Westerwaldkreis/Region

Welle der Solidarität: Wäller helfen Flutopfern mit vereinten Kräften und unterschiedlichen Aktionen

Von Stephanie Kühr, Katrin Maue-Klaeser
Die Feuerwehr Wirges hat am Wochenende bei einer Spendenaktion 121 Paletten mit Hilfsgütern für die Region gesammelt.
Die Feuerwehr Wirges hat am Wochenende bei einer Spendenaktion 121 Paletten mit Hilfsgütern für die Region gesammelt. Foto: Hans-Peter Metternich

Nach der Flutkatastrophe im Ahrtal und in Nordrhein-Westfalen ist die Hilfsbereitschaft der Menschen im Land riesig. Eine Region steht zusammen: Auch im Westerwaldkreis sind zahlreiche Hilfs- und Spendenaktionen von Feuerwehren, Kommunen, Wohlfahrtsverbänden, Vereinen, Unternehmen, Freundeskreisen und Privatleuten angelaufen – große wie kleine. Nach wie vor sind Wehren, THW, Deutsches Rotes Kreuz, Polizei und Bundeswehr vor Ort im Einsatz. Wir stellen einige Beispiele vor.

Lesezeit: 4 Minuten

1 Die Helfer sind immer noch im Katastrophengebiet im Einsatz. So sind seit Beginn der Katastrophe auch Rettungskräfte aller Feuerwehren der Verbandsgemeinde Wirges in Dernau im Einsatz. Das Weindorf an der Mittelahr ist zu mehr als 90 Prozent zerstört, bis Samstag wurden hier 13 Tote gezählt. „Die Bilder aus Dernau sind erschreckend. Die Straßen, die Eisenbahnschienen, die Häuser, alles kaputt. In der ersten Nacht kamen uns die Menschen auf der Flucht vor den Fluten im Nachthemd und barfuß entgegen“, schildert Patric Pignotti, Wehrführer der Stadt Wirges.

„In dieser Nacht haben wir fünf Tote bergen müssen. Das sind Bilder, die man nie vergisst“, sagt er. Die Retter müssen viel verkraften. „Wenn es geht, lassen wir die Jüngeren bei solchen Bergungsaktionen außen vor und setzen erfahrene Wehrleute ein. Wir sprechen sehr viel über die Ereignisse, um das zu verarbeiten“, meint er. Die Wirgeser Wehren sind auch weiterhin im Schichtdienst in Dernau im Einsatz: Der Einsatzleitwagen und das Wirgeser Mehrzweckfahrzeug sind mit zehn Wehrleuten aus allen Wehren der VG besetzt.

„Aktuell ist unsere Hauptaufgabe, das Wasser aus den Kellern zu pumpen“, erklärt der Wehrführer. „Die Menschen sind so dankbar. Viele, die wir nachts von Balkonen gerettet haben, erkennen uns wieder und umarmen uns. Das ist ein schönes Gefühl“, sagt er.

Derweil hat der Baumbacher Freundeskreis „Grauert“ 600 Brötchen für die Dernauer geschmiert und Hilfsgüter gespendet.
Derweil hat der Baumbacher Freundeskreis „Grauert“ 600 Brötchen für die Dernauer geschmiert und Hilfsgüter gespendet.
Foto: privat

2 Im Westerwaldkreis ist das Engagement groß – im Großen wie im Kleinen. Geradezu übermannt ist Michael Merz, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Ransbach-Baumbach, von der enormen Hilfsbereitschaft der Bürger, Firmen und Kontakte aus dem weitem Umkreis. Zwar waren es zunächst hauptsächlich Kleidung und Haushaltsartikel, die an der Stadthalle abgegeben wurden – doch auch Maschinen, Geräte, Baufahrzeuge, Helfer und Wasser haben die Menschen und Betriebe aus Ransbach-Baumbach sowie Unternehmen aus Bayern und sogar aus Straßburg auf den Weg geschickt, wie Merz berichtet, während im Minutentakt sein Telefon schellt mit weiteren Hilfszusagen.

„Wenn Menschen in Not sind, ist es wichtig, etwas zu tun, bevor man redet“, sagt der Bürgermeister, der sich mit den Beigeordneten Berthold Steudter und Wolfgang Zirfas kurzschloss, die sofort an seiner Seite standen. Da Unterstützung auch aus größerem Umkreis kam, hat das Organisationsteam den Namen „Kannenbäckerland-Augst“ gewählt. Viele Hilfsgüter, die noch nicht geliefert werden können, sind aktuell in der Tiefgarage der Stadthalle zwischengelagert.

Die dringlichsten Sorgen können gelindert werden: „Wir bringen Kerzen und Solar-Bauleuchten, Gummistiefel und Einweghandschuhe – und natürlich Wasser“, so Merz. „Hier kann man ein Miteinander erleben, bedingungslose Hilfe“, sagt er. In die Koordination ist das Stadthallen-Team um Hausmeister Mario Nave und die Leiterin des Stadthallenbüros, Sabine Hilbrecht, eingebunden.

Derweil hat der Verein „Wäller Helfen“ binnen drei Tagen mehr als 70.000 Euro für die Hochwasserhilfe in den Krisengebieten gesammelt, berichtet der Vorsitzende Björn Flick. Mit Unterstützung lokaler Unternehmen seien zwei Hilfstransporte mit Lebensmitteln für 300 Mittagessen, Brot und Backwaren sowie 430 Kisten Trinkwasser geliefert worden. Der Verein hat sich zudem mit der Facebook-Gruppe „Spotted Westerwald“ verbunden.

Bilder des Grauens: Wäller Rettungskräfte im Einsatz im Katastrophengebiet an der Ahr

privat

Bilder des Grauens: Wäller Rettungskräfte im Einsatz im Katastrophengebiet an der Ahr

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Bilder des Grauens: Wäller Rettungskräfte im Einsatz im Katastrophengebiet an der Ahr

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3 Spontan bilden sich im Westerwald kleine Helferkreise. „Auch kleine, unbürokratische Aktionen können erfolgreich sein und andere Menschen vielleicht motivieren, zu helfen“, sagt Christine Hastenteufel aus Ransbach-Baumbach, die mit ihren Nachbarn aus dem Wohngebiet „Grauert“ in Baumbach und dem Kirmesjahrgang „Kawenzsäckhewer“ im Freundeskreis per WhatsApp eine private Sammelaktion gestartet hat. Ruckzuck war die Garage der Architektin voller Lebensmittel, Mineralwasser, Hygieneartikel, Powerbanks, Gummistiefel und Bauhandschuhe. Wie es dazu kam?

„Nina, eine Mitarbeiterin meiner Schwester Petra Wittlich, kommt aus Dernau. Sie erzählte uns, dass die Menschen dort Hunger haben, dringend Wasser und Lebensmittel brauchen. Uns war klar, wir müssen sofort helfen“, erzählt Christine Hastenteufel. Mit einem Caddy vom Sanitätshaus Wittlich und einem Bus des Autohauses Kuch wurden noch am Wochenende alle Spenden nach Dernau gebracht. „Wir standen in ständigem Kontakt mit Nina, die den Caddy gefahren hat, und wussten per SMS, was gebraucht wird. Dann haben wir per WhatsApp wieder rundgefragt, und zwei Stunden später hatten wir alles hier. Ich bin so gerührt“, sagt die Ransbach-Baumbacherin.

Doch nicht nur das: Bäckermeister Michael Thier spendete spontan rund 600 Brötchen, Brote, Hefezöpfe und Teilchen. „Wir haben dann in großen Mengen Aufschnitt gekauft, die Brötchen geschmiert und nach Dernau gebracht“, schildert Christine Hastenteufel. „Nina erzählte uns von einem kleinen Jungen, der seinem großen Bruder zuschaute, wie er den Vater im Garten suchte. Das reißt einem das Herz heraus. Wir müssen einfach helfen. Die Katastrophe hätte uns genauso treffen können“, ist Christine Hastenteufel überzeugt.

Mirko Santocono spielt für die Opfer der Flutkatastrophe

Das eigentlich als Finale geplante Klappstuhl-Konzert mit Mirko Santocono findet nun als Eröffnung der Veranstaltungsreihe am Wiesensee statt – und alle Spenden kommen den Flutopfern an der Ahr zugute. Beginn ist am Donnerstag, 22. Juli, um 20 Uhr.

Bei dem Konzert am Winner Ufer ist der Eintritt frei, es steht jedoch eine Spendenbox bereit, deren Inhalt das Kulturbüro der Verbandsgemeinde Westerburg weiterleitet. Gleiches gilt für das „Umsonst & Draußen Open Air“ am Samstag, 24. Juli, im Stöffel-Park mit den Bands Some Songs und Walk the Line. Für Santoconos Konzert gibt’s noch Karten, es gibt sie per E-Mail an die Adresse schmidt.j@vg- westerburg.de (Kontaktdaten angeben) oder unter der Telefonnummer 02663/291.495.
Flutkatastrophe im Ahrtal
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