Cosimo Jankowitsch findet im Hessischen Staatsarchiv Wiesbaden, in Internetdatenbanken und im Archiv in Bad Arolsen Dokumente der gesamten Familie Hermann. Wie ein Puzzle setzt er die Informationen zu einem noch immer lückenhaften Bild zusammen. Doch Schritt für Schritt wird das Schicksal der jüdischen Familie greifbarer.
Ludwig Hermann wird am 27. November 1899 in Quirnbach geboren. Vater Max ist wie seine Vorfahren Viehhändler, Mutter Sophie stammt aus Frankfurt. Ludwig hat neun Geschwister, drei sterben kurz nach der Geburt. Er erlernt das Geschäft seines Vaters und wird Metzger. 1920 zieht er wegen seiner Verlobten Minni Walli Essalnek nach Wirges, am 21. Februar 1921 kommt Sohn Manfred Hans zur Welt.
1933 zieht Ludwig allein aus Wirges fort, sein Sohn ist 1935 in der Grenzstraße 6 gemeldet. Als Beruf gibt Manfred Hans im Melderegister Metzgerlehrling an. Im September 1935 werden Vater Ludwig und Onkel Lothar an der französischen Grenze festgenommen; wegen Devisenschmuggels wird ihnen der Prozess gemacht. Sie kommen frei, werden 1936 erneut verhaftet, nach Dachau verlegt – hier verliert Lothar durch Folter ein Augenlicht – und kommen im Mai 1936 wieder frei.
Derweil hat Vater Max in Quirnbach durch das Berufsverbot für Juden die Handelslizenz und damit die Lebensgrundlage verloren. Die Familie muss das Wohnhaus verkaufen. Laut Heimatforscher Uli Jungbluth ist der Westerwald 1942 „judenfrei“. 1933 lebten hier etwa 290 Juden. Ludwig und Lothar fliehen 1936 nach Holland. Lothar wandert nach Argentinien aus. Ludwig holt 1936 seinen Sohn Manfred Hans nach Holland nach, Minni folgt 1938.
Im selben Jahr wird Vater und Sohn die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt. Die Familie lebt in Amsterdam. Vermutlich fehlt ihnen das Geld für die Emigration. 1940 besetzt die Wehrmacht Holland, die Grenzen sind nun dicht. 1940 wird Manfred Hans festgenommen und bis 1944 mehrmals im Lager Westerbork bei Amsterdam interniert. Vater Ludwig wird 1944 verhaftet und nach Westerbork gebracht. Von hier wird er nach Theresienstadt und später nach Auschwitz deportiert.
Sein weiteres Schicksal ist unbekannt – als Todesdatum ist der 28. Februar 1945 vermerkt. Sohn Manfred Hans kommt 1944 nach Bergen-Belsen und später ins KZ Buchenwald. Hier stirbt er am 24. Februar 1945 an einer Blutvergiftung infolge erfrorener Füße. kür