Rhein-Lahn

Nach fast 35 Jahren: Dekanin Renate Weigel in den Ruhestand verabschiedet

Zur Verabschiedung von Dekanin Renate Weigel erhielt sie Segensworte von Propst Klaus-Volker Schütz und der Vorsitzenden der Dekanatssynode Anja Beeres (vorn von rechts) sowie von Michael Wallau, Angelika Thonipara, Markus Bomhard, Ruth Albrecht, Max Fischer und Manuela Kühnau (von rechts).
Zur Verabschiedung von Dekanin Renate Weigel erhielt sie Segensworte von Propst Klaus-Volker Schütz und der Vorsitzenden der Dekanatssynode Anja Beeres (vorn von rechts) sowie von Michael Wallau, Angelika Thonipara, Markus Bomhard, Ruth Albrecht, Max Fischer und Manuela Kühnau (von rechts). Foto: Dekanat Nassauer Land

Mit einem Festgottesdienst in der katholischen St.-Martinskirche in Bad Ems ist die Dekanin des evangelischen Dekanats Nassauer Land, Renate Weigel, in den Ruhestand verabschiedet worden. Der Propst für Rheinhessen und das Nassauer Land, Dr. Klaus-Volker Schütz, entpflichtete die Theologin nach fast 35 Jahren aus dem aktiven Dienst als Dekanin und Pfarrerin.

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Sie könne sich nun der Kür zuwenden, so der Vertreter der Kirchenleitung in Hessen und Nassau. Nach dem Gottesdienst und während eines Empfangs im Haus der Begegnung nahm sie zahlreiche gute Wünsche mit in den Ruhestand. Am 1. Mai beginnt die Amtszeit ihrer Nachfolgerin, der Pfarrerin Kerstin Janott.

Unkonventionell und mit mancher Überraschung war der Abschied gestaltet, der in dem großen katholischen Gotteshaus vielen Besuchern angesichts der Corona-Pandemie Platz bot. In ihrer Abschiedspredigt – Weigel verließ dazu das Pult im Altarraum und sprach im Kirchenschiff – rückte die Theologin zwei Aspekte in den Mittelpunkt, unter denen Gesellschaft und Kirche besonders leiden: Neid und Schuldzuweisungen.

Freiheit zur Kür

Zwei Bibelstellen hatte sie dazu ausgewählt, die einmal vom Gefühl handelten, ungerecht behandelt zu werden, sich als Opfer zu fühlen. „Wie viele Kriege dieser Welt haben mit dieser Erfahrung angefangen“, erinnerte Weigel an den Neid zwischen Kain und Abel. Dann die Geschichte von der Heilung eines Gelähmten, die die Theologin nicht als Wundergeschichte interpretiert.

Wie Kain habe auch dieser ein Menschenleben auf dem Gewissen, sein eigenes, weil ihm Hilfe aussichtslos erschien. Die Beispiele animierten zum Aufbruch, sich nicht länger in der Ecke von Hilflosigkeit, Schuldzuweisungen und Beleidigtsein einzurichten. „Steh auf, nimm dein Bett und geh! Das ist Gott glauben“, gab sie Gemeinden und Menschen im Dekanat mit. „Gott verteilt die Karten, aber spielen müssen wir.“

Mit einem Tanz übergab Dekanin Renate Weigel symbolisch das Amt an Kerstin Janott.
Mit einem Tanz übergab Dekanin Renate Weigel symbolisch das Amt an Kerstin Janott.
Foto: Dekanat Nassauer Land

Propst Schütz erinnerte an die beruflichen Stationen Weigels und dankte ihr für ihre vielen geistlichen Akzente, die sie stets gesetzt habe: „Du bist deinen Weg gerade und aufrecht gegangen.“ Jetzt bleibe die Freiheit zur Kür, sagte Schütz, bevor er Weigel segnete. Dabei assistierten ihm mit persönlichen Zusprüchen Dr. Ruth Albrecht aus Hamburg, Prädikant Max Fischer, Pfarrerin Angelika Thonipara aus Mainz und Pfarrer Michael Wallau aus Miehlen, der seinen Segen in Hebräisch sang.

Für die musikalische Umrahmung sorgten Mitglieder von Posaunenchören, die Martina Adler zusammengetrommelt hatte und dirigierte sowie Manuela Kühnau mit ihrem schönen Sopran. An der Sandtner-Orgel spielte Weigels erster Organist Kantor Thomas Wächter aus Taunusstein. Als der das schwungvolle Trauerlied „In dir ist Freude“ improvisierte, bat Weigel ihre Nachfolgerin Kerstin Janott zum Tanz durchs Kirchenschiff. Der symbolträchtige Übergang wurde mit reichlich Beifall bedacht.

Viele Dankesworte für Weigel

Im Anschluss begrüßte die Vorsitzende der Dekanatssynode Anja Beeres viele Gäste im Haus der Begegnung zu einem Empfang. Sie selbst sowie Patrick Becker, Christa Breithaupt, Kerstin Janott, Annett Kitschke, Pfarrer Markus Bomhard und Dr. Ulrich Werner vom Dekanatssynodalvorstand (DSV) erinnerten mit sehr bewegenden Worten an die Zusammenarbeit in den zurückliegenden sechs Jahren. An ihre echte, ehrliche und Zuversicht ausstrahlende Art, an eine im übertragenen Sinne „neugierige und leidenschaftliche Gärtnerin“, eine Pilgerin, die Spirituelles und Bewegung vereint. Aber auch ganz Praktisches war dabei wie ein Gutschein, mit dem sich Weigel für ihre Pilgertour nach Jerusalem ausrüsten kann.

Zuvor hatten Gabriele Teetz vom Dekanatsbüro sowie Sabine Güntner und Werner Schreiner von der evangelischen Jugend im Dekanat in einem ganz entzückenden Anspiel mit tollen Jonglagen gezeigt, wie herausfordernd das Amt einer Dekanin ist, um alle tanzenden Bälle im Blick und Griff zu behalten. Weigel selbst baten sie zum Huttausch auf die Bühne.

Im Namen aller Verbandsgemeinden und der ganzen kommunalen Familie im Rhein-Lahn-Kreis dankte der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau Uwe Bruchhäuser Weigel für ihren Dienst. Als Verwaltungschef einer fusionierten Gemeinde könne er sich vorstellen, dass die Aufbauarbeit im großen Dekanat nicht immer leicht gewesen sei. „Vielleicht können Sie mir da mal ein paar Tipps geben“, sagte Bruchhäuser und wünschte sich, dass Weigel als Pfarrerin weitermache.

„Du bist deinen Weg gerade und aufrecht gegangen.“

Dr. Klaus-Volker Schütz über Renate Weigel

Gute Wünsche gab auch der Bad Emser Beigeordnete Frank Ackermann der scheidenden Dekanin mit auf den Weg, der an Weigels Zeit und ihr Wirken in Bad Ems erinnerte und das gute Miteinander unterschiedlicher Religionen, Konfessionen und Weltanschauungen. „Wenn das weltweit so wäre, gäbe es viele Probleme nicht.“ Der Mainzer Dekan Andreas Klodt überbrachte die Segenswünsche aus der Runde der Dekane der EKHN.

Musik begleitete den Empfang. Einmal bat Martina Adler die Dekanin noch zum Mitspielen im Projektchor mit Mitgliedern aus Bad Ems, Nastätten und Obertiefenbach; letzterem gehört Weigel selbst an. Zum Abschluss traten das jüdische Duo Odelia Lazar und Michael Wienecke mit Akkordeon, Gitarre und Gesang auf – ein Ausdruck der Verbundenheit zu den jüdischen Wurzeln des Glaubens, die Weigel als Pfarrerin und Dekanin stets am Herzen lagen.