Lahnstein

Vor 20 Jahren: Als noch 18.000 Tonnen Verpflegung für Soldaten in Lahnstein lagerten

Das Gelände um 1955 zur Zeit der französischen Besatzung.
Das Gelände um 1955 zur Zeit der französischen Besatzung. Foto: Rudolf Blesius

18.000 Tonnen Lebensmittel, Konserven, Roggenschrotbrot in Dosen, Einmannrationen lagerten hier, rund 100 Mitarbeiter waren hier beschäftigt: Das Wehrbereichsverpflegungsamt war über Jahrzehnte prägend für Lahnstein. Bernd Geil vom Stadtarchiv blickt auf seine Geschichte zurück.

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Kurz nach dem Bau der Deines- und Bruchmüller-Kasernen in den Jahren 1937/38 auf der Anhöhe von Niederlahnstein wurde direkt am Rhein, zwischen Innenstadt Niederlahnstein und den Didierwerken, mit dem Bau einer großen Verpflegungsanlage für die zum Standort Koblenz/Lahnstein gehörigen Truppen begonnen. Die in den Jahren 1939 bis 1942 errichtete Anlage wurde in Gestalt mehrerer mehrstöckiger Bauten geschaffen. Nach dem Krieg diente sie den Besatzungstruppen – zunächst den USA, ab Juli 1945 den Franzosen – als Verpflegungsanlage.

Am 15. Mai 1957 wurde hier das Wehrbereichsverpflegungsamt IV (WBVpflA IV) eingerichtet und mit der Beschaffung, Einlagerung, Verwaltung und Ausgabe von langlagerfähigen Verpflegungsmitteln als Verteidigungsvorrat beauftragt. Es handelte sich um eine Dienststelle der territorialen Bundeswehrverwaltung, die regional zuständig war für den Wehrbereich IV. Art und Menge der einzulagernden Verpflegungsmittel waren in einem Erlass des Bundesministeriums für Verteidigung festgelegt. Dabei handelte es sich um rund 300 verschiedene Artikel.

In einer bei der Hauptstelle Lahnstein stationierten Feldbäckerei wurde langlagerfähiges Roggenschrotbrot in Dosen gebacken und als Verteidigungsvorrat fünf Jahre lang eingelagert. Auch die Einmannverpackungen wurden hier verpackt. Zur Erfüllung seiner Aufgaben verfügte das WBVpflA IV über eine Hauptstelle mit Sitz in Lahnstein, drei Außenstellen in Baumholder, Gillenfeld und Worms sowie zeitweise acht Nebenlager. Im Jahre 1982 wurden 95 Personen beschäftigt.

Am 1. Oktober 1992 wurden im Rahmen der Neuorganisation der territorialen Wehrverwaltung die vier Verpflegungsämter Nord, Ost, Süd und West eingerichtet. Lahnstein wurde Sitz des Verpflegungsamtes West, zuständig für die Versorgung der Truppenteile/-küchen in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Saarland (ehemals Wehrbereiche III und IV).

Im Jahr 2001 aufgelös: Ein Hinweisschild mit der Abkürzung für Wehrbereichsverpflegungsamt West IV wies im Jahr 1989 den Weg. Zum Jahresende 2001 wurde der Sitz in Lahnstein aufgelöst.
Im Jahr 2001 aufgelös: Ein Hinweisschild mit der Abkürzung für Wehrbereichsverpflegungsamt West IV wies im Jahr 1989 den Weg. Zum Jahresende 2001 wurde der Sitz in Lahnstein aufgelöst.
Foto: Stadtarchiv Lahnstein

Lahnsteiner Außenstellen wurden Borken/Westfalen, Gillenfeld/Eifel und Mönchengladbach mit einem Nebenlager in Düsseldorf. Im Bereich des Amtes waren damals 65 Personen beschäftigt. Seit Herbst 1994 beschafften die vier Verpflegungsämter die sogenannte Magazinverpflegung, die ein Teil der Bevorratung waren und im Halbjahresrhythmus beschafft wurden.

Weitere Verpflegungsmittel des Verteidigungsvorrates, die zentral durch das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) in Koblenz beschafft wurden, waren beim Verpflegungsamt eingelagert und wurden nach Ablauf der durch das Bundesministerium der Verteidigung festgesetzten Lagerzeit verkauft bzw. den Truppenküchen zum Verbrauch zugewiesen. Dies waren küchengebundene Verpflegungsmittel, Einmannverpackungen, sogenannte Traveller-Verpflegung für Einheiten wie Fernspäher, Fallschirmjäger, Panzeraufklärer oder Kampfschwimmer und sonstige Sonderverpflegung.

Zu letzterem gehörten die Notration-Verpflegung, bestehend aus Müsli-Presslingen, Schwarzem Tee und Wasserentkeimungstabletten, die Überlebensration (vorgesehen für Seenotrettungsinseln), die U-Boot-Verpflegung, ABC-Nährflüssigkeit (für ABC-Schutzmasken, eingesetzt in verstrahltem oder verseuchtem Gebiet) sowie Verbrauchsmittel der Militärseelsorge für das gesamte Bundesgebiet (zum Beispiel Messwein, Hostien), die durch das Verpflegungsamt West beschafft und verteilt wurden.

Zum 31. Dezember 2001 wurde der Lahnsteiner Sitz des Verpflegungsamtes West aufgelöst. Letzter Leiter war Bernd Wehrmeister von März 1988 bis April 2003, der mit der Abwicklung der Geschäfte und der Erstellung einer Studie über die Regelung der Verpflegungsversorgung der Streitkräfte bei Einsätzen im Ausland bis April 2003 beauftragt wurde.

2003 wurden zwei Drittel der Liegenschaft an die Firma Röchling Sustaplast KG verkauft, die die Anlage heute selbst nutzt. Den anderen Teil der Liegenschaft kaufte 2007 die Stadt Lahnstein und richtete ihn für die Unterbringung von Baubetriebshof, einen Teil der Stadtverwaltung – Fachbereich 4 Bauwesen und Eigenbetrieb WBL – sowie den Neubau der Wache Nord her.