Die katholische Kirche weiß sich dem Wort Jesu verpflichtet: „Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“ (Mt 19,6). Sie betrachtet grundsätzlich jede gültig geschlossene Ehe als unauflöslich, nicht nur die Ehe zwischen Christen. Eine zivile Ehescheidung kann das zwischen den Ehepartnern entstandene Eheband nicht lösen. Es bleibt bis zum Tod eines der Ehegatten bestehen.
Dessen ungeachtet wollen viele Geschiedene zu Lebzeiten des bisherigen Partners eine neue Ehe eingehen. Nicht selten wollen sie katholisch-kirchlich heiraten. Das ist aber nur möglich, wenn die erste Ehe kirchlich für ungültig (nichtig) erklärt worden ist. Dafür zuständig ist das Offizialat. Ein Ehenichtigkeitsverfahren beinhaltet mehrere Schritte.
1 In den meisten Fällen ist es ein Ehepartner, der eine Ehe für nichtig erklären möchte, um zumeist eine neue Ehe schließen zu können. Voraussetzung dafür ist, dass zumindest das Scheidungsverfahren eingereicht ist.
2 In einem Beratungsgespräch wird geprüft, ob die Klage, die Ehe für nichtig zu erklären, überhaupt möglich ist. Etwa 40 bis 50 solche Beratungen führt das Offizialat in Bistum pro Jahr durch. 25 bis 30 Fälle werden jährlich positiv beschieden.
3 Mit dem Antrag, die Ehe nichtig zu erklären, muss der Antragsteller zugleich Gründe dafür angeben. Außerdem hat er Zeugen dafür zu benennen, die seine Begründung bestätigen können.
4 Nun beginnt die Arbeit des Kirchengerichts. Die Parteien und Zeugen werden vernommen. Dabei wird weltweit zusammengearbeitet. Leben beispielsweise benannte Zeugen im Ausland, so wird um dortige Amtshilfe gebeten.
5 Wenn der Untersuchungsrichter alles Material zusammen hat, kündigt er den Aktenschluss an. Dann geht alles Material an einen sogenannten Ehebandverteidiger – der prüft, welche Gründe für einen Fortbestand der Ehe sprechen. Auch darüber erhalten beide Partner Einsicht.
6 Am Ende steht das Urteil, das entweder einstimmig oder mit 2:1 Stimmen ausgeht, da das Gericht von drei Personen gebildet wird. Daran können auch Laien mitwirken, allerdings müssen zwei der Diözesanrichter zwingend Kleriker sein.
Wenn keine Berufung eingelegt wird, ist das Urteil gültig und man kann erneut heiraten – außer, wenn ein Trauverbot ausgesprochen wird, beispielsweise wegen notorischer Untreue oder erwiesenere Heiratsschwindelei. „Das haben wir alles schon gehabt“, sagt Diözesanrichter Ralf Hufsky, „Die Seele des Menschen ist unergründlich…“
In der Regel dauert ein solches Kirchengerichtsverfahren zwischen neun Monaten und einem Jahr. Der Kläger zahlt dafür pauschal eine Gebühr von 200 Euro plus eventuelle Gutachterkosten. Diese können aber auch erlassen werden, wenn ein finanzieller Härtefall vorliegt.
bau