Merkelbach/Montabaur

Nazi-Opfer Franz Kleck aus Merkelbach: Montabaurer Schüler arbeiten Erinnerung an Schreiner auf

Wie schnell eine wissenschaftliche Arbeit zu einer konkreten, öffentlich sichtbaren Erinnerungskultur und noch dazu zu einem abwechslungsreichen Schülerprojekt werden kann, zeigt jetzt das Beispiel des Merkelbacher Schreiners Franz Kleck, der 1945 im Konzentrationslager Dachau gestorben ist. Der in Nister wohnende Lehrer Dr. Markus Müller hat zu Kleck lange und intensiv geforscht. Seine Ergebnisse stießen auch bei Experten aus Großbritannien und aus den USA auf Interesse.

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Eine Zusammenfassung seiner Forschung hat Müller kürzlich in unserer Zeitung vorgestellt. Kurz darauf meldete sich Merkelbachs Ortsbürgermeister Edgar Schneider bei ihm und teilte mit, dass die Gemeinde beabsichtige, eine Gedenktafel am Geburts- und Wohnhaus von Franz Kleck im Kapellenweg 5 anzubringen. „Damit fällt Merkelbach eine Vorreiterrolle in der regionalen Erinnerungsarbeit für bislang ,vergessene‘ NS-Verfolgte zu“, lobt Müller. Die Entwürfe für eine solche Gedenktafel entstanden im März und April durch seine Schüler im Grundkurs Geschichte 3 der Jahrgangsstufe 11 am Mons-Tabor-Gymnasium in Montabaur.

Alle Entwürfe basieren auf der von Müller erforschten Biografie Klecks beziehungsweise der Veröffentlichung dazu in unserer Zeitung (18. März). Vor der Konzeption informierte der Kursleiter die Schüler über Besonderheiten der NS-Verfolgungen. Im Hinblick auf die Gestaltung bestand nach Auskunft von Müller Einigkeit unter den Schülern, dass auf genaue Daten zugunsten der Übersichtlichkeit verzichtet werden sollte. Alle Entwürfe greifen ein Porträt von Franz Kleck von 1941/42 auf, damit der Betrachter einen visuellen Eindruck erhält.

Der Entwurf links wurde von Schülern der MSS 12 mehrheitlich am besten beurteilt. Am stärksten polarisierte der Entwurf in der Mitte.
Der Entwurf links wurde von Schülern der MSS 12 mehrheitlich am besten beurteilt. Am stärksten polarisierte der Entwurf in der Mitte.
Foto: Dr. Markus Müller

„Einige Konzepte nutzen die Dreiecksform. Diese orientiert sich am ,Winkel‘, einem nach unten gerichteten Dreieck, das die Häftlinge im Konzentrationslager auf der gestreiften Häftlingskleidung zu tragen hatten. Die farbliche Ausgestaltung des Winkels ordnete den KZ-Insassen einer bestimmten Kategorie zu. Franz Kleck trug den grünen Winkel, womit er als ,Berufsverbrecher‘ eingestuft wurde. Hintergrund ist seine Überführung aus dem letzten Zuchthaus Ensisheim als SV (= Sicherungsverwahrter) beziehungsweise PSV (= Polizeilicher Sicherungsverwahrter), erläutert Markus Müller.

Ein großer Teil der Entwürfe greift zudem das Emblem des katholischen Jungmännerverbands auf, das als Zeichen für Klecks kirchliche Verbandsfunktion unter anderem auf Mitgliedsausweisen nachzuweisen ist. Zur Auswahl des korrekten Emblems hatte Müller sich nochmals mit der Leiterin des Diözesanarchivs Limburg, Martina Wagner, sowie der Archivarin Maria Wego vom Archiv des Jugendhauses Düsseldorf, das unter anderem das Archiv der Bundesstelle des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend beherbergt, beraten.

Das Emblem, das auch als „Christusnadel“ bezeichnet wurde, gibt in einer besonderen Ausrichtung das „Chi Ro“ wieder. Dieses Christusmonogramm zeigt laut Müller die verschlungenen Buchstaben X und P, die ersten beiden Buchstaben des griechischen Wortes für „Christós“ (Christus) und gilt als eines der ersten Erkennungszeichen für Christen.

Einige Entwürfe der Oberstufenschüler nutzen darüber hinaus die Originalunterschrift von Franz Kleck, ein Zitat, das Kleck in der einschneidenden Kontroverse mit dem NSDAP-Stützpunktleiter von Oberhattert im Januar 1936 gebrauchte („Es ist unverschämt, uns als freie, deutsche Jugend in solch einer Weise zu knechten und uns wie eine Bande Hunde zu behandeln.“), seinen Funktionstitel „Jungscharführer“ beziehungsweise „Bezirksjungscharführer“ sowie die Nennung der einzelnen Haftstationen, um die Schwere von Klecks Leidensweg zu verdeutlichen.

Lehrer Müller ist mit den Ergebnissen der Schüler sehr zufrieden und glücklich darüber, dass die jungen Leute auf diese Weise konkret und kreativ in Gedenkarbeit einbezogen werden konnten. Sämtliche Entwürfe hat der Pädagoge nach Abschluss des Projektes im Geschichtskurs dem Grundkurs Deutsch 1 der MSS 12 vorgestellt. Dort wurde laut Müller durchaus kontrovers über die Vorschläge der 11er diskutiert.

Mehrheitlich am besten gelungen wurde der Entwurf von Nils Krause und Karl Bauer sowie der von Hanna Türk, Sophie Daum, Jin Abdullah und Lilly Quirmbach empfunden. Im ersten Falle überzeugte Klecks Zitat als zentrales wie individuelles Element in der Mitte der Tafel. Beim zweiten Entwurf erntete insbesondere das abgepauste Porträt viel Zustimmung, weil es einen individuellen Charakterzug zum Ausdruck bringe. nh