Für Julia Klöckner dürfte es ein schlimmer Abend gewesen sein: Nicht nur, dass ihre CDU in Rheinland-Pfalz enorme Stimmeneinbußen verzeichnen musste, sie verlor auch noch den Heimatwahlkreis gegen den SPD-Kontrahenten. Wie auf Bundesebene gab es keinen Amtsinhaberbonus – und das machte alles genau so spannend wie den Kampf um den Kanzlerschreibtisch in Berlin.
Den Riesenaufwand, den die Landesvorsitzende in den vergangenen Wochen getrieben hatte – mit all den prominenten Wahlunterstützern – fruchtete letztendlich nicht. Vielleicht waren es die Wähler am Ende auch müde, fast jeden Tag ein Bild der Kandidatin in der Zeitung zu sehen. Hinzu kam, dass es sich die Bundeslandwirtschaftsministerin in ihrer Amtszeit mit vielen Interessengruppen verscherzt hat, die auch bei der Wahl an der Nahe ein Gewicht haben: mit den Landwirten, den Tierschützern, den Naturschützern. Geschadet hat ihr sicher auch, dass sie sich in der Bundespartei entgegen des Willens der Basis für einen Kanzlerkandidaten Laschet ausgesprochen hatte. Die Kreisverbände an der Nahe wollten eigentlich Söder.
Am Ende muss man dieses erdrutschartige Ergebnis aus Wählersicht positiv sehen: Jetzt hat die Nahe zwei Vertreter in Berlin. Das ist besser als einer. Diese Überlegung hat wahrscheinlich zu weiteren Wählerwanderungen zur SPD geführt. Ja, ich weiß: Es sind eigentlich drei Abgeordnete. Aber Nicole Höchst (AfD) muss erst noch unter Beweis stellen, dass ihr Mandat im Bundestag auch für ihren Wahlkreis einen Mehrwert bringt. Bislang war das noch nicht der Fall.
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