Das aktuelle Tampon-Motiv von Die Partei zeigt: Geschmacklich grenzwertige Wahlplakate müssen nicht immer auch gleich strafrechtlich relevant sein. Das haben in der Vergangenheit vor allen Dingen Plakate und Werbespots von rechtsextremen Parteien, wie der NPD, Der Dritte Weg oder Die Rechte in Rheinland-Pfalz gezeigt, die allesamt zum Prüffall wurden, aber letztlich genehmigt wurden.
„Bei der Gestaltung der Wahlkampfplakate bewegen sich manche Parteien in einer „Grauzone“ und im „Grenzbereich““, sagt Staatsanwalt Thorsten Kahl von der Staatsanwaltschaft Koblenz.
Bestehen bei den Ordnungsämtern vor Ort Zweifel, ob ein Wahlplakat möglicherweise strafbar ist, werden diese Fälle über die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) als oberste Ordnungsbehörde des Landes den zuständigen Staatsanwaltschaften vorgelegt. Um zu beurteilen, ob Wahlwerbung überhaupt strafbar ist, werden im Wesentlichen Beleidigung, Volksverhetzung sowie die öffentliche Aufforderung zu Straftaten als Straftatbestände aus dem Strafgesetzbuch von den Strafverfolgungsbehörden geprüft.
Dabei muss zwischen den rechtlich geschützten Interessen jedes Einzelnen und der Meinungsfreiheit abgewägt werden. Diese Abwägung habe „im Einzelfall in einer Würdigung der Gesamtsituation zu erfolgen“, so Thorsten Kahl und ergänzt: „Es darf namentlich nicht auf einen einzelnen Satz abgestellt werden. Vielmehr kommt es auch auf den Kontext an, in dem das Plakat in Bild und Text einer Bewertung unterzogen werden muss.“ Gerade im Wahlkampf sind aus Sicht der Staatsanwaltschaft „teilweise scharfe und übersteigert formulierte Aussagen festzustellen“. Diese könnten sich aber auch nicht einfach dem Schutz der Grundrechte entziehen.
Wie die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) als oberste Ordnungsbehörde des Landes erklärt, geht laut Bundesverfassungsgericht bei Wahlwerbung grundsätzlich die Meinungsfreiheit dem Persönlichkeitsschutz einzelner oder einer Personengruppe vor – wenn die Äußerung auf dem Wahlplakat nicht ein Angriff auf die Menschenwürde, eine Formalbeleidigung oder eine Schmähkritik ist. „In einer demokratischen Gesellschaft müssen auch abwegige Meinungen ertragen werden, solange sie nicht strafrechtlichen Charakter aufweisen“, teilt die ADD mit.
Es bleibe den Menschen überlassen mit ihrem gesunden Menschenverstand die richtigen Schlussfolgerungen aus den Plakaten zu ziehen. Sollte der Fall auftreten, dass eine Staatsanwaltschaft ein Wahlplakat für strafbar hält, wird das Ordnungsamt vor Ort durch die ADD darüber informiert. Neben dem Abhängen der Plakate kommt dann als milderes Mittel auch das Überkleben einzelner Stellen in Betracht. „Dies bedarf sorgfältiger Prüfung nach Anhörung der betroffenen Partei“, heißt es vonseiten der ADD. aeg