Für eigentlich finanzstarke Kommunen wie zum Beispiel die Stadt Montabaur ergibt sich eine kuriose Situation: Obwohl im Etat trotz Corona genug Finanzmittel vorhanden sind, können längst nicht alle Projekte zeitnah umgesetzt werden. Es mangelt an Bauunternehmen, aber auch an technischen Planern innerhalb der Verwaltung. Was die Kindertagesstätten angeht, hatte Stadtbürgermeisterin Gabi Wieland schon vor einigen Wochen darauf hingewiesen, dass die Besetzung freier Stellen ein weitaus größeres Problem darstellt als die Finanzierung notwendiger Umbaumaßnahmen in den Kitas. Die schwierigen Arbeitsbedingungen in Kindertagesstätten seit Ausbruch der Pandemie haben dieses Problem noch verschärft, hieß es.
Darüber hinaus erwähnte Wieland in ihrer Funktion als Kreisbeigeordnete, dass die Kommunen gerne noch einige Ingenieure und Techniker einstellen würden. In diesem Zusammenhang übt der Kreis auch Kritik am Land Rheinland-Pfalz, das den Kommunen immer wieder frisch ausgebildete Fachkräfte abwerbe, selbst aber nicht genug Nachwuchskräfte qualifiziere. Zwar wandern Ingenieure oft auch in die Privatwirtschaft ab, da sie dort aktuell mehr Geld verdienen können. Die kommunalen Behörden verzeichnen aber auch immer wieder Abgänge von Verwaltungskräften zu Bundes- und Landesbehörden, bei denen andere Tarifverträge gelten und ähnliche Jobprofile mitunter höher eingruppiert werden.
Bei der Verbandsgemeinde Montabaur sind aktuell deshalb Stellen in den Bereichen Tiefbau/Werke und Gewässerschutz nicht besetzt. Dies erhöht die Arbeitsbelastung für andere Mitarbeiter in diesen Sachgebieten, so die Pressestelle der VG. Im eigentlichen Verwaltungsbereich bestehe derzeit noch kein Personalmangel, heißt es weiter, doch auch dort deute sich dieser bereits an, da in den kommenden Jahren sehr viele Mitarbeiter in den Ruhestand treten werden.
Hinzu komme eine deutlich höhere Personalfluktuation als früher. So gab es in der VG Montabaur und ihren Mitgliedsgemeinden im Jahr 2015 gerade einmal 27 Bewerbungsverfahren. Im Jahr 2021 waren es schon bis Ende Oktober 86 Verfahren. Auch hier entfällt ein großer Anteil auf die Kindertagesstätten, in denen zuletzt durch neue Landesgesetze der Personalbedarf weiter gestiegen ist.
Um in Zukunft trotzdem alle Aufgaben erledigen zu können, wird das Thema Ausbildung immer wichtiger. Im Verwaltungsbereich habe sich die frühzeitige Qualifizierung von Nachwuchskräften in den vergangenen Jahren bereits bewährt, betont in diesem Zusammenhang der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen, Thilo Becker.
Da absehbar war, dass viele Mitarbeiter aus den geburtenstarken Jahrgängen in den Ruhestand treten werden, habe man temporäre Doppelbesetzungen zur Einarbeitung junger Kollegen in Kauf genommen und sei damit gut gefahren, so Becker sinngemäß. Im technischen Bereich gelinge Ähnliches hingegen kaum. „Hier stehen wir, damit meine ich alle Kommunalverwaltungen, in direkter Konkurrenz mit der Privatwirtschaft“, erläutert der Verwaltungschef.
Auch die Verbandsgemeinde Montabaur hat ihre Ausbildungskapazitäten erhöht, um junge Leute frühzeitig zu gewinnen. Im Verwaltungsbereich gibt es dort ab dem kommenden Jahr fünf Ausbildungsplätze – bislang waren es drei. Zudem soll auch im Bereich der Wasserversorgungstechnik eigener Nachwuchs qualifiziert werden, erläutert die Behörde. Eine wichtige Rolle spiele außerdem die Gastausbildung: Dabei kommen Auszubildende anderer Behörden für mehrere Wochen oder Monate zum Hospitieren vorbei. Oftmals bewerben sich diese nach ihrem Abschluss dann auch bei einer Behörde, bei der ihnen die Gastausbildung gut gefallen hat.
Damit die Fachkräfte anschließend nicht abwandern, braucht es eine ordentliche Mischung aus guten Arbeitsbedingungen und weichen Standortfaktoren, meinen die Verwaltungsvertreter unisono. Die Sicherheit, die eine Stelle im öffentlichen Dienst bietet, ist bekanntlich schon seit Jahrzehnten ein wichtiges Argument. Ausschlaggebend seien aber zum Beispiel auch Fortbildungsmöglichkeiten, flexible Arbeitszeitmodelle oder auch die Option zum mobilen Arbeiten im dienstlich vertretbaren Umfang.
Die geografische Lage der angefragten Behörden im südlichen Westerwald nah an der Autobahn, der ICE-Strecke oder auch an Koblenz spiele ebenfalls eine Rolle bei der Fachkräftegewinnung. Nicht zuletzt hofft man, dass sich Bewerber mit der Arbeit für eine kommunale Verwaltung im Westerwald identifizieren können.