Bad Ems/Mainz

Tödliche Holzfallen aus der Römerzeit: Sensationeller Fund in Bad Ems

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Oberhalb der Bad Emser Silberbergwerke wurde eine sehr gut erhaltene Holzfalle aus der Römerzeit entdeckt. Nach der Restaurierung der Funde wurden sie nun der Öffentlichkeit vorgestellt. Foto: Goethe-Universität Frankfurt/Frederic Auth, Goethe-Universität Frankfurt/Karlheinz Engemann, Leiza/S. Steidl (3)

Nach dem erfolgreichen Abschluss archäologischer Forschungskampagnen zu zwei römischen Militärlagern bei Bad Ems sind die Funde und Befunde in Mainz der Öffentlichkeit präsentiert worden. Zum ersten Mal sei es den Forschenden gelungen, angespitzte Holzpfähle aus einem römischen Verteidigungsgraben aus dem 1. Jahrhundert nach Christus nahezu unbeschadet zu bergen.

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Bislang war diese Wehrtechnik und potenziell tödliche Falle für Angreifende nur durch schriftliche Quellen bekannt: Nun konnten solche Pfähle erstmals archäologisch geborgen und in den spezialisierten Restaurierungslaboren des Leiza untersucht werden. Das Forschungsnetzwerk, bestehend aus Experten der GDKE, der Goethe-Universität Frankfurt, das Leibniz-Zentrum für Archäologie (Leiza) und weiteren Partnern, hat die wissenschaftlichen Ergebnisse in einer Publikation zusammengefasst.

„Im inneren Spitzgraben des Kleinkastells haben wir die angespitzten Holzpfähle in einem Verteidigungssystem gefunden. Bemerkenswert ist, dass die Funde in ihrem ursprünglichen funktionalen Konstruktionskontext erhalten geblieben sind. Die außergewöhnlich gute Erhaltung der Holzobjekte und die sehr gut erhaltenen und geborgenen Stoffreste aus dieser Zeit sind vor allem der dauerhaften Staunässe zu verdanken. Solche Annäherungshindernisse wurden bereits von antiken Autoren wie Caesar beschrieben, aber erstmals gelang hier im gesamten Römischen Reich der archäologische Nachweis solcher pila fossata“, so beschreibt der Archäologieprofessor Markus Scholz von der Goethe-Universität Frankfurt die Fundsituation.

Fund ist eine kleine Sensation für die Archäologie

Die 23 Holzfunde sind 2019 für die nächsten 2,5 Jahre den spezialisierten Laboren des Leiza zur Konservierung und Restaurierung überlassen worden. „Diese ungewöhnlich gut erhaltenen archäologischen Funde verdanken wir vor allem dem sauerstoffarmen Feuchtboden, der von dichten Sedimentschichten bedeckt war. In meiner 35-jährigen Berufstätigkeit hatte ich es noch nie mit so fest aufsitzenden Sedimentauflagen zu tun“, beschreibt Markus Wittköpper, Experte für Nassholzkonservierung im Leiza, seinen ersten Eindruck.

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Oberhalb der Bad Emser Silberbergwerke wurde eine sehr gut erhaltene Holzfalle aus der Römerzeit entdeckt. Nach der Restaurierung der Funde wurden sie nun der Öffentlichkeit vorgestellt.
Foto: Goethe-Universität Frankfurt/Frederic Auth, Goethe-Universität Frankfurt/Karlheinz Engemann, Leiza/S. Steidl (3)

Die Generaldirektorin des Leiza, Alexandra W. Busch, ergänzt: „Diese auf den ersten Blick unscheinbaren Holzpfähle aus den Militärlagern bei Bad Ems sind für die Archäologie eine kleine Sensation, über die sich die Spezialistin für das römische Militär in mir besonders freut. So bin ich auch persönlich sehr stolz darüber, dass die Labore zur Restaurierung und Konservierung am Leiza wieder einmal ihre einzigartige Expertise einbringen konnten, um die Holzfunde dauerhaft zu erhalten.“

„In meiner 35-jährigen Berufstätigkeit hatte ich es noch nie mit so fest aufsitzenden Sedimentauflagen zu tun.“

Markus Wittköpper, Experte für Nassholzkonservierung

Die Spuren der zwei römischen Militärlager, die für wenige Jahre um die Mitte des 1. Jahrhunderts nach Christus besetzt waren, sind im Rahmen des drei Jahre laufenden wissenschaftlichen Projekts zwischen 2017 und 2019 aufgedeckt worden. Die Auswertungen konnten 2023 abgeschlossen werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit stehen die Lager im Zusammenhang mit der Suche nach Silberadern unter dem römischen Statthalter Curtius Rufus, die durch den römischen Historiker Tacitus überliefert wurde.

Das größere der beiden Lager, mit einer Fläche von etwa acht Hektar, bot Platz für 3000 Mann. Es war mit Spitzgräben, einem Erdwall und hölzernen Türmen befestigt. Diese Entdeckung wurde erst im Jahr 2016 durch den ehrenamtlichen Denkmalpfleger Jürgen Eigenbrod gemacht.

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Oberhalb der Bad Emser Silberbergwerke wurde eine sehr gut erhaltene Holzfalle aus der Römerzeit entdeckt. Nach der Restaurierung der Funde wurden sie nun der Öffentlichkeit vorgestellt.
Foto: Goethe-Universität Frankfurt/Frederic Auth, Goethe-Universität Frankfurt/Karlheinz Engemann, Leiza/S. Steidl (3)

Bislang galt das Areal im Wald auf dem „Blöskopf“ aufgrund seiner Lage oberhalb der Bad Emser Silberbergwerke und in der Nachbarschaft historischer Abbauspuren (Pingenfelder) seit dem 19. Jahrhundert als römisches Hüttenwerk. Aufgrund seiner Nähe zum Limes wurde es in das 2. bis 3. Jahrhundert datiert.

Nach den Prospektionen und Ausgrabungen zwischen 2018 bis 2019 fanden die Forschenden heraus, dass es sich um ein etwa 0,1 Hektar großes Kleinkastell handelt, welches um 50 nach Christus offenbar der Kontrolle eines römischen Bergbaureviers diente. Im Inneren dieses Kleinkastells befindet sich einer der zweitältesten Steinbauten rechts des Rheins, der als zentraler Wehrbau in der Anlage identifiziert werden konnte.

Expertise verschafft Blick in die Zeit des Römischen Reichs

Heike Otto von der Generaldirektorin Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz freut sich: „Es ist selten, dass ein so fundierter Blick in die Zeit des Römischen Reiches möglich wird. Ich möchte allen an diesem Projekt beteiligten Expertinnen und Experten aus zahlreichen Disziplinen herzlich danken und die Publikation zum Thema wärmstens empfehlen.“ red

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Oberhalb der Bad Emser Silberbergwerke wurde eine sehr gut erhaltene Holzfalle aus der Römerzeit entdeckt. Nach der Restaurierung der Funde wurden sie nun der Öffentlichkeit vorgestellt.
Foto: Goethe-Universität Frankfurt/Frederic Auth