Rheinland-Pfalz

Die AfD – zu weit rechts? Kurz vor Bundestagswahl treten zwei prominente Politiker aus der Partei aus

Von Michael Bauer
Der frühere AfD-Fraktionschef Uwe Junge
Der frühere AfD-Fraktionschef Uwe Junge Foto: dpa

In der rheinland-pfälzischen AfD gärt es gewaltig. Wenige Tage nach dem Parteiaustritt des langjährigen Vorsitzenden Uwe Junge hat nun auch der Landtagsabgeordnete Matthias Joa Partei und Fraktion verlassen. Sein Mandat will er behalten. Das bringt für die AfD nicht nur das Problem mit sich, dass sich damit die Zahl ihrer Fraktionsmitglieder von neun auf acht verringert.

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Zwei Abgänge, eine Meinung: Die AfD lasse es zu, dass der rechte Rand immer mehr Einfluss gewinne, erklärte der aus der Fraktion ausgetretene Landtagsabgeordnete Matthias Joa.
Zwei Abgänge, eine Meinung: Die AfD lasse es zu, dass der rechte Rand immer mehr Einfluss gewinne, erklärte der aus der Fraktion ausgetretene Landtagsabgeordnete Matthias Joa.
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Der Austritt und der abermalige Vorwurf, dass der rechte Rand in der Partei immer mehr an Einfluss gewinne, ist der AfD mitten in den Bundestagswahlkampf geplatzt.

Joa hat seinen Austritt unter anderem damit begründet, dass für ihn „als Konservativen und Demokraten“ Grenzen in der politischen Arbeit überschritten worden seien. Er verwies unter anderem auf die östlichen Landesverbände der Partei, „die offensichtlich kein Problem mit tatsächlichen Rechtsradikalen haben und diese nicht nur dulden, sondern diese bewusst integrieren“ wollten.

Doch auch der eigene Landesverband bekommt von Joa sein Fett weg: „Im AfD-Landesvorstand haben wir mittlerweile Personen sitzen, die definitiv nichts in einer demokratischen Partei zu suchen haben.“ Namentlich nannte er den Bundestagsabgeordneten Sebastian Münzenmaier und den parlamentarischen Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Damian Lohr.

Diese beide Namen tauchten auch in der Abrechnung Junges mit seiner ehemaligen Partei auf. Junge hatte Ende August seinen Austritt aus der Partei erklärt, deren Gesicht er in Rheinland-Pfalz viele Jahre lang war. Der ehemalige Bundeswehroffizier zog damit den Schlussstrich unter einen langen Prozess der Entfremdung, in dem wohl auch geplatzte Karriereträume eine Rolle spielen dürften, nachdem er Ende 2019 auf dem Bundesparteitag mit seiner Kandidatur zur Wahl in den Bundesvorstand gescheitert war.

In einem im Mai erschienenen Buch hatte Junge von einem „Machtkampf zwischen den bürgerlichen Kräften und den Rechtsaußen“ in der AfD gesprochen und dass es bei den Kandidatenaufstellungen im Landesverband zuletzt eher um „Gefolgschaft und Seilschaft, weniger um Eignung, Leistung und Befähigung“ gegangen sei. In der Mainzer Parteiführung sei rund um Münzenmaier und Lohr eine Gruppierung mit Nähe zu dem offiziell aufgelösten rechten „Flügel“ der Partei entstanden, schrieb Junge, der sich als Wortführer der konservativ-bürgerlichen Strömung in der AfD sah.

Zu diesem Zeitpunkt war es eigentlich schon klar, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, wie lange Junge noch bei der AfD bleiben würde. Hinzu kam, dass Junge kurze Zeit nach dem Erscheinen seines Buchs erneut für Wirbel gesorgt hatte, als er die Regenbogen-Kapitänsbinde des Torwarts der deutschen Fußballnationalmannschaft, Manuel Neuer, auf Twitter als „Schwuchtelbinde“ bezeichnet hatte. Später löschte er den Tweet und entschuldigte sich für den Begriff. Auch in der eigenen Partei hatte er damit scharfe Kritik auf sich gezogen.

In der rheinland-pfälzischen AfD schien man fast erleichtert, dass Junge seinerseits den Schlussstrich gezogen hat. Junge sei mit diesem Schritt „weiteren Parteiordnungsmaßnahmen zuvorgekommen“, erklärte der Landesvorstand. Zwar danke man ihm für seine Verdienste, „bedauert jedoch den politischen Irrweg, den Uwe Junge seit geraumer Zeit einschlug“.

Münzenmaier, der Spitzenkandidat der rheinland-pfälzischen AfD für die Bundestagswahl ist, und Lohr wollen sich zu der Kritik ihrer beiden ehemaligen Weggefährten nicht äußern. Und auch der Landesvorstand gibt sich schmallippig: In der kurzen offiziellen Erklärung zum Austritt Joas verurteilte die Parteiführung den Austritt „und die falschen und verleumderischen Aussagen“ des langjährigen AfD-Politikers und forderten ihn auf, sein Landtagsmandat zurückzugeben. Darüber hinaus will der Vorstand öffentlich nichts mehr zu der Sache sagen – wohl auch in der Hoffnung, dass sich der Wirbel bis zur Wahl am 26. September etwas gelegt hat und Wählerinnen und Wähler ohnehin nicht sonderlich an Personalquerelen interessiert sind.

In einem internen Schreiben an die Parteimitglieder sprach der Landesvorstand am Wochenende unter anderem von „massiven persönlichen Problemen“ und von Unzuverlässigkeiten Joas. Der konterte mit dem Vorwurf an den Landesvorstand, mit „Dreck und Halbwahrheiten“ um sich zu werfen.

Es wird spannend zu sehen, wie sich Joa und seine ehemaligen Fraktionskollegen demnächst im Landtag begegnen. Denn dieser lässt keinen Zweifel daran, dass er sein Mandat behalten will.

Für Partei- und Fraktionschef Michael Frisch wird es nun in erster Linie darum gehen, Ruhe in die eigenen Reihen zu bringen und eine ähnliche Entwicklung wie in der vergangenen Wahlperiode zu verhindern, in der die Zahl der ursprünglich gewählten 14 AfD-Abgeordneten auf elf zurückging. Frisch wird bemerkenswerterweise sowohl von Junge als auch von Joas von der Kritik ausgenommen. Joa äußerte aber Zweifel, ob sich Frisch gegen vorherrschende Kräfte in der Partei behaupten könne.

Frisch selbst sieht sich „keineswegs nur als bürgerliches Aushängeschild der AfD“. Er glaubt seinen Landesverband weiterhin mehrheitlich hinter sich. „Ich bin vor knapp zwei Jahren mit 75 Prozent Zustimmung zum Landesvorsitzenden gewählt worden, weil ich für einen realpolitischen Kurs stehe“, betont er. „Ich gehe davon aus, dass es dafür weiter eine Mehrheit in meiner Partei gibt.“ Er stehe im „bürgerlich-konservativen Lager“ der AfD und unterstütze daher auch seit Jahren den Kurs des Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen.