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In der Alten Kirche in Spay fassten Clas Scheele vom Büro RMP Lenzen und Andreas Runze von der Werbeagentur Runze und Cas- per den Sachstand noch einmal zusammen. Demnach kennen 93 Prozent der Deutschen den Begriff Bundesgartenschau, weshalb die Marke eine sehr hohe Werbewirksamkeit besitzt. Aber mit dem Qualitätssiegel ist gleichzeitig eine hohe Erwartungshaltung verbunden. Im Mittelpunkt steht die Präsentation von Blumen und Pflanzen, verbunden mit einem hohen „Wohlfühlfaktor“. Darin eingebettet, wird ein sehr ortsspezifisches Natur- und Kulturerlebnis erwartet – ein Erleben des Ortes beziehungsweise der Region, in der die Schau stattfindet, inklusive gastronomischer Highlights.
Lern- und Entwicklungsphase
Während in diesem Zusammenhang bei der Konzeption einer Buga innerhalb einer Stadt auf umfangreiche Erfahrungen bis in die 50er-Jahre zurückgegriffen werden kann, befinden sich regionale Schauen durchaus noch in der Lern- und Entwicklungsphase. Bislang dient lediglich die Buga 2015 in der Havelregion als Beispiel, die trotz des touristischen Aufstiegs der Region insgesamt aufgrund der Defizite im Veranstaltungsjahr auch negative Schlagzeilen gemacht hat.
Touristische Infrastruktur
Dennoch lassen sich aus den Erfahrungen an der Havel weitere Chancen ablesen. Beispielsweise steigt gegenüber der klassischen Buga die Anzahl der Mehrtagesbesuche. Während etwa in Koblenz der Anteil der Übernachtungsgäste bei 25 Prozent lag, waren es an der Havel 44 Prozent. Laut Andreas Runze liegt darin vielleicht einer der drei Gründe, warum es 2015 bei 1,05 Millionen statt der erwarteten 1,5 Millionen Gäste blieb: Es fehlte an der touristischen Infrastruktur mit den notwendigen Übernachtungskapazitäten. Das heißt, Gäste kamen nicht, weil die Region ausgebucht war. „Im Vergleich dazu hat das Mittelrheintal viel bessere Chancen, höhere Besucherzahlen zu erzielen“, ist sich Runze sicher.
Mobilität
Als zweiten Grund nennt Runze die mangelhafte Mobilität. Ein Thema, das auch bereits Gegenstand aller drei Bürgerworkshops und einer Expertenrunde für 2031 war. Aber auch hierbei ist der Mittelrhein von der Struktur her ungleich besser aufgestellt: Es gibt traditionelle Fahrgastschifffahrt sowie Fähren. Die beiden Bahnstrecken sind zwar von der Zugfrequenz her ausgelastet, nicht aber bei den Fahrgastzahlen. Außerhalb der Pendlerzeiten, wenn Buga-Gäste im Tal unterwegs wären, liegt die Auslastung der Personenzüge linksrheinisch bei 40 Prozent, rechtsrheinisch nur bei 20 Prozent. Mit dem Thema, wie das Tal durch Park-and-ride-Systeme vom Individualverkehr freigehalten werden kann, befasst sich die Machbarkeitsstudie bereits.
Marketing
Einen zu geringen Marketingetat bezeichnet Runze als dritten Mangel an der Havel: „Das Erleben einer Region bedarf einer umfangreicheren Vorbereitung als die Reise an einen einzelnen Ort.“ Das Prozedere müsse dem potenziellen Besucher auch intensiv vermittelt werden. Die Buga 2031 muss laut Runze in ihren drei saisonalen Abschnitten darauf abzielen, dass jede Ausstellungsfläche oder Attraktion ihr eigenes Profil hat, das eine Geschichte zum Standort erzählt. Aus allen Flächen zusammen entstehe dann ein Puzzle, das beim Besucher einen Gesamteindruck über das Obere Mittelrheintal hinterlässt.
Planer bitten Gemeinden um Infos
Je zwei potenzielle Flächen für dieses Buga-Puzzle können die Städte und Gemeinden im Welterbe in den kommenden Wochen über ein digitales Formular an das Büro RMP melden. Abgefragt werden dabei auch Dinge wie der touristische Erlebniswert, Einfriedungsmöglichkeiten und Eigentumsverhältnisse. Städte sowie Verbandsgemeinden erhalten die Infos und werden gebeten, diese an die Ortsgemeinden weiterzugeben. Eine Auswertung der Potenzialflächen wollen Clas Scheele und sein Team bis zur nächsten Versammlung des Zweckverbandes am 6. September vorstellen. Bis dahin gibt es unter anderem auch noch ein Gespräch mit Icomos zum Thema Welterbeverträglichkeit sowie eine Expertenrunde zum Thema Wassersport.
Von unserem Redakteur Andreas Jöckel