Rheinland-Pfalz

„Alles auf Null stellen“ – CDU Rheinland-Pfalz will den Neuanfang

Von dpa

Nach der Wahlniederlage wollen die Christdemokraten nach vorn schauen. Einer Analyse von Schwachstellen soll eine gründliche Modernisierung folgen. Die Partei will für Frauen und Jüngere attraktiver werden – „sonst sterben uns die Wähler*innen weg“.

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Nach der siebten Niederlage bei einer Landtagswahl in Rheinland-Pfalz will die CDU das Ergebnis gründlich untersuchen und Konsequenzen ziehen. Aus der bitteren Erfahrung des Wahlabends sollen gute Voraussetzungen für eine konstruktive Oppositionsarbeit im Landtag geschaffen werden. Darüber hinaus richten sich die Blicke auf die Bundestagswahl im September und den voraussichtlich danach stattfindenden Landesparteitag mit der Neuwahl des Vorstands.

Der im Wettbewerb mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) unterlegene Christian Baldauf hat das einstimmige Vertrauen bekommen für fünf weitere Jahre im Fraktionsvorsitz. Zusammen mit der Landesvorsitzenden Julia Klöckner gibt er den Takt vor, wie es jetzt weitergehen soll mit der CDU Rheinland-Pfalz.

Baldauf spricht von Transformation, von Erneuerung, von Modernisierung. „Wir wollen eine Zukunftswerkstatt entwerfen, in der wir uns programmatisch und strategisch erneuern.“ Fraktionsgeschäftsführer Martin Brandl bringt die Stimmung mit dem Satz auf den Punkt: „Ein Weiter-So wird es nicht geben, aber wir müssen zusammenhalten.“

„Nach dieser Wahlniederlage haben wir nichts mehr zu verlieren, müssen alles auf Null stellen und wieder neu aufbauen“, sagt die Abgeordnete Ellen Demuth, die in ihrem Wahlkreis Linz/Rengsdorf mit 40,4 Prozent der Stimmen direkt gewählt wurde. Weil sie sich für den Wahlkampf mehr Themenplakate wünschte, als vom Landesverband geliefert wurde, ließ sie fünf eigene Plakatmotive drucken. Die CDU habe insgesamt nicht ausreichend aufgezeigt, „wie wir Rheinland-Pfalz in der Zukunft sehen“, etwa in der Sicherung von Arbeitsplätzen und in der digitalen Transformation.

Im jetzt geplanten Erneuerungsprozess tritt Demuth dafür ein, gezielt um junge Menschen und Frauen zu werben – „sonst sterben uns irgendwann die Wähler*innen weg“. Wie soll das geschehen? „Parteiarbeit muss wesentlich attraktiver werden“, antwortet die Abgeordnete. Denkbar seien etwa mehr Projekt- und Gruppenarbeit auf Parteitagen, interaktive Formate, in die sich mehr Mitglieder als bisher einbringen könnten. Für eine solche Modernisierung müsse auch Expertise von außen in die Partei gebracht werden.

Die CDU-Abgeordnete tritt dafür ein, „Köpfe zu definieren“, die die jüngeren Zielgruppen und Frauen auch wirksam ansprechen könnten. Die sieben Frauen in der CDU-Fraktion mit 31 Mitgliedern müssten als Botschafterinnen in die Bevölkerung hineinwirken. Und die Junge Union müsse sich auch fragen, „inwieweit sie noch anschlussfähig ist für Fridays for Future und für Themen, die für junge Menschen relevant sind.“

„Das Wahlergebnis hat einem wirklich die Beine weggezogen“, sagt der CDU-Landtagsabgeordnete Johannes Zehfuß, der sein Direktmandat im vorderpfälzischen Wahlkreis Mutterstadt mit 34,5 Prozent der Stimmen verteidigen konnte, obwohl auch dort die SPD bei den Zweitstimmen stärker abschnitt als die CDU. „Jetzt baden wir die Niederlage gemeinsam aus.“ Zehfuß spricht von „einer schonungslosen Analyse von Schwachstellen und Stärken“. Das sei in kleinem Kreis besser machbar als in einer Runde mit 50 Teilnehmern. „Wir werden auf jeden Fall in der Fläche präsent bleiben und werden uns in den Arbeitsweisen der Geschäftsstellen verbessern.“

Neben den inhaltlichen Fragen, ob etwa die richtigen Themen gesetzt werden, hat sich die Partei in diesem Prozess vorgenommen, auch die organisatorischen Strukturen kritisch zu betrachten. Baldauf stellt etwa die Frage: „Schaffen es unsere Kreisgeschäftsstellen noch, richtig an die Leute zu kommen?“ In Parteikreisen wird auch von brach liegenden Ortsverbänden gesprochen, in denen die Mitglieder kaum noch aktiv sind.

Neue Impulse könnte die Bundestagswahl im September setzen. Die Landesvorsitzende und Bundesagrarministerin Klöckner kandidiert in Bad Kreuznach. Im Wahlkampf hat sie sich betont zurückgenommen, um Baldauf das Rampenlicht zu lassen. Die Frage des Landesvorsitzes aber ist noch nicht geklärt. In der Partei heißt es, dass Klöckner ihre Machtbasis im Landesverband brauche, um in Berlin eine wichtige Rolle zu spielen.

Auch Landrat Marlon Bröhr kandidiert für den Bundestag, im Wahlkreis Mosel/Rhein-Hunsrück. Nach seinem gescheiterten Anlauf zur Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl blickt Bröhr nach vorn: „Ich will am 26. September sagen können, dass ich für meinen Wahlkampf alles gegeben habe.“ Mit Blick auf den jetzt anstehenden Prozess im Landesverband rät Bröhr zu einem geduldigen Vorgehen: „Ein solches Wahlergebnis muss man reflektieren – aber man darf auch nicht versuchen, zu viele Stufen der Treppe gleichzeitig zu nehmen.“