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Westerwald

Das Drama der kleinen Leute: Warum zwei Mecklenburger den Westerwald verlassen

Von Christian Kunst
Ende eines Traums: In Unkel im Kreis Neuwied haben Carola und Rainer Remke vor zwei Wochen das letzte Mal Softeis verkauft. Weil das Verbot der Sonntagsflohmärkte ihre Existenz zerstört hat, gehen sie jetzt zurück in ihre mecklenburgische Heimat.
Ende eines Traums: In Unkel im Kreis Neuwied haben Carola und Rainer Remke vor zwei Wochen das letzte Mal Softeis verkauft. Weil das Verbot der Sonntagsflohmärkte ihre Existenz zerstört hat, gehen sie jetzt zurück in ihre mecklenburgische Heimat. Foto: Sascha Ditscher

Wenn an diesem Samstag viele Menschen in Ost und West an den Mauerfall vor 30 Jahren erinnern, packen Carola und Rainer Remke ihre Koffer. Am Mittwoch verlassen sie Rheinland-Pfalz – den Ort, wo sie beide ein halbes Jahr nach dem Mauerfall eine neue Heimat gesucht, aber nie wirklich gefunden haben. Die beiden Mecklenburger gingen 1990 dorthin, wo die Arbeit war. Wie Millionen Ostdeutsche. Doch jetzt gibt es für sie hier keine Zukunft mehr. Also verlassen sie den Westerwald, wo sie fast 30 Jahre gelebt haben. Sie gehen zurück. Nicht in den Osten, sagen sie. In den Norden. Nach Mecklenburg. In die Heimat. Ihre Geschichte ist ein Drama der kleinen Leute.

Lesezeit: 8 Minuten
Güstrow, 1987: Carola Remke ist 23 Jahre alt, hochschwanger mit ihrem zweiten Kind. Sie ist in Not. Mit ihrem fünfjährigen Sohn und ihrem zweiten Ehemann wohnt sie in einer winzigen unsanierten Dachgeschosswohnung in der Güstrower Altstadt. Zwei Zimmer, Küche, Toilette. Die Familie wäscht sich mit dem Wasser aus einer Schüssel. ...
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Der rheinland-pfälzische Streit um die Sonntagsflohmärkte

Der Streit um die Sonntagsflohmärkte begann im Jahr 2009, als das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße einen Sonntagsflohmarkt in Bad Dürkheim verbot. Begründung: Die gewerbsmäßige Veranstaltung verstößt gegen das rheinland-pfälzische Feiertagsgesetz. Das damals noch SPD-geführte Wirtschaftsministerium machte das Urteil zur Basis eines Flohmarktverbots an normalen Sonntagen. Es gab Städten und Gemeinden vor, Sonntagsflohmärkte nur noch an verkaufsoffenen Sonntagen zu genehmigen.

Das Verwaltungsgericht Koblenz wies später die Klage eines Paares aus Bendorf gegen das Verbot ab. Laut dem Urteil sind Flohmärkte an Sonntagen sogar grundsätzlich unzulässig – ohne Ausnahme. Das Oberverwaltungsgericht Koblenz urteilte dann anders. Tenor: An Sonn- und Feiertagen darf in der Regel nicht gearbeitet werden. Märkte sind also unzulässig. Die Koblenzer Richter öffneten dem Gesetzgeber, also dem Land, aber ein Hintertürchen. Er müsse ein Konzept erarbeiten, aus dem klar hervorgehe, dass die Sonntagsruhe gewährleistet werde und gewerbliche Trödelmärkte nur Ausnahmen darstellen.

Im März 2014 verabschiedete der Landtag dann das neue Messen- und Märkte-Gesetz. Demnach können Gemeinden und Städte pro Jahr bis zu acht Marktsonntage festlegen. Eingeschlossen sind allerdings verkaufsoffene Sonntage, Messen, Ausstellungen und Spezialmärkte wie zum Beispiel Bauern- oder Antiquitätenmärkte. Unabhängig davon können Weihnachtsmärkte an allen Adventssonntagen offen haben. Auch gelegentliche Floh- und Trödelmärkte von privaten Anbietern ohne gewerbliche Betreiber sind nach wie vor möglich.