Westerwaldkreis

Evangelische Gemeinden in der Energiekrise: Viele Kirchen im Westerwald sparen zum Fest Heizkosten

Wer im Winter den Gottesdienst besuchen möchte, sollte sich warm anziehen. Die Kirchengemeinden sind aufgefordert, Energie einzusparen und die Heizung zu drosseln oder gar ganz auszuschalten.
Wer im Winter den Gottesdienst besuchen möchte, sollte sich warm anziehen. Die Kirchengemeinden sind aufgefordert, Energie einzusparen und die Heizung zu drosseln oder gar ganz auszuschalten. Foto: Heinz-Günter Augst

Auch in diesem Jahr laden die 27 Kirchengemeinden des Evangelischen Dekanats Westerwald wieder zu zahlreichen Heiligabend- und Weihnachtsgottesdiensten ein – wenn auch unter besonderen Vorzeichen. Angesichts der Energiekrise hat die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) ihre Gemeinden und Kirchenmitglieder zum Energiesparen aufgerufen.

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In einem Rundschreiben, das Anfang September an mehr als 1000 Kirchengemeinden und EKHN-Einrichtungen ging, wird darum gebeten, aufgrund der „besonderen Lage und in Solidarität mit der Ukraine in allen Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen Energie einzusparen und so einen Beitrag zur Energieversorgungssicherheit zu leisten“.

Die kirchlichen Sparmaßnahmen lehnen sich für Verwaltungsgebäude und Gemeindehäuser an die jüngsten Verordnungen des Bundes an. So sollen beispielsweise Flure in evangelischen Bauten kalt und Büros künftig nicht über 19 Grad geheizt werden. Auch die Fassadenbeleuchtungen sollen ausgeschaltet bleiben.

Für die Kirchen selbst, die bereits nach bisher geltenden hessisch-nassauischen Richtlinien in der Woche nicht über 7 und zum Gottesdienst nicht über 15 Grad aufgeheizt werden sollen, gibt es dagegen keine neuen Heizvorschriften. Das Papier regt zugleich an, im Winter mit Gottesdiensten gegebenenfalls in Gemeindesäle oder auch ins Freie auszuweichen. Daneben werden verkürzte oder digitale Feiern sowie die Nutzung von Sitzkissen und Decken vorgeschlagen. Die verschiedenen Auslegungen im Evangelischen Dekanat Westerwald erläutert auf Anfrage dessen Pressesprecher Peter Bongard.

Unterschiedliche Lösungen für schöne Gottesdienste

Im Dekanat Westerwald finden die Kirchengemeinden während der Feiertage unterschiedliche Wege, mit der Energiekrise umzugehen – und trotzdem schöne Gottesdienste zu feiern. Einige Gemeinden laden zu Gottesdiensten unter freiem Himmel ein: zum Beispiel die Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde (mit den Kirchengemeinden Dreifelden-Steinen, Rückeroth mit Andreasgemeinde Herschbach/Uww., Maxsain und Wölferlingen), die Kirchengemeinden Höhr-Grenzhausen, Selters oder Willmenrod.

Die Gläubigen der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde treffen sich seit Jahren im Herschbacher Forst zur Waldweihnacht. Treffpunkt ist auch in diesem Jahr der Herschbacher Friedhofsparkplatz an Heiligabend um 16 Uhr. In Höhr-Grenzhausen wird unter dem Motto „Advent unterm Kirchturm“ zurzeit der Platz an der Kirche für Heiligabend schön gemacht: Dort entsteht eine Krippenlandschaft, in der die Höhr-Grenzhäuser am 24. Dezember um 16.30 Uhr Gottesdienst feiern.

In Selters beginnt um 15 Uhr ein ökumenischer Familiengottesdienst unter dem Motto „Unterwegs zum Kind im Stall“. An verschiedenen Orten in der Stadt erzählen Personen der Weihnachtsgeschichte von dem Kind in der Krippe. Auch in Willmenrod gibt’s neben den regulären Gottesdiensten in der Kirche einen, der unter freiem Himmel begangen wird: An Heiligabend lädt die Gemeinde um 20 Uhr zu einer zusätzlichen Feier an die Krippe vor der Kirche ein. Im neuen Jahr werden Gottesdienste als „Winterkirche“ im Gemeindehaus, dem Martin-Luther-Haus gefeiert. Die Kirche wird dann nur für Trauerfeiern genutzt und auf 15 Grad geheizt.

Ersetzen sollen diese Open-Air-Gottesdienste die regulären freilich nicht: In allen Gemeinden finden an den Festtagen auch herkömmliche Feiern in der Kirche statt. Dort wurden die Heizungen mancherorts energiesparend umprogrammiert, zum Beispiel in Alsbach; mitunter legt die Gemeinde Decken aus oder bietet warme Getränke an, etwa in der Westerburger Schlosskirche, oder wählt andere Wege zum Energiesparen.

Alle Termine und Orte der evangelischen Gottesdienste zu den Weihnachtsfeiertagen finden Sie auf den Internetseiten der Kirchengemeinden. Einen Überblick und Kontaktdaten aller Gemeinden gibt es auf www.evangelischimwesterwald.de unter „Kirchengemeinden“.

Beispielsweise hat sich die evangelische Trinitatis-Gemeinde Westerwald, die aus den ehemaligen Gemeinden Höchstenbach, Freirachdorf und Wahlrod entstanden ist, für einen Kompromiss entschieden: Sowohl im November als auch von Januar bis März werden dort Gottesdienste zusammengelegt und in Gemeindehäusern gefeiert. Dafür werden von Ende November bis Silvester die Kirchen normal beheizt.

Auch in Hachenburg werden Gottesdienste zusammengelegt: Während der Wintermonate feiern die Kirchengemeinden Hachenburg und Altstadt viele Gottesdienste gemeinsam in einer Kirche, während die andere kalt bleibt. Die Ausnahme ist Heiligabend, der wegen des erwarteten Andrangs in beiden Kirchen gefeiert wird.

Die Martin-Luther-Kirchengemeinde Wirges hat sich entschieden, die Kirche zu den Gottesdiensten zu beheizen und auch die Heizung des Gemeindehauses nebenan in Betrieb zu lassen. Gerade in der Adventszeit würden die Räume häufig und spontan genutzt, teilt die Gemeinde mit. Den großen Heiligabendgottesdienst feiern die Wirgeser trotzdem im Bürgerhaus statt in der Kirche, in der es – Stichwort Corona – zu eng würde. Überdies plant die Kirchengemeinde derzeit eine umfangreiche energetische Sanierung ihres Gebäudes, das die Dachdämmung, die Wärmepumpe und eine neue Fotovoltaikanlage umfasst.