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Oberwesel

Walter Karbach: „Lux war viel mehr als ein Mitläufer“

Dieses Porträt des deutschen Schriftstellers Hanns Maria Lux ist vermutlich um das Jahr 1960 entstanden. Foto: Archiv/Herbert Gauls
Dieses Porträt des deutschen Schriftstellers Hanns Maria Lux ist vermutlich um das Jahr 1960 entstanden. Foto: Archiv/Herbert Gauls

Mehr als ein Jahr lang hat der frühere Schulleiter, promovierte Germanist, Autor und Verleger Walter Karbach recherchiert, sich durch Archive und Akten gewühlt, bevor er im Herbst seine Lux-Biografie veröffentlicht hat. Und diese birgt reichlich Diskussionsstoff, lässt sie doch den Oberweseler Ehrenbürger und Träger des Bundesverdienstkreuzes Hanns Maria Lux, nach dem auch eine Straße in Koblenz benannt ist, mehr als 50 Jahre nach dessen Tod in keinem guten Licht dastehen.

Lesezeit: 6 Minuten
Herr Karbach, Sie haben mehr als ein Jahr lang über Hanns Maria Lux und seine Rolle in der Nazizeit und in der Nachkriegszeit recherchiert. Was hat Sie angetrieben? Ich stamme aus Oberwesel, und mein Vater kannte Lux, und er hat immer gesagt: Von dem kommt mir nichts ins Haus. Damit meinte ...
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Aus der Haft das Bild vom „tapferen Antifaschisten“ gezeichnet

Während seiner Recherchen zur Biografie „Hanns Maria Lux und die Nazis“ machte Autor Walter Karbach eine Entdeckung: Da der Mittelschullehrer Lux von 1931 bis zu seinem Tod in Koblenz-Pfaffendorf gelebt hat, verwahrt das Koblenzer Stadtarchiv sieben Kartons aus dessen Nachlass auf und weitere Archivalien, die seine ehemaligen Schüler vor Jahren hinterlegt hatten. Darunter befindet sich auch ein Brief, den Hanns Maria Lux aus seiner Haft in Vallendar an zwei seiner Schüler schrieb.

Zur Vorgeschichte dieses Briefs: Ein halbes Jahr nach Kriegsende nehmen die Mittelschulen im Herbst 1945 den Unterricht wieder auf. Die Mitglieder des NS-Lehrerbunds aber werden aus dem Unterricht entfernt. Hanns Maria Lux wird im April 1946 inhaftiert, beschreibt Karbach in seinem Buch. Lux war bei der französischen Militärregierung im Januar 1945 angezeigt worden, weil er wegen seines Saarliedes als Frankreich gegenüber feindlich gesinnt galt. Zuvor hatte Lux vergeblich versucht, seine Gefangennahme mit Leumundszeugnissen zu vermeiden, heißt es in der Biografie.

Ein bemerkenswerter Brief aus der Haft an einen Schüler

Aus seiner Haft in Vallendar schreibt Lux dann den „bemerkenswerten fünfseitigen handschriftlichen Brief“ an seinen ehemaligen Schüler Theo K. Autor Walter Karbach zitiert das Schriftstück in seinem Buch in voller Länge. Hanns Maria Lux legt darin seinem Schüler die Worte in den Mund, mit denen er sich für ihn einsetzen soll. Er schreibt unter anderem: „Wichtig ist dies: Erstens nicht allzu lang. Zweitens nur wesentliche Beispiele. Drittens einige markante Sätze (zum Beispiel: Bei diesem Lehrer allein konnten wir es sogar wagen, politische Witze zu erzählen', oder ,Er ist mit einer Freimütigkeit aufgetreten, dass wir Schüler oft genug für die Sicherheit dieses Lehrers bangten' oder ,Dass wir keine Nazis geworden sind, verdanken wir nicht zuletzt dem großen Einfluss dieses Mannes.'“

Und: „Eure Eingabe muss eine interessierende Überschrift tragen. Sie kann zum Beispiel lauten: ,Wir ehemaligen Schüler sprechen für unseren Lehrer Hanns Maria Lux' oder ,Wir ehemaligen Schüler wissen und bezeugen, dass unser Lehrer (eventuell auch: verehrter Lehrer) ein tapferer Antifaschist war' oder ,Unser Lehrer war ein tapferer Antifaschist.'“

Theo K. und ein Mitschüler, beide damals 20 Jahre alt, kümmern sich um die Eingabe. 1947 muss Lux sich in Koblenz vor einem Untersuchungsausschuss verantworten. Er nennt zwölf Zeugen plus drei weitere Stellungnahmen, muss seitenlange Fragebögen beantworten, in denen er aber unter anderem die Erzählung „Die blonde Chinesin“ verschweigt. Walter Karbach hat sich auch mit den Leumundszeugnissen beschäftigt, die in Hanns Maria Lux' Entnazifizierungsverfahren eine Rolle spielten. Darin wurde dem Pädagogen unter anderem bescheinigt, er sei niemals ein Nazi gewesen, habe als ganz entschiedener Feind der Partei gegolten, sich offen und mutig für einen Nazigegner eingesetzt, er sei, obschon Parteimitglied, ein scharfer Gegner der Nazis gewesen und habe die Methoden und Taten der Partei scharf verurteilt. Einem denunzierten Lehrerkollegen soll er sogar das KZ erspart haben, weil er sich für ihn einsetzte.

Wahrheitsgehalt der Leumundszeugnisse nicht überprüfbar

„Inwiefern und gegebenenfalls in welchem Maße all das in den Leumundszeugnissen Vorgetragene zutrifft und ob und inwieweit die Zeugen alle glaubwürdig sind, kann nicht mehr überprüft werden“, schreibt Walter Karbach dazu. Aber es stehe fest, wie die Kommission diese Angaben eingeschätzt habe. Dem Lehrer Lux wurden die Bezüge für drei Jahre um 20 Prozent gekürzt, er konnte weiter als Lehrer arbeiten. Ab dem Jahr 1947 ist er wieder als Mittelschullehrer an der St.-Castor-Schule in Koblenz tätig.

„Er hat es geschafft, bei der Entnazifizierung mit einer Gehaltskürzung davonzukommen und seine Lehrerstelle zu behalten, gemäß Adenauers späterem unseligen Satz: ,Man schüttet kein dreckiges Wasser aus, wenn man kein reines hat'“, kommentiert der Autor die Entscheidung der Kommission dann im letzten Kapitel. bed

  • Das Buch: Walter Karbach: „Hanns Maria Lux und die Nazis. Eine Erkundung.“ Verlag Josef Karbach Oberwesel Nachf., 18 Euro.
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