Chicago im Dezember 1946: Robert L. May wandert durch die verschneiten Straßen der US-Metropole – auf der Suche nach einem kleinen Café, das irgendjemand mit einem roten Herzen auf einem alten Stadtplan eingezeichnet hat. Er ist pleite, arbeitslos, verzweifelt. Montgomery Ward, jenes Kaufhaus, bei dem der Autor über Jahre beschäftigt war, weigert sich, die Rechte für das von ihm verfasste Weihnachtsbuch „Rudolph, the Red-Nosed Reindeer“ herauszugeben. Doch in dem kleinen Café ändert sich schließlich Mays gesamtes Leben: Er trifft dort auf seine große Liebe, die zu dieser Zeit allerdings noch mit seinem verhassten Chef Wilbur Norton in einer Affäre steckt.
Verkürzt gesprochen ist eben das die Handlung, auf der „The Rising of Rudolf, the Rednose“, die neue Adventskomödie des Schauspiels im Denkmal, aufsetzt. Eine romantisch-melancholische Geschichte über einen Autor, dem das Schicksal zunächst übel mitspielte, um ihm am Ende doch noch Gerechtigkeit zuteilwerden zu lassen – und über die Regisseur Axel Hinz im Gespräch mit unserer Zeitung sagt: „Ich war auf der Suche nach einem Thema, das die schwierige – und derzeit wieder hochaktuelle – Suche nach Normalität in oder nach Krisenzeiten behandelt, und bin dann auf die Geschichte von Robert L. May gestoßen.“
Es zeigt, dass und wie es weitergehen kann nach einer Krise, auch wenn es natürlich nicht einfach ist.
Axel Hinz über die Botschaft seines Stücks
Der Autor, erklärt Hinz, habe „Rudolph, the Red-Nosed Reindeer“ vor dem Zweiten Weltkrieg als Werbegeschenk für besagtes Kaufhaus geschrieben, woraufhin das Buch zunächst zum Renner avancierte, später dann infolge der kriegsbedingten Papierrationierung nicht mehr gedruckt – und schließlich zum Politikum wurde. „May“, sagt Hinz, „hatte 1946 bereits Anfragen von Verlagen und aus der Filmindustrie, bekam aber die Rechte für sein Buch nicht mit der Begründung, er habe es als Angestellter des Kaufhauses geschrieben.“ Doch: Er blieb hartnäckig, kämpfte lange Monate um sein Werk und wurde für seinen Einsatz 1947 schließlich belohnt.
Um diese tragische Biografie – May verlor vor dem Krieg zudem seine Frau und war alleinerziehend – baut Hinz in „The Rising of Rudolf, the Rednose“ nun eine komische Handlung, in der sich die Hauptfigur Robert zu Beginn in eine Absteige zurückzieht, um seinen Weltschmerz in Spirituosen zu ertränken. Kurz zuvor hat er erfahren, dass seine Kollegin Virginia, mit der er sich in einer Liebesbeziehung befindet, ein Plagiat seiner Weihnachtsgeschichte verfasst hat – auf Bestreben von Kaufhauschef Wilbur H. Norton.
Zwischen Komik und Tragödie
Da der seinen Coup jedoch bereits vor dem Scheitern sieht – die Kopie wandert nur schwerfällig über den Tresen –, sucht er nun nach den verschwundenen Druckplatten für das Original. Virginia wiederum will sich bei Robert entschuldigen, der Autor ihr und Norton noch einmal ordentlich die Meinung geigen. Die Ereignisse überschlagen sich, steuern auf die finale Eskalation zu, als sich die drei Protagonisten plötzlich mit gezückter Waffe gegenüberstehen – ehe die Handlung für Robert schließlich doch noch ein Happy End bereithält.
Für Regisseur Hinz war dabei von Beginn an wichtig, dass die Inszenierung – dargeboten in zwei Kasematten des Fort Konstantins, die eine Café, die andere Absteige – weder zu komisch noch zu ernst gerät. Er sagt: „In ,The Rising of Rudolf, the Rednose‘ ist durchaus Gesellschaftskritik zu finden, die allerdings komödiantisch verpackt wird: Robert ist am Ende, er sieht kein Lebensziel mehr, projiziert seine persönlichen Erlebnisse auf den moralischen Zustand der Welt, was so in dem Stück auch gezeigt wird, aber es soll eben nicht zu düster werden.“ Trotz Bühnenbild übrigens, das größtenteils in Schwarz und Weiß gehalten wurde – als Hommage an den Film Noir der 1940er- und 1950er-Jahre, wie Hinz erklärt.
Kultur als Gegengewicht
Grundsätzlich, erklärt der Regisseur, gehe es ihm in seinen Stücken darum zu unterhalten, zugleich aber auch eine Geschichte zu erzählen, „und das kann eine Komödie ebenso gut wie jede andere dramaturgische Gattung“. Denn: „Komödie bedeutet nicht, dass es nur ums Rumalbern geht“, versichert Hinz, der abschließend zudem noch einmal auf die Botschaft des Vierpersonenstücks zu sprechen kommt: „Wir leben inmitten von Pandemie, Inflation und Ukraine-Krieg in überaus schwierigen Zeiten“, sagt er, „weshalb es umso wichtiger ist, dass die Kultur als Gegengewicht auch weiterhin ihre Angebote aufrechterhält.“
Die Menschen, so Hinz weiter, sehnten sich danach, auch wieder etwas Schönes zu erleben, und das Stück könne in dieser Hinsicht durchaus als Anleitung verstanden werden, denn: „Es zeigt, dass und wie es weitergehen kann nach einer Krise, auch wenn es natürlich nicht einfach ist.“
Die Premiere steigt am Freitag, 2. Dezember, um 20 Uhr im Koblenzer Fort Konstantin. Weitere Vorführungstermine und Karten gibt's hier.