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Wie Schüler Politiker löchern: Vertreter von SPD, CDU und AfD wurden von Gymnasiasten kritisch befragt

Hendrik Hering, Jan Bollinger und Ralf Seekatz (von links) waren in Bad Marienberg am Gymnasium zu Gast.  Fotos: Röder-Moldenhauer
Hendrik Hering, Jan Bollinger und Ralf Seekatz (von links) waren in Bad Marienberg am Gymnasium zu Gast. Fotos: Röder-Moldenhauer Foto: Roeder-Moldenhau

Der 9. November wurde vom Land Rheinland-Pfalz zum Schulbesuchstag erklärt. Politikerteams waren im Evangelischen Gymnasium Bad Marienberg und im Mons-Tabor-Gymnasium Montabaur zu Gast.

Lesezeit: 3 Minuten
Der 9. November ist ein Schicksalstag in der Geschichte Deutschlands. Der Fall der Mauer im Jahr 1989, aber auch der Beginn der Novemberpogrome gegen jüdische Mitmenschen durch die Nazis 1938. Auf dieses Datum fallen freudige wie schreckliche Ereignisse, die als politische Wendepunkte der Geschichte Deutschlands und teilweise auch international angesehen ...
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Jamaika und neue Bildungsstandards interessieren Schüler des MTG

Montabaur. Im Mons-Tabor-Gymnasium in der Kreisstadt wurde der geschichtsträchtige 9. November zum Anlass genommen, Vertreter des Landtages einzuladen, um mit ihnen ins Gespräch über Politik zu kommen. Über den Pogrom von 1938 oder den Mauerfall fünf Jahrzehnte später wurde allerdings nicht debattiert. Stattdessen sahen sich Gabi Wieland (CDU), Tanja Machalet (SPD) und Thomas Roth (FDP) mit tagesaktuellen Themen wie den Jamaika-Sondierungen, Terrorbekämpfung und ganz besonders mit Fragen aus dem Bildungssektor konfrontiert.

Insbesondere die persönliche Einstellung der Gäste zu bundesweit einheitlichen Leistungsstandards und Ideen, wie man die hohe Zahl ausfallender Unterrichtsstunden senken könnte, interessierte die angehenden Abiturienten. Letzterer Punkt sei nicht hinnehmbar, stimmte Montabaurs Stadtbürgermeisterin Wieland zu. Darin bestehe parteiübergreifender Konsens. Zusätzliche Lehrerstellen seien unabdingbar, nicht zuletzt, weil die Schülerzahlen – gegen alle Prognosen – aktuell sogar wieder ansteigen würden. „Komplex“ nannte hingegen Tanja Machalet das Problem mit der Lehrerversorgung. Vor allem in den sogenannten MINT-Fächern fehlten junge Pädagogen, während andere Fächerkombinationen regelrecht überlaufen seien. „Wir müssen die Lehramtsstudenten motivieren, andere Fächer zu studieren“, schlussfolgerte die SPD-Politikerin. Dann könne es gelingen, die Ausfallstunden im Fachunterricht zu reduzieren.

Für ein deutschlandweit vergleichbares Bildungssystem sprach sich FDP-Mann Roth aus. „Wir konkurrieren nicht mit Baden-Württemberg oder dem Saarland, sondern mit der ganzen Welt, daher braucht es gemeinsame Standards, die dann an den jeweiligen Schulen autonom umgesetzt werden.“ Eine Position, die durchaus von denen der anderen Parteien abweicht. „Wir sind eigentlich ganz gut damit gefahren, dass nicht alles von der Politik aus Berlin gesteuert wird“, entgegnete Wieland, und auch Machalet befürwortete das vorherrschende Modell, das „einen produktiven Wettbewerb“ unter den Ländern erlaube. Einheitliche Prüfungen nehmen den Schulen, so ihre Auffassung, nötigen Spielraum bei der Vermittlung von Lehrinhalten.

Bei der Frage, ob es denn mit den aktuellen Sondierungsgesprächen zwischen CDU, Grünen und FDP klappen werde, bekannte sich Gabi Wieland gegenüber den Schülern als Fan einer möglichen Jamaika-Koalition: „Das könnte für Deutschland eine große Chance sein. In Sachen Ökologie ist es sicher gut, wenn die Grünen mit in die Regierung gehen“, ist sie überzeugt. Froh ist sie auch darüber, dass die SPD in die Opposition geht. Eine weitere große Koalition hätte die radikale Opposition vermutlich weiter gestärkt, so Wieland. „Eine starke SPD ist wichtig für die Demokratie.“

Die Schüler fühlten aber auch an Stellen nach, die Politikern zumeist nicht sehr angenehm sind: Auch die Diätenerhöhung, die sich die Landtagsabgeordneten im März mit großer Stimmenmehrheit begeben hatten, wurde zum Gesprächsgegenstand. Die Anhebung um knapp 1000 Euro habe Reizpotenzial, folge aber einer bestimmten Logik, erklärte Wieland: „Wir wollen, dass sich auch zukünftig fähige Menschen entscheiden, Politiker zu werden. Die Bezahlung wurde daher an das Niveau eines Verbandsgemeindebürgermeisters angepasst.“ Auch der Arbeitsaufwand von gut 55 Stunden in der Woche sei ähnlich hoch und rechtfertige die Entlohnung, ergänzte Roth. Er selbst habe die Erhöhung nicht abgelehnt, weil es aus seiner Sicht scheinheilig gewesen wäre, da der Beschluss sowieso eine breite Rückendeckung gehabt habe.

Ein zustimmendes Lachen kassierte Gabi Wieland für ihren pragmatischen Vorschlag, wie der Westerwaldkreis auf die neue Rechtslage im Umgang mit intersexuell geborenen Menschen reagieren könnte. Statt dass ab sofort drei Toilettentüren eingerichtet werden, sprach sie sich für das Modell „Westerwälder Kirmestoilette“ aus: Eine für alle. Alles andere sei rausgeworfenes Geld und habe dennoch nichts mit zusätzlicher Würde zu tun.

Von unserem Reporter Martin Boldt