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Lahnstein

Haushalt verabschiedet, aber: Tiefer Riss geht durch den Lahnsteiner Rat

Während später Schneefall die bereits in Karnevalslook gehüllte Stadtmauer und den Hexenturm mit einer Puderzuckerschicht überzieht und ein friedlich-idyllisches Bild bietet, wurde Tage zuvor gegenüber in der Stadthalle heftig diskutiert. Im Stadtrat herrscht aktuell alles andere als Harmonie.  Foto: Karin Kring
Während später Schneefall die bereits in Karnevalslook gehüllte Stadtmauer und den Hexenturm mit einer Puderzuckerschicht überzieht und ein friedlich-idyllisches Bild bietet, wurde Tage zuvor gegenüber in der Stadthalle heftig diskutiert. Im Stadtrat herrscht aktuell alles andere als Harmonie. Foto: Karin Kring

In etwa fünf Monaten wird der Stadtrat neu gewählt. Nimmt man die Januarsitzung des höchsten kommunalpolitischen Gremiums der Stadt als Maßstab, dürften dies zehrende Wochen für Ratsmitglieder wie Verwaltung werden: Erneut wurden Verwerfungen zwischen der Stadtverwaltung und der drittgrößten Ratsfraktion, der Unabhängigen Liste (ULL), auf der einen Seite und CDU, SPD, Grünen, FBL, FDP sowie Alternativer Grüner Liste auf der anderen Seite deutlich.

Lesezeit: 4 Minuten
Tiefe Risse, die vor allem im Lichte der anstehenden Kommunalwahlen kaum zu kitten scheinen. Das Wichtigste für die Bürgerinnen und Bürger vorweg: Der Stadtrat hat mit deutlicher Mehrheit einen Haushaltsplan verabschiedet, der gute Chancen hat, von der Aufsichtsbehörde genehmigt zu werden. Eine dauerhafte vorläufige Haushaltsführung scheint abgewendet. Eine solche hätte tiefe ...
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Haushaltsreden: Kritik, Frust und etwas Hoffnung

Sie gelten als Königsdisziplin der Kommunalpolitik: Die Haushaltsreden der Fraktionsvorsitzenden. Wie schon in den vergangenen Jahren waren die Reden wieder von Frust über die schlechte Finanzausstattung durch das Land und das allgemeine Gefühl geprägt, kommunal lediglich Mängel verwalten zu können.

Aber auch die immer wiederkehrenden Spannungen zwischen der „Fraktionsgemeinschaft“ und der ULL wurde thematisiert, genau wie Kritik an der Kommunikation des Oberbürgermeisters. Hier eine kurze Zusammenfassung der Reden:

Johannes Lauer (CDU): „Der Fatalismus der Kommunalpolitik hat sich deutlich erhöht“, konstatierte dieser. Die Haushaltsberatungen glichen in den vergangenen drei Jahren einem „verzweifelten Meinungsaustausch zur Schadensbegrenzung“, so Lauer. „Das hat nichts mehr mit kommunaler Selbstverwaltung zu tun.“ Sehr positiv empfunden ht Lauer die „außergewöhnlich gute Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen“, wie er es formulierte. Der überfraktionelle Austausch habe sich „als ein normales und praktikables Instrument zum Erreichen gemeinsamer Ziele“ erwiesen, sagte Lauer.

Gabi Laschet-Einig (SPD): Es war die letzte Haushaltsrede der langjährigen SPD-Frontfrau, sie tritt bei der Wahl nicht mehr an. „Ich habe den Eindruck, dass das gesellschaftliche Klima zunehmend von demokratischen Diskursen entkoppelt wird“, sagte Laschet-Einig. „Informationen fließen derart kurzfristig, dass kaum ausreichend Zeit zur angemessenen Verarbeitung gegeben ist.“ Die Zusammenarbeit zwischen Stadtoberhaupt und Fraktionen auf Augenhöhe, die auf Vertrauen basiere, „ist noch sehr ausbaufähig“, befand Laschet-Einig. Man habe sich beispielsweise gewünscht, bei der Neuorganisation der Verwaltung mit einbezogen zu werden, genau wie in die Entwicklung des neuen Stadtlogos. Innerhalb der Fraktionen sei aber „zunehmend ein Zusammenhalt und das Bemühen zu Kompromissen zu spüren“, so Laschet-Einig. Den mit dem Haushaltsplan verknüpften Stellenplan der Stadt nahm sie „zur Kenntnis“: Hier gehe es nicht um Personalangelegenheiten, sondern um Stellenbesetzungen. „Das wissen und respektieren wir. Es gibt aber auch Veränderungen, die uns nicht plausibel sind.“

Chris Sporenberg (ULL): „Eigentlich wollte ich heute eine versöhnliche Rede halten“, erklärte Sporenberg, der im vergangenen Jahr mit seiner Fundamentalkritik an einer Ausgrenzung der ULL für Aufregung gesorgt hatte. „Aber nachdem, was eben beim Thema Freilichtspiele hier abgelaufen ist und nachdem wir erneut von Absprachen einfach ausgeschlossen wurden, ist mir die Lust vergangen.“ Sporenberg hielt eine abgespeckte Rede, lobte die „sehr konstruktive Atmosphäre“ während der Haushaltsberatungen. „Diese Gemeinsamkeit scheint jedoch den anderen Fraktionen nicht viel zu bedeuten, denn bei den Vorbesprechungen zu der beschlossenen Änderung wurden wir wieder außen vor gelassen.“ Als Konsequenz dieses mangelnden Miteinanders stimme man dem Haushalt nicht zu.

Jutta Niel (Grüne): Die Grünenchefin kritisierte den OB für dessen Umzugspläne für das Jukz. „Wenn wir das Jukz wie geplant erst einmal auf sieben Standorte verteilt hätten, würden wir jetzt ganz schön dumm aus der Wäsche schauen“, sagte Niel. Der geplante Ankauf des Pfarrzentrums als Jukz-Alternative sei aufgrund der Haushaltslage nicht möglich. Niel ging auch auf die Weltlage „voller internationaler Krisen“ ein, appellierte dafür, für die Demokratie im Land zu kämpfen. Auch die Klimakrise nahm einen Teil ihrer Rede ein, die Arbeit des Klimaschutzmanagers der Stadt sei wichtig. Für die Zukunft wünscht sich Niel ein Förderplanmanagement innerhalb der Verwaltung. „Damit Lahnstein überhaupt gestalten und nicht nur verwalten kann.“

Reiner Burkard (FBL): „Trotz intensiver Bemühungen klafft immer noch ein Loch von über 600.000 Euro im Haushalt“, so Burkard. Schuld seien die immer neuen Anforderungen der Politik von Bund und Land sowie die unzureichende Finanzausstattung. „Die Streichung freiwilliger Leistungen wäre ein Schlag ins Gesicht der vielen Ehrenamtler.“ Burkard dankte allen in Rat und Verwaltung für die „gute und konstruktive“ Zusammenarbeit – „auch wenn es heute Mal geruckelt hat ...“

Sascha Weinbach (FDP): Eigentlich könne man sich die Haushaltsreden ja sparen, befand Weinbach. „Dass ich es mache, ist letztlich dem Umstand geschuldet, nicht müde zu werden, immer wieder öffentlich auf die katastrophale Finanzausstattung der Kommunen hinzuweisen.“ Die ADD, die Weinbach „verlängerter Arm der Landesregierung“ nannte, „tadelt uns seit Jahren, unsere Bürger nicht genug ausgepresst zu haben“. Steuererhöhungen würden gefordert. „Gleichzeitig wundern sich Berufspolitiker darüber, wie sich das soziale Miteinander im Land verändert, warum so viele unzufrieden sind und somit den Demokratiefeinden in die Hände fallen.“ Dennoch müsse man alles versuchen, die Stadt langfristig auf gesunde finanzielle Füße zu stellen. „Dies geht nur, wenn Rat und Verwaltung vertrauensvoll zusammenarbeiten, jeder dem anderen auch seine Ideen und Visionen verrät – und nicht im stillen Kämmerlein für sich behält.“

Rhein-Lahn-Zeitung
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