Rennerod

Wie steht es um Oberlauf der Großen Nister? Ein Experte klärt auf

So sieht der Oberlauf der Großen Nister im Frühling aus.
So sieht der Oberlauf der Großen Nister im Frühling aus. Foto: Frank Steinmann

„Naturnahe Nister. Wunsch und Wirklichkeit“ lautete das Thema eines Vortrags, zu dem kürzlich die Naturschutzbund-Gruppe Rennerod und Umgebung eingeladen hatte. Referent war der Diplom-Geograf und Gewässerökologe Frank Steinmann.

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Der erste Teil seines Vortrags war auf Grundsätzliches gerichtet. Steinmann zeigte, wie es um den wenig beachteten Oberlauf der Großen Nister steht. Klimawandel, Abwässer und Überdüngung schädigen das Fließgewässer und seine Bewohner, die auf kaltes, klares Wasser und eine Bachsohle aus durchlässigem Kies angewiesen sind.

Steinmann berichtete auch von der drastischen Abnahme der Wassermenge seit den 1950er-Jahren bei zunehmenden Einleitungen und Abschlägen der Kläranlagen. Durch den Klimawandel kommt es vermehrt zu Starkregenereignissen, die immer wieder Mischwasserbecken zum Überlaufen bringen und mit Fäkalien und Hygieneartikeln überschwemmte Wiesen nach sich ziehen. „Die Mehrheit der Zuhörer fühlte sich betroffen: unsere Abwässer – ein ungelöstes Problem“, berichtet der Nabu Rennerod und Umgebung von der Veranstaltung.

Frank Steinmann habe das Publikum anhand von Bildern entlang des Oberlaufs der Großen Nister geführt: „Der neu ausgebaute Quellbereich hat wenig Natürliches. Die kurz darunter begonnenen Renaturierungen mit dem Entfernen der Betonrinne lassen auf eine bessere Zukunft hoffen. Grundsätzlich aber ist der Lebensraum Bach mit der Forelle als bekanntester Fischart von sommerlicher Austrocknung bedroht, und so spielt die Beschattung durch Weiden und Erlen an seinen Ufern eine ganz wesentliche Rolle. Schwarzerlen sind nicht nur für die Beschattung und als Biotop für Vögel und Fledermäuse wichtig. Ihre Wurzeln bilden auch einen bachbegleitenden Lebensraum, der für Krebstiere und Jungfische essenziell ist.„

Steinmann weiter: “Jedoch wurde die Nister am Oberlauf in Bereichen mit geringerem Gefälle schon vor Jahrhunderten begradigt und der umgebende Auwald zugunsten von Wiesen und Weiden, die oft direkt bis an das Fließgewässer heranreichen, gerodet. Dadurch erodiert das Fließgewässer in die Tiefe und verliert den Kontakt zum Umland. Der natürliche Bachlauf wird auch von kleinen Wasserkraftwerken zerschnitten. Für eine ,effiziente' Stromerzeugung liegt die Nister auf mehreren Hundert Metern vom späten Frühjahr bis in den Herbst hinein komplett trocken. Dadurch wird die Dynamik des Baches empfindlich gestört und die laut Europarecht vorgeschriebene Durchgängigkeit von Fließgewässern unterminiert.“

Der neu ausgebaute Quellbereich hat wenig Natürliches.

Das konstatiert Frank Steinmann.

Der Referent hat bekräftigt, dass ein guter ökologischer Zustand und der Erhalt der Biodiversität nur mit zeitgemäßen Konzepten und einer guten interdisziplinären Zusammenarbeit möglich seien, um sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen. „Wir vom Nabu meinen, es ist machbar, mehr Schatten spendende Gehölze und Auwaldstrukturen an den Oberlauf der Nister zu bringen“, heißt es im Veranstaltungsbericht weiter.

„Als Ausgleich für die Landwirte könnten Randstreifen abgestorbener Fichtenforste in Grünland umgewandelt werden. Wir wollen, dass artenreiche Wiesen und Weiden mit einer besonderen Insekten- und Vogelwelt weiterhin engagiert geschützt werden. Auwaldstrukturen am Bach müssen dem nicht entgegenstehen, denn sie helfen, Wasser als lebenswichtiges Element auch für die Wiese länger zu halten.“

Der Nabu schlägt vor, dass Betreiber von Kläranlagen deren Möglichkeiten und Grenzen den Bürgern erklären und Verbesserungskonzepte vorstellen. Man will auch um freiwillige Unterstützung – zum Beispiel durch ein „Projekt Nisterpaten“ – werben. Abwassergebühren allgemein weiter zu erhöhen, sei in Zeiten stark gestiegener Energiekosten, die Bürger und Familien mit kleineren Einkommen außerordentlich belasten, nicht zumutbar. red

Wer Interesse an einer Nister-Patenschaft oder einem anderen Engagement für die Nister und ihre Nebenflüsse haben, kann sich an Frank Ebendorff, Telefon 0160/951.118 60, oder Ludwig Schürg, Telefon 02661/7533, wenden.