Mit seiner Debütsingle „El Mismo Sol“ landete Álvaro Soler 2015 gleich einen Welthit; exakt zehn Jahre später erscheint nun – nach längerer Pause – sein neues Album „El Camino“, ein stilistisch vielseitiges, sehr persönliches Resümee des bis hierhin zurückgelegten Weges, aus dem der Sänger erste Auszüge auch bei seinem Auftritt auf dem Koblenzer Kaiserfestival präsentieren wird. Vorfreude auf das Konzert Anfang September weckt der 34-Jährige dabei schon heute im Interview.
Herr Soler, Sie sind in Barcelona als Sohn einer spanisch-belgischen Mutter und eines deutschen Vaters aufgewachsen, dann mit der Familie nach Tokio gezogen, haben später in Berlin gelebt. Wie sehr prägt einen dieser internationale Hintergrund auch künstlerisch?
Er prägt einen enorm: zunächst einmal persönlich, später dann aber natürlich auch in der Musik. Wobei ich mit diesen verschiedenen kulturellen Einflüssen am Anfang eher noch ein bisschen zu kämpfen hatte. Ich bin relativ spät erwachsen geworden, war auch beim Sprechen ein Nachzügler, weil ich einfach so viele Sprachen in meinem Kopf hatte – durch meine Eltern, aber auch in meiner Umgebung. Ich weiß noch, dass für mich gerade die Zeit in Japan sehr schwierig war, weil man dazugehören will an einem Ort, der total fremd ist, als Teenager natürlich auch versucht, sich selbst zu finden, wodurch ich mich damals in einem Dilemma befand zwischen Fragen wie: Wer bin ich eigentlich und wo gehöre ich hin? Wie finde ich in der neuen Umgebung Anschluss?
Das sind alles Themen, die später auch in meine Musik Einzug gefunden haben. Gleich in meinem ersten Song „El Mismo Sol“ zum Beispiel geht es darum, wie man verschiedene Menschen unter derselben Sonne zusammenbringt. Ein Lied, das übrigens ebenfalls inspiriert ist durch meine Erfahrungen in Japan, wo ich auf der Schule mit Jugendlichen aus der ganzen Welt zusammen war und eine Band hatte, in der wir die neuen Mitschüler immer gleich gefragt haben, ob sie ein Instrument spielen und mal zur Probe kommen wollen. Dadurch war das Miteinander verschiedener Kulturen für mich eigentlich auch dort ganz normal. Die unterschiedlichen Einflüsse habe ich tatsächlich sogar umso schöner empfunden, nachdem es für mich anfangs noch schwierig war, damit umzugehen, und ich denke heute, dass es ein großes Glück ist, wenn man in dieser Hinsicht schon als Kind von seinen Eltern so viel mit auf den Weg bekommt.
Sie haben Ihre Debütsingle „El Mismo Sol“ bereits erwähnt, mit der Ihnen 2015 gleich ein weltweiter Erfolg gelungen ist, wobei der Song für den amerikanischen Markt schließlich sogar noch einmal neu aufgenommen wurde: mit Jennifer Lopez. Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit einem solchen Megastar damals erlebt?
Das war schon krass und für mich in gewisser Weise auch ein positiver Schockmoment. Weil man eben nicht vergessen darf, dass ich zuvor in einer Band war mit meinem Bruder als Sänger, während ich am Keyboard stand und unsere Songs geschrieben habe. Und plötzlich bist du selbst am Mikrofon, weil einer deiner Texte durch die Decke geht, performst neben Jennifer Lopez und fragst dich, was jetzt überhaupt noch kommen soll. Der Erfolg meiner Debütsingle war für mich damals natürlich ein großer Traum, aber zugleich auch eine Herausforderung. Weil ich extrem schüchtern war, gar nicht so recht wusste, wie ich mich auf der Bühne verhalten soll, wo ich meine Hände hin packe. Doch zum Glück war J.Lo sehr rücksichtsvoll, hat mir damals auch bei unseren beiden Liveauftritten in Miami und Las Vegas extrem geholfen. Wodurch es im Rückblick vor allem eine supercoole Erfahrung war, durch die ich unheimlich viel gelernt habe, und ich empfinde die Zusammenarbeit mit ihr auch heute noch als absolutes Privileg, weil nicht viele Menschen von sich behaupten können, dass sie mal mit einem solchen Star auf der Bühne standen.
„Auf meinem bislang letzten Album „Magia“ hatte ich super Songs, aber irgendwie auch das Gefühl, das passt nicht wirklich zusammen, ein Stück weit fehlt einfach die Geschichte.“
Álvaro Soler
Für den 10. Oktober ist nun Ihr neues Album „El Camino“ („Der Weg“) angekündigt, eine Platte, die exakt ein Jahrzehnt nach ihrer ersten Single erscheint und Ihre ganz persönliche Reise, Ihren eigenen Weg noch einmal Revue passieren lässt. Was bedeutet Ihnen dieses Album?
Für mich ist es zunächst mal eine Art musikalisches Fotoalbum, auf dem ich Momente aus meinen Leben sammeln und dadurch auch dokumentieren wollte, was bei mir gerade so passiert. Ich würde mir die Songs gern irgendwann anhören, mich zurückerinnern und denken: „Ach, das war eine schöne Zeit“ oder „Schau mal, das ist damals auch noch passiert.“ Wobei ich auf dem Album natürlich auch viele Erlebnisse aus der Vergangenheit verarbeite, teils Dinge, über die ich noch nicht gesprochen habe, einiges auch, das so ein bisschen hinter den Kulissen passiert, Backstage oder im Studio. In einem anderen Song geht es zum Beispiel auch um den Umgang mit den sozialen Netzwerken, weil Künstler heute eben nicht mehr nur Musik machen, sondern sich vieles auch auf solchen Plattformen abspielt, auf denen wir, glaube ich, eine große Verantwortung haben. Und schließlich beschäftige ich mich auf dem Album auch damit, wie sich mein Leben verändert hat, nachdem ich im vergangenen Jahr Papa geworden bin.
Über die Produktion haben Sie selbst gesagt, Sie hätten beim Schreiben der Songs Ihre Liebe zur Musik neu entdeckt. Inwiefern?
Es gab früher einfach oft Phasen, in denen ich fast nur noch unterwegs war und dazwischen gerade mal ein paar Tage Zeit hatte, um einen neuen Song zu schreiben, der dann bestenfalls in den Top Ten landen und von den Menschen geliebt werden sollte. Auf dem neuen Album hingegen wollte ich den Fokus weniger auf den Erfolg legen, sondern mehr darauf, dass ich selbst die Lieder am Ende zu 100 Prozent mag und mich gut mit ihnen fühle. Was nicht heißt, dass mir meine früheren Songs nicht gefallen hätten – auch die liebe ich. Doch diesmal habe ich mir gesagt: „Ich bin Álvaro Soler, und das ist cool, aber ich mag auch John Mayer oder Juanes.“ Ganz unterschiedliche Musikstile also, bei denen ich mir überlegt habe, wie es eigentlich klingt, wenn etwa John Mayer auf meinem Album mal einen Song auf Spanisch singen würde.
Das hat er dann schließlich auch getan – und genau hierauf spielt die Aussage an, dass ich die Liebe zur Musik neu entdeckt habe: Das Album „Continuum“ von John Mayer zum Beispiel ist eine meiner Lieblingsplatten, die ich in Japan damals rauf und runter gehört habe, daher wollte ich von diesem Sound, von dem Vibe auch etwas auf meinem neuen Album haben. Weil es einfach ein Teil von mir ist. Und manchmal ähnelt das Musikmachen eben auch ein bisschen dem Kochen, bei dem man sich ebenfalls schon mal Zutaten zusammensucht und anschließend schaut, was passiert, wenn man sie zusammenmischt. Nichts anderes ist letztlich auf dem neuen Album passiert.

Sie hatten also – das hört man aus den neuen Songs ja auch heraus – einfach Lust, sich auszuprobieren.
Absolut. Wissen Sie, auf meinem dritten und bislang letzten Album „Magia“ hatte ich super Songs, aber irgendwie auch das Gefühl, das passt nicht wirklich zusammen, ein Stück weit fehlt einfach die Geschichte. Und ich wusste damals schon, dass ich es besser kann. Daher habe ich in der Folge sehr viel experimentiert. Manche Songs wie „Muero“ oder „Oxígeno“, die seitdem veröffentlicht wurden, sind nun zum Beispiel gar nicht auf dem Album, weil es eben eine Art Testphase war, um zu schauen, wo ich hin will, wo die Grenzen sind. Nach einer Reise nach London habe ich dann den Song „Distancia“ geschrieben und wusste: Genau das ist es, das ist die Richtung, der ich folgen will auf meinem persönlichen Weg, und von da an war es eigentlich ganz einfach, das Album zu produzieren.
In Koblenz treten Sie nun beim Kaiserfestival gut einen Monat vor dem Albumrelease auf. Es wird also vermutlich schon einige Hörproben geben. Worauf dürfen sich die Konzertbesucher sonst noch einstellen?
Auf eine Megashow natürlich, für die wir die Band ein bisschen umstrukturiert und auch sonst ein paar neue Sachen reingebracht haben. Spielen werden wir dort neben älteren Songs natürlich auch solche von dem neuen Album, ziemlich viele sogar. Und ich bin tatsächlich schon sehr gespannt, wie das Publikum sie aufnehmen wird, freue mich aber vor allem auch, weil wir viel Energie auf der Bühne haben werden und den Leuten hoffentlich auch bei diesem Konzert wieder einen Grund geben können, mit einem Lächeln nach Hause zu gehen.
Kaiserfestival fährt zum Geburtstag groß auf
Das Kaiserfestival in Koblenz feiert in diesem Jahr seinen zehnten Geburtstag; der Veranstalter Neuwied Musik hat das Programm zu diesem Anlass noch mal um einen Tag erweitert. Los geht es am Deutschen Eck bereits am Mittwoch, 3. September, um 19 Uhr mit Álvaro Soler, der bei seinem Auftritt von Popsängerin Leonie („Brother Louie“, „Fire“) begleitet wird.
Am Donnerstag, 4. September, legt zwischen Rhein und Mosel dann um 19 Uhr zunächst der Berliner DJ Alle Farben („Bad Ideas“, „Fading“) auf, ehe einen Tag später an selber Stelle ab 19 Uhr Die Fantastischen Vier auf ihrer Deutschlandtour Station machen.
Der Samstag, 6. September, steht wiederum ganz im Zeichen der „Die 90er live“-Party, bei der ab 15 Uhr unter anderem Blümchen, Haddaway und Culture Beat auf der Bühne stehen. Den Festivalabschluss am Sonntag, 7. September, übernimmt indes ab 19 Uhr die Singer-Songwriterin Lea („Leiser“, „Zu dir“).
Weitere Infos zum Programm und Karten im Vorverkauf unter www.neuwied-musik.de