Rhein-Lahn/Frankfurt

Stark sinkende Mitgliederzahlen: Muss die Evangelische Landeskirche ihr Einsparziel weiter erhöhen?

Der Glaube und die Hoffnung auf eine lichte Zukunft koppeln sich weiter von der Zugehörigkeit zu einer Kirche ab. Auch die Landeskirche EKHN geht von rasch sinkenden Mitgliederzahlen und Steuereinnahmen aus.
Der Glaube und die Hoffnung auf eine lichte Zukunft koppeln sich weiter von der Zugehörigkeit zu einer Kirche ab. Auch die Landeskirche EKHN geht von rasch sinkenden Mitgliederzahlen und Steuereinnahmen aus. Foto: Uli Pohl

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) muss möglicherweise mehr sparen als bisher geplant. Finanzdezernent Thorsten Hinte hat die Mitglieder der Synode zum Auftakt der Haushaltsberatungen in Frankfurt darauf hingewiesen, dass es nötig werden könnte, das Einsparziel von 140 Millionen Euro zwischen 2020 und 2030 auf 185 Millionen Euro zu erhöhen.

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Grund sei, dass die Mitgliederzahl der Kirche schneller sinke, als 2019 angenommen. Inzwischen gehe die Kirchenleitung von einem Schrumpfen um 3 Prozent der Mitglieder pro Jahr aus. Weil aber die Einnahmen der EKHN aus der Kirchensteuer in den vergangenen Jahren höher waren als geschätzt, halte die Kirchenleitung zumindest bis 2025 an dem bisherigen Einsparziel von 140 Millionen Euro fest.

Dieses Einsparziel sei aber noch nicht konkretisiert, sagte der Finanzdezernent. Bisher habe die Synode erst Einsparungen in Höhe von 110 Millionen Euro bis 2030 eingeplant. Es fehlten also noch Festlegungen für Einsparungen in Höhe von 30 Millionen Euro. Dies sei ohne Einsparungen beim Personal nicht zu erreichen. Über mögliche Erhöhungen des Einsparziels um bis zu 45 Millionen Euro solle in den folgenden Jahren entschieden werden. Allerdings sei auch 2030 kein Ende der Einsparungen zu erwarten.

Der Vorsitzende des Ausschusses für Kommunikation und Gemeindeentwicklung, Klaus Neumeier, warb dafür, das Einsparziel von 140 Millionen Euro auf 185 Millionen Euro bis 2030 zu erhöhen. „Die aktuelle Situation hängt an einem seidenen Faden“, sagte er. „Wir brauchen die Transformation der Kirche.“ Ihm widersprach der Vorsitzende des Finanzausschusses, Christian Heß. Eine Erhöhung des Einsparziels würde die bisher erreichten Einsparungen abwerten, sagte Heß. Außerdem müsse die Synode für das bisherige Ziel erst noch weitere 30 Millionen Euro an Einsparungen festlegen. Das bisherige Einsparziel von 140 Millionen Euro solle nicht vor der Überprüfung 2025 erhöht werden.

Doppelhaushalt soll mehr Planungssicherheit geben

Das Budget sieht für 2024 ein Volumen von etwa 737 Millionen Euro und für 2025 von knapp 744 Millionen Euro vor. Der vorgelegte Haushaltsplan rechnet in den kommenden beiden Jahren mit nahezu gleichbleibenden Kirchensteuereinnahmen von 540 beziehungsweise 543 Millionen Euro. Der neue Doppelhaushalt soll nach Worten von EKHN-Finanzdezernent Thorsten Hinte mehr Planungssicherheit geben. Zudem trage er zur Vereinfachung der Beratungsverfahren und Verwaltung bei.

Als größte Posten im Haushalt gelten die Personalaufwendungen in Höhe von jeweils rund 330 Millionen Euro. Für die Arbeit auf Gemeinde- und Dekanatsebene sind in den neuen Etats rund 340 Millionen Euro an Zuweisungen eingeplant. Fast 50 Millionen Euro an Eigenmitteln sind unter anderem für die Arbeit in Kindertagesstätten vorgesehen. Für den Erhalt der Gebäude in den Kirchengemeinden sind 42 Millionen Euro Zuweisungen eingeplant. Ausgebaut wurde auch der auf etliche Jahre angelegte Zukunftsfonds über insgesamt 46 Millionen Euro. Mit ihm sollen in den kommenden Jahren besondere Aufgaben, unter anderem beim Klimaschutz und in der Digitalisierung, verstärkt angegangen werden.

Bei der Vorstellung des Doppelhaushalts fiel auch der Blick auch auf die aktuelle Kirchensteuersituation. Demnach fallen die Einnahmen im laufenden Jahr nicht mehr so gut wie zuletzt aus. Finanzdezernent Hinte schätzt, dass der ursprüngliche Planansatz von 527 Millionen Euro für den laufenden Haushalt am Ende des Jahres höchstens knapp erreicht werden kann.

Herbstsynode der Landeskirche steht vor schwierigen Entscheidungen

Angesichts der Zukunftsprognosen mahnte Hinte „alles zu unternehmen, um unser Einsparziel bis zum Jahr 2030 zu erreichen“. So seien die im Zukunftsprozess „ekhn2030“ vorgelegten Sparziele, den Haushalt bis zum Jahr 2030 um 140 Millionen Euro zu entlasten, bisher noch nicht einmal zur Hälfte erfüllt. Ein Griff in die Rücklagen ist für Hinte dauerhaft keine Perspektive, weil sie begrenzt seien: „Wir riskieren sonst, unsere Handlungsfähigkeit zu verlieren“.

Die Beratungen über den anstehenden Doppelhaushalt der Landeskirche werden am Freitag fortgesetzt. Die Tagung in Frankfurt geht am Samstag zu Ende. epd

Höchste Auszeichnung der EKHN für Winfried Schneider

Auf der Synodentagung wurde der langjährige Präsident des Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgerichts (KVVG) der EKHN, Winfried Schneider (72), mit der Martin-Niemöller Medaille der Kirche ausgezeichnet. Der Jurist hatte diese Funktion nach Kirchenangaben von 1998 an 25 Jahre lang ehrenamtlich innegehabt. Dem Kirchengericht gehörte er insgesamt 35 Jahre lang an. Die Martin-Niemöller-Medaille ist die höchste Auszeichnung der EKHN für ehrenamtliches Engagement.

Zu Schneiders Nachfolgerin wurde seine bisherige Stellvertreterin, die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Darmstadt, Jutta Schild, berufen. Zum stellvertretenden Präsidenten des KVVG wählte die Synode den bisherigen Beisitzer und Richter am Verwaltungsgericht Mainz, Michael Ermlich. Die Amtsperiode beginnt 2024 und dauert sieben Jahre. Das ehrenamtlich tätige Gericht arbeitet unabhängig und kann angerufen werden, um Entscheidungen und Verwaltungsakte in der Kirche juristisch überprüfen zu lassen. epd