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Aufs Dach gestiegen: Pfarreikirche St. Anna wird saniert

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Die Kirche St. Anna ist auf der Seite, die zum Pfarrhaus liegt, komplett eingerüstet. Fotos: Winfried Himmerich Foto: Winfried Himmerich

Zur Zeit ist das Herschbacher Gotteshaus St. Anna ringsum eingerüstet. Auf dem Dach sieht man Dachdecker bei ihrer Arbeit. Der Hahn hat seinen Platz auf dem Kirchturm verlassen und die Kreuzkugel befindet sich in einer Werkstatt. Auch das Kreuz wird überarbeitet, wie die Pfarrei mitteilt.

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Wer das bezahlt

Die Kosten der gesamten Baumaßnahme werden überwiegend vom Bistum übernommen. Aber auch die Pfarrei St. Anna wird einen finanziellen Teil zuschießen müssen. Ebenso wird das Land, da die Kirche unter Denkmalschutz steht, einen Zuschuss beisteuern.

Kirche war im Zweiten Weltkrieg Ziel von Bombern

Folgendes hat Ortschronist Winfried Himmerich recherchiert, aus der Geschichte der Kirche zusammengetragen und aus persönlichen Erinnerungen ergänzt: Während des Zweiten Weltkrieges wurden zweimal Bomben auf Herschbach abgeworfen, eine zerstörte die Holzbachbrücke, die anderen hinterließen eine Schneise des Todes und von Trümmern von der Zehntscheune hinter dem Pfarrhaus bis auf den Schenkelberger Weg.

Bei beiden Angriffen wurde auch das Gotteshaus in starke Mitleidenschaft gezogen, erklärt Himmerich: „Nicht nur einige Fenster waren defekt, auch das Dach zeigte viele Durchbrüche.“ Zunächst nur notdürftig repariert, wurden nach dem Kriege erweiterte Sanierungen am gesamten Dach mit Turm vorgenommen.

1949: Vier Stahlglocken im Turm installiert

„Da damals das heutige Bürgermeisteramt noch Schule war, konnten wir Kinder im dritten Schuljahr, also etwa 1953, vom Fenster aus die Reparaturarbeiten auf dem Kirchendach verfolgen“, erinnert sich der Herschbacher. Bereits im Jahre 1949 seien vier Stahlglocken als Nachfolger von vier Bronzeglocken, die zu Kriegszwecken eingeschmolzen worden waren, in dem Turm installiert worden. Obwohl Pfarrer Schneider sich seinerzeit gegen die Stahlglocken aussprach, Bürgermeister Schenkelberg als “Eigentümer“ aber das Sagen hatte, wurden die zu schweren Stahlglocken angeschafft.

Diese bewirkten im Laufe der Jahre viele Schwierigkeiten wie ein Loslösen des Turmes von dem Kirchengebäude. Eventuell sind die Undichtigkeiten in der Ecke Turm/Kirchenschiff mit eine Folge der Schwingungen des Turmes, mutmaßt der Ingenieur Himmerich.

1964: Kirchendach saniert

Ein Spruch, eingeritzt im Blei am Fuße des Turmkreuzes aus dem Jahre 1964, zeigt, dass zu diesem Zeitpunkt wohl eine größere Sanierung des Daches stattfand. Hier steht: „Gott schütze uns vor Regen, Wind und Gesellen, die gar langsam sind. Gerd Gresser, Dachdecker“. Der Dachdecker stammte damals aus Langendernbach.

Natur nagt weiter an Bedachung

Die Unbilden der Natur nagten, trotz weiterer immer wieder vorgenommener Reparaturen, so sehr an der Bedachung, dass Wasser bis ins Gebälk durchgedrungen war. Diese Schäden bemerkte Klaus Laux, der etwa zweimal im Jahr in den Turm steigt, um nach den Nistkästen der Turmfalken zu schauen. Er entdeckte eine undichte Stelle, und nach näherem Nachschauen stellte er auch Fäulnis an den Balken fest. Seine Beobachtungen teilte er dann dem Pfarrbüro mit.

Um Sanierung kommt Pfarrgemeinde nicht herum

Äußere Untersuchungen von einer Arbeitsbühne aus sowie einige Begehungen von Innen zeigten, welche Schäden vorlagen: Danach war es eindeutig, dass eine vollkommene Sanierung vorgenommen werden müsse. Nach weiteren umfangreichen Vorarbeiten wurde eine Firma aus der Verbandsgemeinde Hachenburg mit den Dachdeckerarbeiten beauftragt. Den Auftrag für die Zimmermannsarbeiten erhielt ein Betrieb aus Herschbach im oberen Westerwald.

Mit dem Gerüstbau am Kirchturm wurde am 30. Januar begonnen. Mitte Februar waren diese Arbeiten beendet. Grund für den frühen Anfang waren die Auflagen der Unteren Naturschutzbehörde: Zur Sicherung vor Verletzung oder Tötung von gesetzlich geschützten Tieren müsse das Baugerüst rechtzeitig vor Beginn der Etablierung eines Brutreviers des Turmfalken (spätestens bis Mitte Februar) aufgebaut und ein Falkenkasten am Baugerüst mit freiem Anflug durch den Vogel in der Nähe zum bisherigen Brutplatz aufgehängt werden.

Umzug der Turmfalken steht an

Der Einzug der Falken war aber nicht so einfach. Klaus Laux, ein Vogelexperte aus Herschbach, erzählt: “Als das Gerüst stand und der Nistkasten aufgehängt war, gab es heftige Kämpfe um den Nistplatz. Zuerst kamen zwei Dohlen-Paare und stritten sich um den Platz. Dann wollte ein Nilganspaar in die Kiste. Sie konnten sich aber mit ihren Schwimmfüßen nicht am Kasten festklammern und setzten sich daher auf den Kasten. Von da wollten sie die Dohlen bekämpfen.

Luftkampf zwischen Vögeln

Zuletzt kamen dann die Turmfalken und vollführten Sturzflüge auf die Nilgänse. Das ging über mehrere Tage so. Die Dohlen sind dann nach Hartenfels zum Schmanddippen abgezogen. Die Falken haben, weil sie nicht locker gelassen haben, den Kampf gewonnen. Sie zogen zum Nisten in ihr neues Zuhause ein.“ Die im April begonnen Arbeiten am Turm hatten sie nicht gestört. In der letzten Maihälfte kamen sechs Turmfalkenkinder zur Welt.

Die eigentlichen Arbeiten hatten witterungsbedingt erst fünf Wochen nach Fertigstellung des Gerüstes begonnen. Der Zugang zum Gotteshaus war ab Mitte Mai nur noch durch die Seitentür möglich, ab Juli wird der Gottesdienst am Mittwochmorgen wegen der Arbeiten am Kirchendach im Pfarrheim durchgeführt. Der Vorabendgottesdienst am Samstag kann aber in der Kirche weiter gehalten werden, kündigt die Pfarrei an.

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Mit den Plänen für die Dachsanierung vertraut sind (von links): Werner Schmitz, stellvertretender Verwaltungsratsvorsitzender, Architekt Thomas Urban und Pfarrer Stephan Neis.
Foto: Winfried Himmerich

780 Quadratmeter sind zu reparieren

Nach dem Freilegen des Turmes wurde in dem Kaiserstiel aus Eiche, etwa eineinhalb Meter unter der Spitze, von Klaus Laux ein Name entdeckt. Hier hatte sich “N. Gottlib“ im Jahre 1766 verewigt. Die Dachfläche des Kirchturms, der ohne Kreuzkugel, Kreuz und Hahn 40 Meter hoch ist, umfasst etwa 170 Quadratmeter. Die Dachflächen des Schiffes und des Chores addieren sich auf etwa 780 Quadratmeter. Die Dachflächen der Sakristei und des Heizraumes sind noch in Ordnung.

Turm wie Schiff und Chor werden in altdeutscher Schieferdeckung eingedeckt. Die Größe der Steine am Turm wird etwa 20 auf 22 Zentimeter, am restlichen Dach etwa 22 auf 26 Zentimeter messen. Die Schieferplatten kommen aus Galizien in Spanien. Frühere Produktionsstätten in der Eifel stellen bereits seit einigen Jahren keine Naturschiefer mehr her.

Fertigstellung im Herbst geplant

Die Planung sieht die Fertigstellung des Turmes für den Herbst vor. Die übrigen Arbeiten an der Kirche sollen bis Endes des Jahres abgeschlossen sein. Architekt Thomas Urban hofft, dass das Wetter es zulässt und die Arbeiten planmäßig und ohne Zwischenfälle abgeschlossen werden können. red