wie Trockenshampoo-Dosen, Modelleisenbahnen, Fleckenentferner, Plattenspieler oder das Auto NSU Prinz entfalten ein Eigenleben und werden zu mitunter unheimlichen Gedächtnisträgern.“ Überhaupt ähnele Frank Witzel „häufig eher einem DJ, der Theorien scratcht und Geschichten sampelt. Das Schreiben hat bei ihm einen zwiespältigen Charakter, aber Selbstironie und Humor bilden ein Gegengewicht.“
Verleihung seit 2003 in Koblenz ausgerichtet
Der Joseph-Breitbach-Preis wurde seit 1998 jährlich verliehen – zuerst in den Räumen der Mainzer Akademie, seit 2003 wird die Verleihung in Koblenz ausgerichtet. Im vergangenen Jahr hatte dort die deutsch-französische Schriftstellerin und Übersetzerin Anne Weber die Auszeichnung entgegengenommen.
Informationen zur Breitbach-Stiftung und zum Preis online unter www.stiftung-joseph-breitbach.li