Plus
Nister

Historiker auf Spurensuche: Der „arbeitsscheue“ August Schäfer überlebt drei KZs

Seine Recherchen führten den Historiker Dr. Markus Müller in viele Archive, auch ins Hessische Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden. Mit Schäfers Sohn Helmut und seinem Enkel Gerhard (hier mit der Familie) führte er viele Gespräche.
Seine Recherchen führten den Historiker Dr. Markus Müller in viele Archive, auch ins Hessische Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden. Mit Schäfers Sohn Helmut und seinem Enkel Gerhard (hier mit der Familie) führte er viele Gespräche. Foto: privat

Das meist schreckliche Schicksal sogenannter arbeitsscheuer Menschen zur Zeit des Nationalsozialismus wurde lange ignoriert. Einer von ihnen war August Schäfer III aus Nister, der von 1938 bis 1945 eine Gewalttour durch drei Konzentrationslager erlitt, aber schließlich auch die Befreiung von Auschwitz vor gut 75 Jahren erlebte. Der Historiker und Lehrer Dr. Markus Müller aus Nister hat sich akribisch auf die Spuren des früheren Mitbürgers begeben und berichtet:

Lesezeit: 5 Minuten
„Im Sommer 2019 besuchte ich im Hachenburger Seniorenheim Helmut Schäfer, einen ehemaligen Nachbarn meines verstorbenen Vaters, der inzwischen 92 Jahre alt war. Schon ein Jahr vorher hatte ich ihn als Zeitzeugen zur Vergangenheit eines Dorfplatzes in unserer Heimatgemeinde Nister befragen wollen, es aber immer wieder hinausgeschoben. Ein überraschender Zufallsfund bei ...
Möchten Sie diesen Artikel lesen?
Wählen Sie hier Ihren Zugang
  • 4 Wochen für nur 99 Cent testen
  • ab dem zweiten Monat 9,99 €
  • Zugriff auf alle Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
E-Paper und
  • 4 Wochen gratis testen
  • ab dem zweiten Monat 37,- €
  • Zugriff auf das E-Paper
  • Zugriff auf tausende Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
Bereits Abonnent?

Fragen? Wir helfen gerne weiter:
Telefonisch unter 0261/9836-2000 oder per E-Mail an: aboservice@rhein-zeitung.net

Oder finden Sie hier das passende Abo.

Welche Rolle spielte das Umfeld des „Arbeitsscheuen“?

Im Hinblick auf die Rolle der Funktionsträger vor Ort in Nister hat Dr. Markus Müller die Spruchkammerakten von NS-Bürgermeister und Ortsgruppenleiter mit Mühe aufgespürt, denn sie befanden sich nicht in Koblenz (Französische Zone), sondern in Wiesbaden (Amerikanische Zone) und Düsseldorf (Britische Zone). „Bei aller Vorsicht im Umgang mit den Entlastungsdokumenten möchte man doch – auch nach wissenschaftlichem Forschungsstand und zahlreichen Gesprächen mit Historikern – vermuten, dass der örtliche Einfluss unerheblich war“, stellt Müller fest.

„Die Verhaftungen geschahen bewusst überraschend, geplant auf Weisung der Gestapo.“ Interessant ist ein Dokument, in dem Nachkriegsbürgermeister Ernst Hoffmann bereits im November 1945 bestätigt, dass Schäfers Verwandten zum letzten Mal ein Lebenszeichen von ihm aus dem KZ Auschwitz erhielten. „Es belegt, dass man durchaus sehr früh von Auschwitz wusste, aber sicherlich die Tragweite zu diesem Zeitpunkt noch nicht erahnen konnte“, so Müller. Bei der Befragung der Zeitzeugen sei deutlich geworden, dass der NS-Stempel des „Arbeitsscheuen“ bis heute nachwirkt. Dabei sei August Schäfer bis zur aufziehenden Weltwirtschaftskrise einer geregelten Arbeit nachgegangen, war sogar Vorarbeiter und baute nebenher ein Haus.
Meistgelesene Artikel