Es gibt im Westerwald gute Ackerböden, die der Lebensmittelerzeugung dienen könnten, derzeit aber für die Erzeugung regionaler regenerativer Energie genutzt werden: Maisfelder, deren Ertrag vollständig in Biogasanlagen geht. Dies gilt laut Kreisbauernverband für knapp ein Viertel der 1000 Hektar Maisanbaufläche im Westerwaldkreis. Hinzu kommt Mais aus dem benachbarten Hessen.
Acht Biogasanlagen existieren im Kreis, drei davon werden allein mit Gülle betrieben. Die anderen fünf sind sogenannte Nawaro-Anlagen (Nawaro seht für nachwachsende Rohstoffe); in vier davon kommt zur Biogaserzeugung auch Mais zum Einsatz. „Ich denke schon länger darüber nach, wie wir mehr Gülle in den Biogasanlagen veredeln können“, sagt Matthias Müller, Vorsitzender des Kreisbauernverbands, da der Westerwald als Grünlandregion über eine ausgeprägte Rinderhaltung verfügt. Mit der Nutzung von Gülle als Energieträger würde ein ohnehin vorhandener Reststoff zusätzlich genutzt werden können, ohne zusätzliche Landwirtschaftsfläche zu beanspruchen.
Der Kreisbauernchef selbst betreibt auf seinem Hof bei Irmtraut eine reine Gülle-Biogasanlage. „Dazu gekommen bin ich eigentlich, um den Geruch zu vermeiden“, gesteht der Milchviehhalter.
Jahrzehntelang habe er vor dem Ausbringen der Gülle die Windrichtung geprüft – nur um dann doch Ärger zu bekommen, weil wechselnder Wind die Duftmarke in den nächsten Ort trieb. „Die vergorene Gülle riecht hingegen kaum“, sagt Müller. Zwar ist der Transport von Gülle – im Westerwaldkreis gibt es nach dem Statistischen Landesamt in 282 Betrieben rund 21.000 Rinder (davon etwa 6500 Milchkühe) – energetisch unwirtschaftlich, sagt Müller. Doch während der Bau dezentraler Biogasanlagen zur Nutzung der eigenen Gülle sehr teuer sei, gebe es günstigere Separationsanlagen, um die Gülle in eine feste und eine flüssige Phase zu trennen.
Die Festphase kann mit geringerem Aufwand zur Biogasanlage gebracht werden. „Und auf dem Rückweg kann das fermentierte Substrat als Dünger mitgenommen werden“, rechnet Müller vor. Neben einer Studie über die Potenziale stärkerer Güllenutzung in den Wäller Biogasanlagen, die etwa vom Kreistag initiiert werden könnte, stellt sich Müller eine Unterstützung durch heimische Geldinstitute und möglicherweise sogar kommunal oder genossenschaftlich betriebene Gülle-Biogasanlagen vor, die auch kleineren Tierhaltern eine Teilhabe an der Energieerzeugung durch Gülle ermöglichen und dem einzelnen Landwirt das wirtschaftliche Risiko abnehmen könnten.