Über Jahrzehnte war das orangefarbene Warenhaus in der Stadtmitte das Schreckgespenst des Einzelhandels. Mit seiner Wucht erdrückte es manchen Händler, nach und nach strichen viele die Segel. Auch das Stadtbild hat sich verändert, wenn heute Touristen nach der Einkaufsstraße fragen, herrscht betretenes Schweigen.
Mit der Brückensperrung schwebt ein neues Schreckgespenst in der Luft. Der LBM setzte ein Umfahrungskonzept um, das den Durchgangsverkehr möglichst raushalten soll. Aus gutem Grund, denn 23.000 Fahrzeuge täglich kann das Lahnsteiner Straßennetz nicht bewältigen. Nach einem Monat darf man konstatieren: Das Konzept funktioniert.
Neben großer Probleme (Abgase, Stau in Kernzeiten) bringt die Brückensperrung eines mit sich: ein schlechtes Image. Vor allem dank der sozialen Netzwerke drängt sich vielen Nicht-Lahnsteinern der Eindruck auf, die Stadt sei sehr schwer zu erreichen – oder sogar „zu“. Dabei ist das mitnichten so, wie auch – bei allen berechtigten Klagen – beim Treffen unserer Zeitung deutlich wurde: Viele gaben sich da kämpferisch, wollen den Kunden zeigen, dass der Besuch lohnt, dass es ein Durchkommen (auch mit dem Auto) gibt, genau wie Parkplätze – und feine, kleine und auch größere Angebote.
Genau wie eine individuelle Beratung, die man so weder im Internet noch im XXL-Laden bekommt. Genau diese Vorteile deutlicher nach außen zu kommunizieren, ist die Aufgabe der nächsten Wochen. Ob mit Sonderaktionen (wie wäre es mit einem kleinen Wochenmarkt?), gemeinsamer Öffentlichkeitsarbeit, angepassten Öffnungszeiten, Infoflyern oder anderen Ideen.
Bei all dem müssen die Lahnsteinerinnen und Lahnsteiner vorangehen: Kauft vor Ort ein, unterstützt Einzelhandel und Gastronomie! Schaut erst mal hier nach eurem Ostergeschenk, statt euch ins (Verkehrs-)-Chaos im Oberzentrum zu stürzen – oder schon wieder Geld im anonymen Internet auszugeben. Nur dann wird aus dem Zerrbild einer „toten“ Stadt keine Realität. Können die Händler neue Akzente setzen, könnte 2024 zum Startschuss in eine bessere Zukunft werden.
E-Mail an den Autor: tobias.lui@rhein-zeitung.net