Bad Ems

Nach Paracelsus-Aus in Bad Ems: Stadt will weiter um den Klinikstandort kämpfen

Seit Dienstag ist sie in aller Munde, die Paracelsus Klinik auf der Bismarckhöhe in Bad Ems. Bei einer internen Mitarbeiterversammlung teilte die Geschäftsführung der Belegschaft mit, dass das Krankenhaus Ende März schließt. Nicht nur die Angestellten, sondern auch die örtliche Politik hat man damit vot vollendete Tatsachen gestellt. Das kritisiert unter anderem Stadtbürgermeister Oliver Krügel.  Foto: Michaela Cetto
Seit Dienstag ist sie in aller Munde, die Paracelsus Klinik auf der Bismarckhöhe in Bad Ems. Bei einer internen Mitarbeiterversammlung teilte die Geschäftsführung der Belegschaft mit, dass das Krankenhaus Ende März schließt. Nicht nur die Angestellten, sondern auch die örtliche Politik hat man damit vot vollendete Tatsachen gestellt. Das kritisiert unter anderem Stadtbürgermeister Oliver Krügel. Foto: Michaela Cetto

Große Bestürzung, Betroffenheit und Ärger löst die Nachricht von der Schließung der Paracelsus Klink auf der Bismarckhöhe in Bad Ems aus. In einer offiziellen Stellungnahme der Stadt zeigt Stadtbürgermeister Oliver Krügel Unmut über die Vorgehensweise der Geschäftsführung der Klinik.

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Im Folgenden wird aus dieser Stellungnahme zitiert.

178 Planbetten

„Die Paracelsus Klinik in Bad Ems mit 178 Planbetten ist mittlerweile das einzige Krankenhaus der Akut- und Regelversorgung in der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau, die mit rund 28 960 Menschen die größte Verbandsgemeinde im Rhein-Lahn-Kreis darstellt. Als Kreisstadt und ausgewiesenes Mittelzentrum nach der Landesplanung bietet die Stadt Bad Ems rund 10 000 Menschen eine Heimat. Zudem ist die Paracelsus Klinik Arbeitgeberin von 270 Mitarbeitern.

Aus der Tradition als weltberühmter und geschätzter Kurort sind, in Relation zu der Einwohnerzahl einer Kleinstadt, viele medizinische Disziplinen und Fachbereiche in Bad Ems angesiedelt. Das Angebot umfasst neben zahlreichen fachärztlichen Praxen ein umfassendes Rehabilitationsangebot sowohl stationär als auch auch ambulant. Zudem ist das historische Badeviertel in Bad Ems seit Juli 2021 Teil der Unesco-Welterbestätte Great Spa Towns of Europe und genießt internationale Aufmerksamkeit.“

Porterhouse wollte Standort halten

Bereits im Jahr 2018 gab es um die Paracelsus Klinik ein Insolvenzverfahren, in welchem die Porterhouse-Gruppe die damalige Stadtspitze und Fraktionssprecher eingeladen hatte. Krügel erinnert sich an diese Gespräche, denen er in seiner damaligen Funktion als Fraktionssprecher der CDU-Fraktion angehörte.

„In diesen Gesprächen im Haus bekräftigte der damalige designierte Vorsitzende der Geschäftsführung Michael Philippi, der als ausgewiesener Fachmann der Branche galt und unter anderem 22 Jahre im Sana-Konzern tätig war, man wolle den Krankenhauskonzern neu aufstellen und den Standort Bad Ems erhalten. Der damals 61-jährige Manager verstarb wenige Monate später unerwartet. Die Verantwortlichen bekräftigten, den Kurs von Philippi fortsetzen zu wollen.

Kommunalpolitik wusste nichts

Anders als 2018 wurde die kommunalpolitische Ebene über die aktuellen Entwicklungen nicht informiert und erfuhr von der geplanten Schließung über die Medien. Zuletzt seien der Stadt nicht einmal die konkreten Ansprechpartner der Klinik in Bad Ems bekannt gewesen, denn in den vergangen zwei Jahren gab es mehrere Wechsel im Bad Emser Klinikmanagement.“

Die kommunale Familie habe damals große Hoffnungen in die Porterhouse-Group gesteckt, aber diese Vorgehensweise sei nicht partnerschaftlich, heißt es in der Stellungnahme der Stadt. „Ohne Gespräch, ohne dass wir auf kommunaler Ebene versuchen konnten, etwas zu bewegen, werden wir vor vollendete Tatsachen gestellt. Die Akutversorgung muss erhalten werden.“ Die Nachfrage nach medizinischen Dienstleistungen eines Akut- und Regelversorgers sei nicht zuletzt aufgrund des Einzugsbereichs der Klinik, inklusive dem unteren Westerwald und des Taunus, gegeben.

Zudem überwiesen Rehabilitationspartner und Hausärzte in der Stadt Bad Ems und Region ebenfalls in die örtliche Paracelsus Klinik. „Diese stehen oft mit Hunderten von Patienten vor den Katastrophen der stationären Versorgung in unserer Bundesrepublik.“

Bett zu bekommen war schwierig

Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sprachen gegenüber der Stadtspitze in den vergangenen Jahren wiederholt von der schwierigen Situation, überhaupt ein Bett zur Überweisung in eine stationäre Behandlung zu erhalten. „Wir sind den niedergelassenen Ärzten für ihren Einsatz dankbar und unterstützen diese in ihrem Appell, dass die Akutversorgung in Bad Ems erhalten werden muss“, so der Stadtbürgermeister.

Fachkräftemangel vorgeschoben

Die von Paracelsus gelieferte Begründung des Fachkräftemangels halten nicht nur die Stadt Bad Ems, sondern auch Branchenkenner für vorgeschoben. „Den Fachkräftemangel in der Gesundheitsbranche gibt es nicht erst seit gestern“, so Krügel. In Gesprächen mit externen Fachleuten konnte Krügel eine andere Auffassung gewinnen. „Es ist in den vergangenen Jahren nicht gelungen, den defizitären Standort rentabel aufzustellen und Geschäftsfelder zu identifizieren sowie zu entwickeln, die den Standort zukunftsfähig machen. Es bestätigt sich für diese Experten der Eindruck, dass auch organisatorische und strukturelle, konzerninterne Probleme den jetzigen Verlauf begünstigt haben.“

Zudem müsse sich eine Klinik nach Auffassung dieser Experten attraktiv für den Arbeitnehmermarkt aufstellen und die Arbeitgebermarke pflegen. Nur so seien Pflegefachkräfte und gut ausgebildete Ärzte zu gewinnen und zu halten. Die kommunale Familie wolle die Entscheidung der Paracelsus Kliniken Deutschland nicht ohne Weiteres hinnehmen und sich für den Erhalt der stationären Versorgung der Akut- und Regelversorgung einsetzen.

Runder Tisch soll Klarheit bringen

Aus diesem Grund hat die Stadt zu einem Runden Tisch für Dienstag, 17. Januar, in Bad Ems eingeladen. Neben den verantwortlichen und handelnden Personen des Klinikmanagements sind die Arbeitnehmervertreter der Klinik, des Gesundheitsministeriums Rheinland-Pfalz, des Rhein-Lahn-Kreises, der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau und der Stadt Bad Ems sowie Vertreter der niedergelassenen Ärzteschaft eingeladen worden und haben zwischenzeitlich ihre Teilnahme bestätigt.

„Wir erwarten und fordern von der verantwortlichen Landespolitik, gemeinsam mit Paracelsus oder einem anderen etwaigen Interessenten und im Schulterschluss mit der Ärzteschaft und Kommunalpolitik ein tragfähiges Konzept für den Klinikstandort der Zukunft zu entwickeln“, schließt Stadtbürgermeister Oliver Krügel. Zwischenzeitlich hat er einen Telefontermin mit dem Gesundheitsminister des Landes Rheinland-Pfalz, Clemens Hoch, vereinbaren können, in dem er das Land um Unterstützung bitten will. red