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Rotenhain

Mit Humor gewürzt: Albert Schaad schreibt die Stücke nach alten Quellen

Von Angela Baumeier
Albert Schaad kleidet sich selbst gern mit einem seiner schönen historischen Gewänder, wenn er zum Dreikönigstreffen oder zu anderen Veranstaltungen des Rotenhainer Vereins Historica geht. Mit viel Humor greift er immer wieder für seine Stücke überlieferte Verfehlungen und Anekdoten auf, die dann am Vierherrenstein aufgeführt werden. Darüber hinaus hat er aber beispielsweise auch 2017 für das Ortsjubiläum von Wölferlingen das Stück „Die Dorfglocke“ verfasst. Foto: Röder-Moldenhauer
Albert Schaad kleidet sich selbst gern mit einem seiner schönen historischen Gewänder, wenn er zum Dreikönigstreffen oder zu anderen Veranstaltungen des Rotenhainer Vereins Historica geht. Mit viel Humor greift er immer wieder für seine Stücke überlieferte Verfehlungen und Anekdoten auf, die dann am Vierherrenstein aufgeführt werden. Darüber hinaus hat er aber beispielsweise auch 2017 für das Ortsjubiläum von Wölferlingen das Stück „Die Dorfglocke“ verfasst. Foto: Röder-Moldenhauer

Bestens mit den Schattenseiten der lokalen Vergangenheit kennt sich Albert Schaad aus. Ja, er ist geradezu auf der Suche nach Verfehlungen und kleineren Verbrechen, die sich in Rotenhain, Lochum, Wölferlingen oder Linden einst zugetragen haben. Stößt er bei seinen Recherchen in den Ortschroniken auf eine Untat, dann hat sich für ihn die Suche gelohnt: Nun hat er den Stoff gefunden, der sich für ein neues, rund halbstündiges Theaterstück eignet, das seit Jahren für die humorvolle Würze der Dreikönigstreffen am Vierherrenstein dient.

Lesezeit: 3 Minuten
Dabei schreibt Albert Schaad neben diesen Stücken eigentlich gar nicht gern. „Außer Briefe, die liebe ich“, bekennt der rüstige 70-Jährige. Bis zu seinem Ruhestand war er 31 Jahre als Pastoralreferent in Nistertal tätig, wo er auch schon einige Krippenspiele zu Papier brachte. 2008 zog er nach Rotenhain, am 1. Januar ...
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Als der Wunderheiler nach Lochum kam

Der Vergeltungsschluck der Schultheißen und Oberschultheißen ist genommen, und der Wunderheiler der Region verwiesen: Die Bewohner von Lochum, Linden, Rotenhain und Wölferlingen können nach einem erfolgreichen Dreikönigstreffen am Vierherrenstein also unbesorgt ins neue Jahr starten. Bereits zum zehnten Mal haben sich zahlreiche Bürger zur humorvoll wiederbelebten Tradition am Grenzstein der vier Gemarkungen getroffen.

Das Spektakel lockt zu Beginn jedes Jahres immer wieder viele Zuschauer an jene Stelle im Wald, an der sich einst die Herren der Gebiete Nassau, Sayn und Wied trafen, um sich bei einer Mahlzeit auszusprechen. 2009 haben die heutigen „Herren“ der Region diese Tradition wiederaufgenommen. So kamen die Ortsbürgermeister von Lochum, Linden, Rotenhain und Wölferlingen sowie jeweils ein Vertreter der Verbandsgemeinden Hachenburg, Westerburg und Selters zusammen, um einen Vergeltungsschluck zu nehmen. Die vier Orte wechseln sich mit der Ausrichtung des Treffens ab, in diesem Jahr lud Wölferlingen an die urige Schutzhütte am Vierherrenstein ein und versorgte die Gäste auch mit Getränken und Speisen vom Grill. Von diesem Jahr an soll sich jedes Mal eine der vier Gemeinden kurz vorstellen. Lochum durfte damit beginnen.

An Grenzpunkt Gericht gesprochen

Dass an dem historischen Grenzpunkt damals auch in harten Fällen Gericht gesprochen wurde, griffen die Bürger in einem Theaterstück auf. Während dem Vogt im vergangenen Jahr noch viele unterschiedliche Verbrechen vorgetragen wurden, drehte sich die Geschichte diesmal um einen einzigen Streitfall. Ein geheimnisvoller Wunderheiler sorgte für geteilte Meinungen in den Gemeinden, indem er ohne Genehmigung seine Heilmittel an die armen Bürger der Dörfer vertrieb. Den Stoff des Stücks hatte sich der Rotenhainer Albert Schaad nicht etwa ausgedacht, sondern auf Grundlage einer historischen Zeitungsmeldung geschrieben. Der Verfasser erläuterte vor der Aufführung die damaligen Machtverhältnisse in der Region sowie die besondere Bedeutung von vermeintlichen Wundern für die einfache Landbevölkerung. Dann stellte er die Rollen und die 17 Darsteller vor, mit denen er das Stück einstudiert hatte, und überließ ihnen die Freilichtbühne.

Als der Wunderheiler nach Lochum kam
Foto: Elias Müller

Erste Kulisse bildete der Dorfbrunnen in Lochum, an dem sich drei Frauen über die zahlreichen Kranken in ihren Familien austauschten und verzweifelt überlegten, was sie tun könnten. Da bot ein Wunderheiler mit Gesang gerade zur richtigen Zeit seine Dienste an. Die Frauen eilten, um ihre Männer und Kinder zu holen. Die große Gestalt betrachtete alle Kranken, hörte sich ihre Leiden an und gab jedem eines seiner mysteriösen „Wunderpflaster“ zur Genesung.

Als sich die Berichte über die Arbeit des Heilers verbreiteten, hielt man in Hachenburg eine Versammlung ab, um über den Fall zu beraten. Während dem Polizisten keine Klagen über den Mann vorlagen, nannte der Arzt ihn einen Quacksalber und beschwerte sich über seine fehlende Kundschaft. Der Apotheker hingegen wollte den Heiler gewähren lassen, weil er zahlreiche Mittel bei ihm kaufte. Schließlich wurde der Heiler unter Beobachtung des Polizisten gestellt und im Anschluss auch dabei erwischt, wie er „Wunderöl“ und „Wunderwasser“ für innere Anwendung verkaufte. Doch auch ein Vertreiben ins nassauische Gebiet war zwecklos, da er dort genauso negativ auffiel. Die Bürger jedoch halfen ihm dabei, unentdeckt zu bleiben, da seine Dienste günstig waren und sie auch an deren Wirkung glaubten. Schließlich wurde er dennoch gefasst und landete trotz Proteste der Landbevölkerung vor Gericht. Der Vogt verurteilte ihn zu 50 Stockschlägen und ließ ihn gen Koblenz aus seinen Ländereien vertreiben.

Begeisterung beim Publikum

Das Stück sorgte besonders durch die humorvolle Darstellung für Begeisterung beim Publikum. Die Schauspieler zeigten in ihren Rollen einen ganz eigenen Charme. Das sorgte für viel Gelächter. Die Protagonisten ließen sich auch durch die ein oder andere Textunsicherheit nicht aus dem Konzept bringen. Insbesondere der Wunderheiler, meisterhaft gespielt von Johannes Brunesberg, brachte die Zuschauer mit seinen Auftritten und seinen Gesangspassagen immer wieder zum Lachen. Nicht zuletzt die passenden Gewänder versetzten das Spektakel authentisch in die Vergangenheit zurück. Für die Gestaltung bedankte sich Oberritter Pitter (Peter Benner, Rotenhainer Verein Historica) am Ende bei Rosel Kanz aus Bellingen.

Von unserem Mitarbeiter Elias Müller

Das Voigtgericht

Dass am Vierherrenstein Gericht gehalten wird, fußt auf einer langen Tradition, die bis ins Jahr 1453 zurückreicht (Quelle: Hellmuth Gensicke). „Da ging es aber noch um ganz andere Dinge“, berichtet Albert Schaad. Beispielsweise wurde der Glockenklang der Dörfer abgestimmt.

Diese erklangen, wenn Gefahr im Anzug war, beispielsweise vor einem Feuer gewarnt werden musste. Besprochen wurde auch alles, was mit Wild zu tun hatte. Sogar die sogenannte Halsgerichtsbarkeit wurde mit „Vollstreckung an Leib und Leben“ ausgeübt. bau
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