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Bad Neuenahr

70 Jahre Spielbank: Casino kämpft heute mit Konkurrenz aus dem Internet

Von Beate Au, Uli Adams
Die Glitzerwelt Spielbank bröckelt: Vom großen Glück beim Glücksspiel träumen immer noch viele. Nur dafür müssen sie nicht mehr unbedingt in die Spielbank fahren. Auch am heimischen Computer können heute die Einsätze getätigt werden.
Die Glitzerwelt Spielbank bröckelt: Vom großen Glück beim Glücksspiel träumen immer noch viele. Nur dafür müssen sie nicht mehr unbedingt in die Spielbank fahren. Auch am heimischen Computer können heute die Einsätze getätigt werden. Foto: Vollrath

Casino feiert sein 70-Jähriges Bestehen. Anekdoten, neue Aufgaben und Herausforderungen – die RZ hat mit dem Chef der Spielbank gesprochen.

Lesezeit: 3 Minuten
Hektik in den Katakomben des Kurhaussaales. Ein weißer Tiger irrt durch die schmalen Gänge. Er ist einer der Hauptakteure des „Tigerpalastes“, der 1998 zum 50-jährigen Bestehen der Spielbank Bad Neuenahr vor prominentem Publikum erwartet wird. Und dieser Tiger sorgt für ein Novum. „Denn jener Augusttag 1998 war der einzige in ...
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Seit 70 Jahren Glücksbringer

Die Spielbank feiert Jubiläum: 70 Jahre dreht sich jetzt schon die Roulettekugel in der Kur- und Badestadt. Es bedurfte im Jahr 1948 schon echten Unternehmergeistes und einer großen Portion Optimismus, ein solches Unternehmen überhaupt zu beginnen. Es wirkte sich unerwartet segensreich für den Neuaufbau des Kurbades nach dem Krieg aus. 50 Prozent des gesamten Steueraufkommens der Stadt kamen 1949 aus dem Kasino.

Am 25. August 1948 wurde durch die Landesregierung von Rheinland-Pfalz die erste deutsche Nachkriegsspielbank in Bad Neuenahr konzessioniert. Die Zeit nach dem Weltkrieg war schlecht, das Volk hungerte teilweise, und nur schwer kam das allgemeine Leben wieder in Gang. Die Hotels in der Kurstadt standen leer, und der Kurbetrieb war gleich Null.

In Rheinland-Pfalz herrschte Lebensmittelbewirtschaftung, der Verkehr zwischen den Besatzungszonen war durch Grenzübergänge in das benachbarte Nordrhein-Westfalen behindert. Zusätzlich war das Benzin rationiert. Wo sollten also die vielen Kunden einer Spielbank in Bad Neuenahr herkommen? Und wer sollte das hohe Investitionsrisiko tragen?

Bereits am 13. September 1948 begannen die umfangreichen Um- und Anbauarbeiten am Kurhaus. Es ging alles sehr schnell, denn schon am 15. Dezember 1948 wurde das erste Spiel begonnen – und die Mark rollte. Nach dem bestehenden Spielbankgesetz wurde die Abgabe der Steuer genau geregelt. Das Land zeigte sich großzügig und trat zugunsten der Stadt- und Kurverwaltung erhebliche Beträge ab, um den Wiederaufbau des völlig darniederliegenden Privatbades zu ermöglichen.

Für die Stadt ein gutes Geschäft, denn 1949 kamen rund 50 Prozent des Gesamtsteueraufkommens aus der Spielbankabgabe. Die gleichen Beträge erhielt die Aktiengesellschaft Bad Neuenahr.

1948 standen zur Eröffnung der Spielsäle 60 frühere Croupiers der Spielbank Zoppot zur Verfügung. Das Unternehmen expandierte, das Verlangen vieler Menschen nach etwas Erfolg, und wenn es nur am Spieltisch war, war gewaltig und wurde hier bestens bedient. Bereits 1949 mussten die Spielsäle erweitert werden. Das Kasino war eine einzige Erfolgsgeschichte, die dem Optimismus der Gründer recht gab.
Eine geänderte Abgabenregelung beteiligte zusätzlich ab 1953 auch die Kreise und den Bund direkt an den Erlösen, denn diese hatten bisher nur neidvoll zugeschaut. Zusätzlich bemühte sich die Spielbank nicht ganz uneigennützig, das kulturelle, sportliche und gesellschaftliche Leben in der Kurstadt zu fördern.

Die nahe Bundeshauptstadt Bonn erwies sich als große Hilfe bei der gesellschaftlichen Entwicklung. In den 50er-Jahren feierten die Bonner Journalisten mit der Polit- und Filmprominenz im Festsaal des Kurhauses die Bundespressebälle. Konzerte, Tanzturniere, Tagungen, Seminare, Fest- und Parteiveranstaltungen – all dies dokumentierte, dass Bad Neuenahr wieder da war. 1956 kamen erste Abteilungen der neu gegründeten Bundeswehr in die Kurstadt, die damit auch Garnisonsstadt wurde.

Zwar kam der alte Glanz der Kaiserzeit nicht zurück, und viele der inzwischen heruntergekommenen Grand-Hotels wurden einfach abgerissen. Lediglich das Kurhotel überlebte, doch ging es langsam wieder aufwärts. Es wurde investiert, neu gebaut, und langsam verschwanden die Wunden des Krieges. 1968 hatte die Spielbank bereits rund 270 Angestellte, deren gehobene Einkommensverhältnisse das Wirtschaftsleben der Stadt äußerst günstig beeinflussten.

1994 wurde der Eingangsbereich des Kasinos aufwendig neu gestaltet und erhielt dabei das Aussehen, das sich noch heute dem Besucher präsentiert. 1994 wurde auch die erste Frau an den Spieltischen als Croupiers eingesetzt. Heute ist jeder vierte Mitarbeiter der Spielbank eine Frau.

Doch die besten Zeiten scheinen für das Glücksspiel in der Spielbank Geschichte. Nicht nur in Bad Neuenahr. Mit der Einführung des Euro bekam das Geschäft in den Spielbanken einen ersten Knacks. Auch der Glückspielstaatsvertrag aus dem Jahr 2008, der bürokratische Hürden für die Spielbanken aufgebaut hat, ist dem Geschäft nicht zuträglich. Mittlerweile ist das Internet der größte Kontrahent der Spielbanken. Statt nach Bad Neuenahr ins Casino zu fahren, spielen vor allem junge Leute heute lieber am heimischen Computer und hoffen auf den großen Gewinn.

Historischer Rekordgewinn: Mehr als eine Million Euro
Einen der größten Gewinne in der Spielbank Bad Neuenahr gab es im Juni 2008. Die Rhein-Zeitung berichtete damals Folgendes darüber: Ein Geschäftsmann aus dem Rheinland hat in der Spielbank Bad Neuenahr mehr als eine Million Euro beim Roulette gewonnen. Das ist der höchste Einzelgewinn seit der Eröffnung im Jahr 1948. Der Mann, der immer mal wieder Gast in der Spielbank an der Ahr ist, habe am Wochenende eine „unglaubliche Glückssträhne“ gehabt, so die Spielbank. Mit Maximumeinsätzen an allen Roulettetischen gewann er immer wieder sechsstellige Beträge und kam über das gesamte Wochenende auf einen 
Millionengewinn. Auch die Croupiers konnten sich freuen: Der Gewinner gab „fürstliche“ Trinkgelder.

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