Auch am Institut für Geschichte der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, das vor Jahren im Auftrag des Bundeskriminalamtes ein Gutachten über die braune Vergangenheit der Polizeibehörde erstellt und dabei auch Bezug zu deren früherem Präsidenten Paul Dickopf genommen hatte, wurde die Gemeinderatsentscheidung aus Müschenbach registriert. Der Historiker Professor Dr. Patrick Wagner teilt dazu und auch zu einer öffentlichen Stellungnahme des Gemeindearchivars von Müschenbach, der darauf hingewiesen hatte, dass Dickopf nach dem Krieg als Entlasteter eingestuft wurde, in einer E-Mail Folgendes mit.
"1. Herr Dickopf hat von der CIA über fast zwei Jahrzehnte, während er bereits Bundesbeamter war, regelmäßige Zahlungen erhalten – im Gegenzug für Informationen, die er der CIA geliefert hat. Sein Dienstherr (= das Bundesinnenministerium) hatte hiervon keine Kenntnis. Insofern war Herr Dickopf geheimdienstlich gegen die Bundesrepublik tätig. Das ist qualitativ (und straf- sowie disziplinarrechtlich) etwas völlig anderes als das Erteilen ,sachkundiger Ratschläge'.
2. In der Tat ist die Zugehörigkeit zum SD etwas anderes als die Zugehörigkeit zur Waffen-SS, bedeutet nämlich eine viel stärkere Involvierung in den Repressionsapparat des NS-Regimes. Aber so herum dürfte es der Herr Gemeindearchivar nicht gemeint haben.
3. Es ist heute schwer zu rekonstruieren, bis zu welchem Zeitpunkt Dickopf während des Krieges noch für die Abwehr der Wehrmacht gearbeitet hat und wann er zum US-Geheimdienst übergelaufen ist oder ob er zumindest zeitweise Doppelagent war. So ist das im Geheimdienstmetier.
4. Den Entscheidungen und Dokumenten aus Entnazifizierungsverfahren begegnet die zeithistorische Forschung bereits seit vielen Jahren mit quellenkritischer Skepsis. Die Naivität, mit der der Herr Archivar sich dieser Quellen bedient hat, würde ihn wissenschaftlich disqualifizieren. Aber es handelt sich ja wohl auch eher um eine auf anderer Ebene angesiedelte Einlassung.“