Westerwaldkreis. Im oberen Westerwaldkreis kamen im Vergleich zum unteren Kreisgebiet im vergangenen Jahr weitaus mehr Häuser, Grundstücke und Gewerbeobjekte unter den Hammer. Während beim Amtsgericht in Montabaur 2017 insgesamt 51 angeordnete Verfahren gezählt wurden, waren beim Amtsgericht in Westerburg im Vorjahr insgesamt 101 Anträge auf Zwangsversteigerungen eingegangen.
Die Anzahl der angeordneten Verfahren ist in den vergangenen zwei Jahren am Amtsgericht in Montabaur in etwa gleich geblieben, wie Amtsgerichtsdirektor Peter Lambert auf Anfrage informierte: 50 Verfahren von 2016 stehen 51 aus 2017 gegenüber. Lediglich vier Verfahren konnten im Vorjahr mit einem Eigentumswechsel beendet werden. In 21 Fällen fanden die Objekte oder Grundstücke keine neuen Eigentümer. 26 Zwangsversteigerungsverfahren aus dem vergangenen Jahr sind bei der Behörde nach wie vor noch anhängig. Im Jahr wechselte bei 17 Versteigerungen das Eigentum. In 23 Verfahren konnte kein Eigentumswechsel herbeigeführt werden, zehn Verfahren aus 2016 waren auch noch in 2017 anhängig. „Die Zahlen sind insoweit nur eingeschränkt aussagekräftig, als nicht alle Verfahren in dem Jahr erledigt werden, in dem sie anhängig geworden sind“, erläutert Peter Lambert. Aus den Zahlen gehe auch hervor, dass der weitaus größere Teil ohne tatsächlichen Eigentumswechsel erledigt wird. Dies sei zum Beispiel der Fall, wenn die Betroffenen nach Antragstellung dann doch zahlen und der Antrag zurückgenommen wird.
Längst wird über Zwangsversteigerungen nicht mehr ausschließlich per Aushang in den Gerichtsgebäuden oder in der Heimatzeitung informiert. Verschiedene Dienstleister bieten detaillierte Informationen zu Objekten, die unter den Hammer kommen sollen, im Internet an, wie der Direktor des Amtsgerichts in Westerburg, Hubert Ickenroth, im Gespräch mit unserer Zeitung erläuterte. Dies habe den Vorteil, dass auch Interessenten von außerhalb sich ein recht überschaubares Bild von einer zur Versteigerung anstehenden Immobilie verschaffen können.
Noch vor Jahren konnten Immobilien zu Dumpingpreisen über die Zwangsversteigerung den Eigentümer wechseln. Doch wer glaubt, mal soeben ein Schnäppchen für 50 Prozent des Verkehrswertes machen zu können, der irrt. Die Erfahrungen am Amtsgericht in Westerburg beispielsweise sprechen da nämlich eine andere Sprache. In Niedrigzinszeiten ist Wohnraum als Anlage begehrt. Die erhöhte Nachfrage führt zu höheren Preisen, auch bei der Zwangsversteigerung. Und Topobjekte gelangen in den allermeisten Fällen erst gar nicht zur Zwangsversteigerung. Die verkaufen sich in den häufigsten Fällen fast von alleine, es sei denn, es besteht eine Erben- oder Miteigentümergemeinschaft, die sich untereinander nicht einig wird. Und bei allen Immobilien kommen, wie Richter Ickenroth im Gespräch informiert, grundsätzlich nur drei Dinge in Betracht: „Lage, Lage und nochmals Lage.“
Bei den Objekten, die regelmäßig bei der Justiz in Westerburg unter den Hammer kommen, handelt es sich vorwiegend um ältere Häuser. Sie werden vor allem von jüngeren Leuten geschätzt, die sich für „kleines Geld“ den Traum vom Eigenheim erfüllen möchten. Problematisch wird es, wenn das Haus in einer Gemeinde mit schlechter In-frastruktur steht. Schule, Kindergarten, Bäcker, Metzger, Lebensmittelgeschäft, das sind Voraussetzungen, auf die die Interessenten achten. Landwirtschaftlich genutzte Flächen gehen bei den Zwangsversteigerungen nach den Erfahrungen der Justizbehörden indes weg wie warme Semmeln. Vor allem die örtlichen Landwirte interessieren sich für diese Flächen.
Michael Wenzel