Vertreter der Evangelischen Kirche bereisen den Westerwald: Dekanat nimmt seine Gebäude unter die Lupe
Bei ihren Besuchen lernt das Gremium die kirchlichen Anwesen kennen, deren Nutzung, deren Ausstattung, die Probleme, aber auch die Chancen. Die Erkenntnisse dieser Besuche fließen in den Gebäudebedarfs- und Entwicklungsplan des Dekanats (GBEP) ein. Dieser Plan regelt die Zukunft der Bauten des Evangelischen Dekanats Westerwald, wie es in einer Pressemitteilung heißt.
Verzichtbare Gebäude?
Der GBEP ist Teil des kirchlichen Prozesses „ekhn2030“, der „notwendige Einsparungen“ umsetze und die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) fit für die Zukunft machen solle. Im Kern gehe es beim GBEP um Folgendes: Da Personal und Finanzen der EKHN künftig knapper würden, müssten die Dekanate eine Strategie für ihre Immobilien entwickeln. Verzichtbare Gebäude sollen durch den Prozess identifiziert und erhaltenswerte attraktiver gestaltet werden. Die Baulast soll bis 2030 EKHN-weit um 20 Prozent reduziert werden, was rund 15 Millionen Euro weniger Bauzuweisungsmitteln pro Jahr entspricht. Diese Einsparungen treffen nicht alle Gebäudekategorien gleichermaßen:
Bei Kirchen wird die Baulast um höchstens zehn Prozent verringert. Die Gotteshäuser mit der größten Außenwirkung sollen gestärkt werden. Die Zahl der verbleibenden Pfarrwohnungen orientiere sich unterdessen an der Pfarrstellenbemessung, also der Anzahl und Verteilung der Pfarrstellen. Hier strebt die EKHN eine Reduzierung von mehr als 30 Prozent an.
„Lassen Sie das Gebäude doch erst einmal auf sich wirken.“
Jens Schader, Vertreter der Kirchenverwaltung
Verwaltungen würden indes gebündelt: Voraussichtlich soll es einen Verwaltungsstandort pro Nachbarschaftsraum geben. Für die Gemeindehäuser gelte schließlich ein Richtwert von vier Quadratmetern pro 100 Gemeindeglieder.
Vor Tagen war die Bereisungsgruppe im Nachbarschaftsraum West unterwegs. Der umfasst die Evangelischen Kirchengemeinden Selters, Nordhofen, die Trinitatis- sowie die Bonhoeffer-Gemeinde. Einen Tag lang reisen die Delegierten mit zwei Vertretern der Kirchenverwaltung – Jens Schader und Ines Vetter – durch die Orte. Dort stellten ihnen Pfarrerinnen, Pfarrer und Kirchenvorstandsmitglieder die Bauten vor, so wie zum Beispiel die Evangelische Kirche Höchstenbach.
„Lassen Sie das Gebäude doch erst einmal auf sich wirken.“ Diesen Satz sagt Bauexperte Jens Schader an diesem Tag mehrmals. Denn die Gebäude seien es wert, dass man sich ihnen widme. Das Höchstenbacher Gotteshaus gehöre mit seinen 900 Jahren zu den ältesten der Region. Ein wahres Kleinod, das Pfarrern entgegenkomme.
Akustik, Größe und Charme
„Diese Kirche arbeitet mit mir, nicht gegen mich“, sagt Elisabeth Huhn, die hier schon zahllose Gottesdienste geleitet habe und das immer wieder gerne tue. Die Akustik, die Größe, der Charme – hier passe vieles zusammen. Aber nicht alles: Die Heizung mache seit einiger Zeit Probleme, und im Gebäude selbst gebe es keine Toilette.
Wohl aber im benachbarten Luther-Haus, der nächsten Station der Bereisungsgruppe. In dem Gemeinderaum fänden nicht nur Jugendtreffs oder manchmal auch Gottesdienste statt, hier probten auch der Posaunenchor und ein Vokalensemble. Und hier träfen sich Krabbel- und Pilatesgruppen. Der Saal werde also nicht nur von der Kirchengemeinde, sondern auch von der Kommune genutzt. Und das sei laut Bereisungsgruppe ein gutes Modell für die Zukunft. Solche Synergieeffekte, ob ökumenische oder mit der Kommune, würden künftig immer wichtiger, glaubt Jens Schader.
30 Bauten an einem Tag
Allein an diesem Tag besucht die Gruppe fast 30 Gebäude. Die finale Entscheidung, welche davon erhalten werden und welche nicht, trifft sie aber nicht. Die Arbeitsgruppe mache eine Bestandsaufnahme, erstelle „Steckbriefe“ mit Daten und Fakten und erarbeite Varianten für die Nutzung.
Danach würden diese Ideen in Workshops weiterdiskutiert. Die Ergebnisse dieses Prozesses teile die Gruppe dann der Dekanatssynode mit, und dieses Gremium entscheide letztlich über den GBEP und damit über die Zukunft der einzelnen Bauten, schreibt das Dekanat Westerwald ferner.
Drei Gebäudekategorien: langfristig, mittelfristig oder kurzfristig zu erhalten
Die Gebäude des Evangelischen Dekanats Westerwald werden in drei Kategorien unterteilt: Kategorie A sind langfristig zu haltende Bauwerke, B mittelfristig zu haltende, bei denen es Abstriche in der finanziellen Unterstützung gibt; für Bauten aus Kategorie C entfallen die Zuweisungen und Unterhaltungsleistungen. Sollen diese weiter bestehen bleiben, müssen sie sich also selbst tragen oder notfalls veräußert werden – allerdings sichert die Kirchenverwaltung den Gemeinden auch in diesem Fall Unterstützung zu. Die Entscheidung über den Gebäudebedarfs-und Entwicklungsplan des Dekanats fällt die Synode während ihrer Herbstsitzung 2025.