Stadtarchivar Bernd Geil hat Spannendes rund um Lahnsteins älteste Apotheke zusammengestellt: „Wer die Apotheke betritt, fühlt sich in eine andere Zeit versetzt – die gesamte Einrichtung mit Registrierkasse gleicht einem Museum. Seit 1963 im Besitz der Familie Schlosser, wird sie Ende des Monats altersbedingt schließen. Wer im 19. Jahrhundert eine Apotheke eröffnen wollte, musste die Genehmigung bei seinem Landesherrn einholen. In nassauischer Zeit gab es keine Apotheke in Lahnstein. Wer Medikamente brauchte, musste nach Braubach fahren, wo seit 1818 – damals nassauische Amtsstadt – eine Apotheke nachweisbar ist.
1865 trat der Gemeinderat von Oberlahnstein an die Regierung mit der Bitte heran, dass auch Oberlahnstein eine Apotheke erhalte. Die Regierung in Wiesbaden beauftragte daraufhin den Apotheker Friedrich Wilhelm, der seit 1851 die Braubacher Apotheke betrieb, eine Apotheke in Oberlahnstein zu errichten. Nach einigem Zögern richtete er am 1. Januar 1868 im heutigen Salhof eine Filialapotheke ein, da er Braubach nicht verlassen wollte. Das rasche Wachstum der Stadt Oberlahnstein veranlasste ihn dann doch, 1869 ganz nach hier überzusiedeln und in einem Neubau eine Apotheke zu eröffnen. Diese befand sich an der Ecke Westallee/Adolfstraße und wurde noch im gleichen Jahr vom königlich-preußischen Oberpräsidium zu einer selbstständigen Apotheke erhoben.
Ab 1888 führte sein gleichnamiger Sohn Dr. Friedrich Wilhelm die Apotheke und verlegte sie 1901 an den heutigen Standort. Dazu kaufte er zwei alte Gebäude an der Hochstraße/Blankenberg, ließ sie abreißen und errichtete das geräumige Anwesen. 1906 verkaufte Dr. Wilhelm die Apotheke dem Apotheker Heinrich Sonderkamp aus Euskirchen, der sie wiederum 1910 an Wilhelm Jerusalem verkaufte. Insofern ist die „Jerusalem’s-Apotheke“, wie sie heute noch nach ihrem damaligen Besitzer benannt ist, die älteste Apotheke von Lahnstein.
Die Ausstattung stammt unverändert aus dem Jahr 1925, als der Kundenbereich umgebaut, in Holz getäfelt und mit wertvollem Delfter Porzellan ausgestattet wurde. Zwar wurde die Einrichtung am 11. November 1944 durch eine vor dem Haus niedergehende Bombe zerstört, doch blieb das zu Anfang des Krieges im Keller sichergestellte Porzellan erhalten und wurde 1949 wieder eingeräumt. 1963 übernahm Max Schlosser die Apotheke, der Vater der heutigen Inhaberin. Zuvor war Max Schlosser seit 1957 bei Herrn Jerusalem angestellt. Nach Schlossers Tod 1972, wurde die Apotheke an Diethelm Gilles verpachtet. 1978 übernahm Schlossers Tochter Doris die Apotheke.
Die alte Einrichtung ist erhalten geblieben, der Kundenbereich traditionell wie vor 100 Jahren. Einige Eigenpräparate werden auf Wunsch noch hergestellt, ausgefallene Rezepturen und Teemischungen nehmen einen relativ breiten Raum ein. Nach wie vor ziehen die rote Backsteinfassade, die bleiverglasten Blumenfenster, die vielen Standgefäße und Schubladen die Blicke der Kunden an. Auch in den Nebenräumen gibt’s jede Menge Altertümchen zu sehen, wie ein ausgedientes Destilliergerät, Apothekerschränke, Gefäße oder alte broschierte Bücher mit verschiedenen Rezepturen. red